# taz.de -- Floß-Kundgebung für den Spreepark: Eine Hälfte für die freie Ku… | |
> Mit einer Floß-Demo vorm Spreepark kritisiert ein buntes Bündnis das | |
> Konzept zu dessen Umgestaltung – und stellt Forderungen. | |
Bild: Offene Republik Spreepark: Demo mit Spaßfaktor, aber auch ernst gemeinte… | |
„Das weiße Paddelboot dreht bitte sofort um. Ja, genau Sie!“ Die Ansage | |
scheppert aus dem Lautsprecher des Polizeiboots „Albatros“ über die Spree | |
und macht klar: Auch bei einer Demo auf dem Wasser gelten Regeln. Und | |
offenbar sehen die vor, dass spontane Unterstützung nicht ohne Weiteres | |
zulässig ist – vermutlich aus Sicherheitsgründen. | |
Im Übrigen könnte die Kundgebung am Samstagnachmittag kaum friedlicher | |
sein. Auf den buntscheckigen, aus recyceltem Material gebauten Großflößen | |
„Unkraut“, „Anarche“ und „Panther Ray“ sowie auf etlichen kleineren… | |
kreisen ein paar Dutzend DemonstrantInnen über die Wasserfläche zwischen | |
Stralau, Insel der Jugend und dem Plänterwald, es läuft Musik, Bier wird | |
gezapft, man plaudert angeregt. | |
Auch die Slogans, die auf großen Planen an den Flößen hängen, verbreiten | |
mehr Spaß als Wut: „Park statt Quark“ steht da oder „Tisch- statt großes | |
Tennis“ und aus irgendeinem Grund auch das gute alte „Wir sind gut zu | |
Vögeln“. Vielleicht soll das andeuten, dass auch NaturschützerInnen sich | |
keine Sorgen machen müssten, wenn die mit der Kundgebung erhobene Forderung | |
tatsächlich wahr würde: dass die freie Kulturszene eine Hälfte des | |
[1][ehemaligen Spreeparks im Plänterwald] zur Verfügung gestellt bekommt – | |
und nicht, wie derzeit vorgesehen, die [2][Grün Berlin GmbH] das gesamte | |
Gelände gestaltet und verwaltet. | |
Die landeseigene Gesellschaft, die unter anderem auch den Britzer Garten, | |
das Tempelhofer Feld und das IGA-Gelände in Marzahn betreut, entwickelt | |
seit 2016 im Auftrag der Senatsumweltverwaltung ein Nutzungs- und | |
Betriebskonzept für den einstigen Ostberliner Vergnügungspark, der nach der | |
Insolvenz des Betreibers im Jahr 2002 endgültig schließen musste, und in | |
dem heute nur noch das rostige Riesenrad sich quietschend im Wind dreht. | |
„Kunst, Kultur und Natur behutsam zu vereinen“, ist das Ziel der Grün | |
Berlin in ihren eigenen Worten. Sie plant einen „geschützten Ort, an dem | |
sich Kunst ohne wirtschaftlichen Druck oder Angst vor Verdrängung entfalten | |
kann“. | |
## „Disney-ähnlicher Park“ | |
Klingt gut, aber die Leute auf den Flößen glauben nicht daran. Die | |
stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion [3][Katalin | |
Gennburg], die die Demo angemeldet hat und auf dem Oberdeck der „Unkraut“ | |
mitschippert, will nicht, dass „viel Geld in einen teuren, | |
durchkuratierten, Disney-ähnlichen Park gesteckt“ wird. Den von der Grün | |
Berlin gestarteten Beteiligungsprozess sieht die direkt gewählte Treptower | |
Abgeordnete skeptisch: „Da hatten am Anfang ganz viele angedockt, die | |
Flößegemeinschaft oder die Clubcommission. Aber anstatt in das Konzept | |
integriert zu wersden, sind sie alle nach und nach rausgeflogen.“ Auch die | |
AnwohnerInnen und die lokale Politik seien nicht mitgenommen worden. | |
Gennburg sieht Parallelen zum Tempelhofer Feld: „Da hatte sich aus dem | |
Volksentscheid ein alternativer Feldbeirat gegründet, aber als die Grün | |
Berlin die Fläche übertragen bekam, hat sie diese Selbstorganisation nicht | |
akzeptiert und alles neu gestartet.“ Ganz zu schweigen vom Zaun um den | |
ehemaligen Flughafen und den Securitydiensten, die der Linken ein Dorn im | |
Auge sind. | |
Beim Spreepark soll das anders laufen, finden auch Steffi und Daniel vom | |
„Unkraut“-Kollektiv. Sie berichten, dass die kleine Flöße-Community, die | |
sich seit einigen Jahren in der Rummelsburger Bucht aufhält, zunehmend | |
Ärger mit den BewohnerInnen der rundherum entstandenen schicken Neubauten | |
bekommen. Ihre Vision? „Wir würden uns Liegestellen am Spreepark wünschen�… | |
sagt Steffi, „einen Kulturfloßhafen, wo man anlegen und Leute willkommen | |
heißen kann, der für das Kreative und Bunte der Stadt steht.“ | |
Ähnliches stand auch im Demo-Aufruf, den die [4][Clubcommission] verschickt | |
