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# taz.de -- Berliner Pannenflughafen BER: Ziemlich viel Kladderadatsch
> Flughafenchef Lütke Daldrup muss vor dem BER-Untersuchungsausschuss
> aussagen. Das ist so spannend, dass er gleich noch mal als Zeuge geladen
> wird.
Bild: Er soll einmal das Band durchschneiden: Flughafenchef Lütke Daldrup am F…
Berlin taz | Die erste Arbeitssitzung des Untersuchungsausschusses „BER II“
begann als Karnevalsveranstaltung – jedenfalls, wenn man der Diktion von
Ausschussmitglied Jörg Stroedter (SPD) folgt. Denn nicht Flughafenchef
Engelbert Lütke Daldrup saß am Freitag wie vorgesehen als erster am
Zeugentisch im stickigen Saal 311 des Abgeordnetenhauses, sondern Stroedter
selbst. Darauf hatten sich die Mitglieder geeinigt, wohl um eine Altlast
der konstituierenden Sitzung Anfang Juli möglichst schnell abzuarbeiten.
Als Zeugen wollte die Opposition den Sozialdemokraten vernehmen, weil er im
Juni an einem Treffen des rot-rot-grünen Koalitionsausschusses teilgenommen
hatte. Bei dem, so mutmaßen CDU, FDP und AfD, sollen Interna der
Flughafengesellschaft Berlin Brandenburg (FBB) zur Sprache gekommen sein,
die im FBB-Aufsichtsrat keine Erwähnung fanden.
Ob's stimmt, weiß niemand, Stroedter selbst antwortete nicht auf
inhaltliche Fragen – und musste das auch nicht. Zu diesem Schluss war der
Wissenschaftliche Parlamentsdienst in einem extra angeforderten Gutachten
gekommen. Das klärte auch die Frage, ob ein Zeuge vor dem
Untersuchungsausschuss gleichzeitig Mitglied dieses Ausschusses bleiben
kann: Er kann.
Nach Stroedters unergiebiger Befragung war dann FBB-Geschäftsführer Lütke
Daldrup dran, der zum Entsetzen vieler Anwesender erst einmal eine Tour
d'Horizon zu Geschichte und Gegenwart des Großflughafens gab. Der
mittlerweile schon sprichwörtliche „Kladderadatsch“ kam noch einmal zur
Sprache, mit dem der im März 2017 eingesetzte FBB-Chef aufräumen will – und
die wiederholte Beteuerung, dass der vor einem Dreivierteljahr verkündete
Eröffnungstermin im Oktober 2020 weiterhin „realistisch“ sei. Lütke
Daldrup: „Mir ist klar, dass wir mit diesem Termin die Menschen in der
Region, die Politik und auch die Wirtschaft stressen.“ Das sei aber
„allemal besser als eine neuerliche Terminverschiebung“.
Bei der folgenden Befragung wurde deutlich, wie unterschiedlich das
Erkenntnisinteresse der verschiedenen Fraktionen ist und dass viele
Mitglieder der Meinung sind, ein weiterer Untersuchungsausschuss sei gar
kein sinnvolles Instrument zum Umgang mit dem BER – weil der per
definitionem nur in die Vergangenheit blicken kann. Das fuchst auch
FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja, obwohl er auf einer kurzen
Pressekonferenz zwischen zwei Befragungsrunden das Gegenteil behauptete.
Czaja hatte die Einsetzung des Ausschusses maßgeblich vorangetrieben und
musste dann die Kröte schlucken, dass er das in die Zukunft gerichtete
Anliegen, das ihn eigentlich umtreibt – wie kann der Flughafen Tegel offen
bleiben? – nur unter Verwendung von Winkelzügen verfolgen kann.
Der FDPler versuchte denn auch, Lütke Daldrup mit Fragen nach der Kapazität
des BER und dem Masterplan für dessen Erweiterung in die gewünschte
Richtung zu drängen. Natürlich spielte der gewohnt schnoddrige
Flughafenchef da nicht mit und parierte unter Verweis auf den vorgesehenen
„modularen“ Ausbau des Flughafens. Der könne bei Nachrüstung des
Problemterminals T1 mit einer weiteren Gepäckförderanlage sowie mit allen
noch zu bauenden Ergänzungs-Terminals im Jahr 2040 selbst 55 Millionen
Passagiere im Jahr abfertigen. Wenn es denn einmal so viele werden –
derzeit liegt die Zahl bei 33 Millionen.
Auf der Pressekonferenz betonten fast alle Fraktionsvertreter, dass sich
der Ausschuss noch habe „zurechtruckeln“ müssen, wie CDU-Mann Christian
Gräff es ausdrückte. Gräff und Czaja wiesen noch einmal darauf hin, dass
die FBB es während der gesamten parlamentarischen Sommerpause nicht
geschafft habe, die vom Ausschuss angeforderten Akten, vor allem aus den
diversen Controlling-Einheiten des Unternehmens, zur Verfügung zu stellen.
Das soll sich bis zur nächsten Zeugenvernehmung ändern – dann sitzt
Engelbert Lütke Daldrup gleich noch einmal auf dem Zeugenstuhl.
7 Sep 2018
## AUTOREN
Claudius Prößer
## TAGS
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Engelbert Lütke Daldrup
Untersuchungsausschuss
Flughafeneröffnung
Flughafen Berlin-Brandenburg (BER)
Engelbert Lütke Daldrup
Engelbert Lütke Daldrup
Engelbert Lütke Daldrup
Antje Kapek
Hauptstadtflughafen
Engelbert Lütke Daldrup
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