| # taz.de -- Dr. Motte zur Zukunft der Technokultur: „Wollt ihr eine neue Love… | |
| > Loveparade-Gründer Dr. Motte will mit „Rave The Planet“ die elektronische | |
| > Tanzkultur fördern. Eine neue Parade soll via Fundraising finanziert | |
| > werden. | |
| Bild: So wie es war, soll es wieder werden | |
| Berlin taz | Zwei Frauen mit Blazer und Stoffhosen stoßen mit Sekt an, aus | |
| den Boxen tönen im Hintergrund sanfte Beats. Der Raum ist voll von Leuten, | |
| an den unverputzten Wänden kleben gelbe Plakate. Was sich nach einer | |
| Pre-Work-Party mit Shabby-Chic-Flair anfühlt, ist eigentlich eine | |
| Pressekonferenz vom Loveparade-Gründer Dr. Motte und seinem neuen | |
| gemeinnützigen Projekt Rave The Planet. | |
| „Wollt ihr eine neue Loveparade?“ Dr. Motte blickt erwartungsvoll ins | |
| stumme Publikum. Am Montagmorgen stellte er diese Frage und damit die | |
| mögliche Wiedergeburt einer Loveparade im ehemaligen Tresor-Garten vor – | |
| dort, wo er und sein Team früher im Kellerclub Tresor arbeiteten und die | |
| Parade ihre Wurzeln hat, steht heute ein massives Einkaufszentrum, [1][die | |
| Mall of Berlin (Mall of Shame)]. Genau hier könnten 1,5 Millionen | |
| UnterstützerInnen seine Frage noch in diesem Jahr mit einem „Ja“ | |
| beantworten. | |
| „Techno gehört zu Berlin wie Currywurst“, sagte Kultursenator Klaus Lederer | |
| im Vorfeld zum Projekt. Diesem Leitspruch will das Team um Dr. Motte | |
| folgen. Drei große Ziele haben sie sich deshalb auf die Agenda geschrieben. | |
| Erstens soll die elektronische Tanzmusik-Kultur in jeder Form gefördert | |
| werden, dem [2][Clubsterben] entgegengewirkt werden. | |
| Zweitens wollen sie die Technokultur als „immaterielles Weltkulturerbe“ bei | |
| der Unesco dieses Jahr anmelden. Und drittens (Achtung!) soll es einen | |
| offiziellen Feiertag der elektronischen Tanzmusikkultur geben, verbunden | |
| mit einer neuen Parade, die an die Ursprünge zurückgehe. | |
| ## Auf Crowdfunding bauen | |
| Finanziert wird das Projekt durch [3][Fundraising]. Auf einem 50 Meter | |
| langen Miniaturmodell vor der Mall of Berlin kann jeder Unterstützer dank | |
| 3-D-Druck eine Figur von sich aufstellen lassen. Mit einer Spende von fünf | |
| Euro finanzieren sie so das Projekt Rave The Planet. 1,5 Millionen Leute | |
| müssen mitmachen, damit das Ziel erreicht wird. Auf öffentliche Mittel | |
| würden sie nicht zugreifen, sondern rein auf die finanzielle Unterstützung | |
| aus dem Crowdfunding vertrauen. | |
| Dr. Motte, im gelben Pulli mit der Aufschrift „Make Love Great Again“ und | |
| bunter Cap, wird im Sommer 60 Jahre alt und ist optisch nur minimal | |
| gealtert. Obwohl er politikermäßig seine Rede vom Zettel abliest, ist | |
| deutliche Euphorie in seiner Stimme zu spüren. Er verhaspelt sich ein paar | |
| Mal und klingt mit appellartigen Schlusssätzen wie „We are one family“ oder | |
| „Raven für eine bessere Welt“ ein wenig nach einem Prediger im | |
| Freudenrausch. | |
| Fast zehn Jahre nach dem Loveparade-Unglück in Duisburg, wo bei einer | |
| Massenpanik 21 Menschen im Gedränge starben, sind VertreterInnen des | |
| Hinterbliebenenverbands zur Pressekonferenz nach Berlin angereist. „Wir | |
| stehen mit den VertreterInnen eng in Kontakt, sie sprechen sich für eine | |
| neue Parade aus“, sagt Matthias Kaminsky, Kreativdirektor von Rave The | |
| Planet. „Sie wollen nicht, dass der Spirit der Loveparade stirbt.“ Kaminsky | |
| kritisiert, dass es nach dem Verkauf des Loveparade-Konzepts 2006 eh nicht | |
| mehr um Dr. Mottes ursprüngliche Idee einer friedlichen Demonstration | |
| gegangen sei, sondern um eine kommerzielle Großveranstaltung. | |
| Es soll eine Parade geboren werden, die wieder als öffentliche Demo gilt. | |
| Das Anmelden zum Weltkulturerbe vereinfache die Technokultur für Clubs und | |
| damit auch die verbundenen Denkmal-, Schall- und Brandschutzbestimmungen. | |
| „Wer Musik auch als soziale Verantwortung einer Kultur versteht, ist und | |
| bleibt progressiv“, sagt Dr. Motte und auch, dass die Techno-Tanzkultur zum | |
| positiven Imagewandel der Stadt beigetragen habe. Das müssten Politik und | |
| Behörden begreifen. Falls das Projekt scheitert, so Kreativdirektor | |
| Kaminsky, würde das gesammelte Geld zum Erhalt der Clubkultur eingesetzt | |
| werden. | |
| 13 Jan 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Kommentar-Urteil-zur-Mall-of-Berlin/!5629537 | |
| [2] /Ueberlebenskampf-der-Clubs-in-Berlin/!5650104 | |
| [3] https://www.ravetheplanet.com/startseite/fundraving/ | |
| ## AUTOREN | |
| Laura Binder | |
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