hatte: Es gelte, „eine der letzten stadtnahen Freiflächen für das Schrille, | |
das Schräge, das Nicht-Eingängige, das Berlin ausmacht, zu reklamieren“. | |
Ein Teil des Geländes, das jetzt auf eine „pompöse Eröffnnung in vielen | |
Jahren“ warte, müsse für die Entwicklung von Projekten geöffnet werden, ein | |
Raum solle entstehen, „der die smarteste aller Ressourcen Berlins, ihre | |
Bürger*innen, einbezieht statt abspeist“. | |
## Eine frohe Botschaft | |
Vielleicht bekommt die Szene, die sich schon mal „Offene Republik | |
Spreepark“ nennt, tatsächlich noch einen Fuß in die Tür, obwohl der Prozess | |
der Spreepark-Neugestaltung längst angelaufen ist, wie große | |
Informationstafeln am Rande des Geländes verkünden. Auch der | |
Grünen-Abgeordnete Georg Kössler, in seiner Fraktion unter anderem für | |
Clubkultur zuständig, ist auf ein Floß geklettert – und er hat eine frohe | |
Botschaft mitgebracht: Der grüne Umweltstaatssekretär Stefan Tidow habe | |
seine Bereitschaft signalisiert, sich noch einmal mit allen Beteiligten und | |
InteressentInnen an einen Tisch zu setzen. | |
Wenn es dazu kommt, gibt es vielleicht auch noch eine Lösung für das | |
Nestlé-Problem: Der Lebensmittel-Konzern hat derzeit einen Exklusivvertrag | |
mit der Grün Berlin GmbH und darf die Kioske und Gastronomiebetriebe auf | |
den Flächen unter ihrer Regie mit seinen Produkten bestücken. Für Katalin | |
Gennburg ist das „ein Schlag ins Gesicht der vielen kleinen Produzent*innen | |
Berlins. Im Spreepark sollte vielmehr das urban manufacturing zum Zuge | |
kommen.“ Kiez-Limo statt Nestea, sozusagen. Darauf zapft man sich auf dem | |
Floß noch ein kühles Bier. | |
16 Sep 2018 | |
## LINKS | |
[1] http://www.berliner-spreepark.de/ | |
[2] https://gruen-berlin.de/ | |
[3] http://katalingennburg.de/wp/ | |
[4] http://www.clubcommission.de/ | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
## TAGS | |
Spreeufer | |
Kunstbetrieb | |
Kunstszene | |
Spreepark | |
Plänterwald | |
Rummelsburger Bucht | |
Rummelsburger Bucht | |
Spreepark | |
Spreepark | |
Plänterwald | |
Gentrifizierung | |
Gentrifizierung | |
Spreepark | |
Plänterwald | |
Spreepark | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Ankerverbot in Berlin: Bugwelle der Verdrängung | |
Eine neue Verordnung verbietet unbemanntes Ankern und Stillliegen auf der | |
Spree. Hausbootbewohner:innen und Kulturflößen droht das Ende. | |
Drohendes Ankerverbot in Berlin: No Anker – no Party | |
Die Haus- und Kulturboote der Rummelsburger Bucht werden durch ein | |
Ankerverbot bedroht. Betroffen wäre aber die gesamte Freizeitschifffahrt. | |
Berlins Riesenrad wird saniert: Jetzt geht's rund im Plänterwald | |
Das Riesenrad im einstigen Spreepark wird abgebaut und saniert. Spätestens | |
2024 soll es sich wieder drehen. | |
Laborwoche im Spreepark: Zeit, dass sich was dreht | |
Dem legendären Spreepark wird in dieser Woche neues Leben eingehaucht. | |
Besucher sollen die Baustelle zwischen Riesenrad und Eierhäuschen beleben. | |
Spreepark wird Kulturpark: Wipfelpfad statt Achterbahn | |
Im Spreepark im Plänterwald wird für den späteren Kulturpark gebaggert. Wie | |
der ausschauen soll, ist in der Koalition umstritten. | |
Bebauung Rummelsburger Bucht: Aquarium kurz vorm Absaufen | |
Teilerfolg für KritikerInnen der Luxusbauten in der Rummelsburger Bucht: | |
Die Bezirksverordneten von Lichtenberg beschließen den Bebauungsplan nicht. | |
Demo gegen Ostkreuz-Bebauungsplan: Rummel um die Bucht | |
Mit einer großen Demo wird am Donnerstag gegen den Bebauungsplan Ostkreuz | |
protestiert. Anwohner fürchten steigende Mieten und Verdrängung. | |
Pläne für Spreepark in Berlin vorgestellt: Jetzt wird am großen Rad gedreht | |
Spreepark-Pläne: Riesenrad geht wieder in Betrieb, Achterbahn wird | |
Baumwipfelpfad. Eröffnung? Nicht vor 2021 | |
Geschichten aus dem Plänterwald: Hinein ins Vergnügen!+ | |
Der Kulturpark im Plänterwald war zu DDR-Zeiten ein Publikumsmagnet. Unsere | |
Autorin erinnert sich gern an Zuckerwatte und Riesenrad. Und an ein Konzert | |
mit der Gruppe Pankow. | |
Zukunft des Spreeparks: Geschichten aus’m Plänterwald | |
In Teil zwei des Spreepark-Bürgerdialogs sind eigentlich alle auf ihre | |
Kosten gekommen: kritische Anwohner, Naturschützer, aber auch Künstler. |