# taz.de -- Rapperin über „We'll come united“-Parade: „Wir sagen, es rei… | |
> Zur „We’ll come united“-Parade gegen Rassismus werden am Samstag in | |
> Hamburg 25.000 Leute erwartet. Asmara Marap über Motivation und | |
> Mobilisierung. | |
Bild: Gut vorbereitet: Die Hamburger „We'll come united“-Parade mit Dr. Mot… | |
taz: Frau Marap, eine so große Mobilisierung von Seiten der | |
Flüchtlingsbewegung und Antirassismus-Initiativen gab es schon lange nicht | |
mehr. War in der Öffentlichkeit kein Platz dafür? | |
Asmara Marap: Nein, es ist einfach so, dass viele erschöpft sind von ihrem | |
täglichen Kampf und der rechten Hetze. Abschiebungen finden fast täglich | |
statt und die Migrationspolitik wird immer repressiver. Das kostet viel | |
Energie. Trotzdem ist die Bewegung des Antirassismus und der Solidarität | |
die größte soziale Bewegung Deutschlands. Die Kämpfe sind da und seit dem | |
Sommer 2015 so intensiv und breit wie schon lange nicht mehr. Das bringen | |
wir zusammen und machen es sichtbar. | |
Hat die Linke in Hamburg das Thema vernachlässigt? | |
Die antirassistische Arbeit ist in Hamburg relativ groß und aktiv, aber die | |
Öffentlichkeit hat es nicht so wahrgenommen. Rassismus wird oft | |
runtergespielt – die Kämpfe dagegen unsichtbar gemacht. Das hat sicher auch | |
mit dem Medienfokus auf G20 zu tun. | |
Jetzt hat sich das geändert. Woran liegt das? | |
Zum einen ist das Netzwerk der Aktiven gewachsen. Es gab ja schon die | |
We’llcome united Parade im vergangenen September in Berlin mit 10.000 | |
Leuten, da wurden viele von der positiven Stimmung infiziert. Andere wurden | |
jetzt durch Chemnitz mobilisiert. | |
Sie haben per Swarming-Taktik mobilisiert. Was heißt das? | |
Das heißt, dass jeder seine Netzwerke aufruft, mitzumachen und es immer | |
weiter zu verbreiten. Das We’ll come United-Netzwerk gibt es seit zwei | |
Jahren. Es sind viele Einzelpersonen dabei, die seit Jahren täglich | |
kämpfen. Von denen hat jeder sein Umfeld aktiviert. Wir sind auch in | |
Flüchtlingsunterkünfte gegangen, um mit Leuten, die dort wohnen, weitere zu | |
mobilisieren. | |
Flüchtlings- und Antira-Initiativen haben häufig das Problem, dass sie sich | |
im permanenten Abwehrkampf befinden und nur reagieren können, zum Beispiel | |
weil Abschiebungen drohen Behördenfristen verstreichen. So ist es | |
schwierig, in die Offensive zu kommen. Wie entgeht man diesem Dilemma? | |
Das ist die Kunst und das ist auch We’ll come united. Man trifft andere, | |
die den gleichen Kampf kämpfen oder unterstützen. Das gibt Kraft und | |
Hoffnung. Man merkt „Ich bin doch nicht verrückt, ich übertreibe nicht und | |
bin nicht allein mit meiner Meinung.“ Das ist der Grund, warum ich mich der | |
Parade angeschlossen habe. | |
Sie gestalten einen eigenen Wagen zum Thema Behördenwilllkür und | |
Familiennachzug für alle. Warum genau diese Themen? | |
Jeder sollte das Recht auf seine Familie, auf seine Liebsten haben. Ich | |
frage mich ob Menschen sich vorstellen können, was es heißt, wenn man seine | |
Kinder nicht sehen kann, weil sie den falschen Pass haben! Doch leider | |
blockieren Politik und Bürokratie den Familiennachzug. Da geht es nicht nur | |
um Gesetze. Ich habe sehr viel mit Behörden zu tun und erfahre viel | |
Rassismus. Behörden sind nicht auf Migranten eingerichtet, das fängt schon | |
bei der Sprache an. Englisch wird dort nicht akzeptiert. Aber es ist nun | |
mal so, dass Menschen nicht nach zwei Jahren, von denen sie anderthalb in | |
Camps sitzen, plötzlich deutsch sprechen. Ich begleite ehrenamtlich Iraker, | |
Syrer, Afghanen, alle. Ich kann mich mit ihnen verständigen, auf englisch, | |
deutsch, mit Hand und Fuß. Aber in den Behörden werden sie weggeschickt. | |
Welchen Themen sind die anderen Wagen gewidmet? | |
Unter anderem der Dublin-Regelung, Abschiebungen – die afghanische | |
Community wird sehr stark vertreten sein – es wird einen Truck zum Thema | |
Bildung geben, nach dem Motto „Wir wollen alle lernen“, es wird um | |
Frauenrechte gehen, um Seenotrettung, sichere Herkunftsländer und mehr. | |
Gibt es eine zentrale Forderung? | |
Wir sagen: Es reicht. Alle die hier sind, sind von hier. Wir fordern einen | |
Abschiebestopp und ein Bleiberecht für alle. Wir fordern, dass soziale und | |
politische Rechte für alle Anwesenden gelten müssen – unterschiedslos. Denn | |
letztlich läuft vieles darauf hinaus, dass wir illegalisiert oder zu | |
Menschen zweiter Klasse gemacht werden. Das ist eben Rassismus, der | |
Rassismus des Staates. Uns werden die Rechte abgesprochen, weil wir anders | |
gemacht werden, wie Aliens. Europa illegalisiert Menschen und lässt sie auf | |
dem Mittelmeer sterben. Wir fordern sichere Fluchtwege und das Recht auf | |
Asyl, Schutz und Bewegungsfreiheit. | |
Auch die Hamburger Club- und Kulturszene beteiligt sich an der Parade. | |
Hamburg ist eben solidarisch. Die Entscheidung, die Parade dieses Mal in | |
Hamburg zu veranstalten, hängt auch damit zusammen, dass wir wussten, dass | |
die Aktiven hier auch mit den Leuten aus der Kulturszene oder dem FC St. | |
Pauli vernetzt sind. Das gibt’s ja auch nicht in jeder Stadt, macht Hamburg | |
auch besonders. Hier kann man sich der Solidarität sicher sein. | |
Was müsste passieren, damit Hamburg auch offiziell zur solidarischen Stadt | |
wird? | |
Ganz einfach: Hamburg muss sich bereit erklären, weiter und mehr Menschen | |
aufzunehmen und sich offensiv gegen die rechten Regierungen Europas | |
stellen, die Seenotrettung bekämpfen und kriminalisieren. Hamburg soll eine | |
abschiebefreie Stadt werden. Und Hamburg ist die Stadt der | |
Geflüchteten-Camps , des Racial Profilings und des verhinderten | |
NSU-Untersuchungsausschusses. Da muss sich das ganze Paradigma ändern. | |
Warme Worte braucht hier niemand mehr. | |
27 Sep 2018 | |
## AUTOREN | |
Katharina Schipkowski | |
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