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# taz.de -- Produktion in Billiglohnländern: Kleine Fortschritte in Textilfabr…
> Bisher waren die Vereinbarungen des Textilbündnisses für die Produktion
> in Billiglohnländern freiwillig, die Erfolge mäßig. Das soll sich nun
> ändern.
Bild: Eine Textilfabrik in Addis Abeba
Noch in diesem Jahr will der Sportartikelhersteller Adidas ausschließlich
nachhaltig produzierte Baumwolle verwenden. Dieses Ziel steht im
Maßnahmenplan, den das Unternehmen am Montag auf der Seite des
Textilbündnisses veröffentlicht hat. Was sozialen Fortschritt in der
globalen Bekleidungsproduktion betrifft, sind die Zusagen weniger konkret.
Da verspricht Adidas beispielsweise, dass man die größten Zulieferfirmen
beraten wolle, um Verbesserungen zu erreichen.
Das Bündnis für nachhaltige Textilien hat Entwicklungsminister Gerd Müller
(CSU) 2014 ins Leben gerufen. [1][Im Jahr zuvor war das Fabrikgebäude Rana
Plaza in Bangladesch eingestürzt.] Über 1.100 Textilarbeiter*innen starben.
Seitdem versucht das Bündnis, Unternehmen auf höhere soziale und
ökologische Standards zu verpflichten. Die 79 Mitgliedsfirmen stehen für
knapp die Hälfte des deutschen Bekleidungsmarktes.
Nun müssen die Mitglieder erstmals sogenannte Maßnahmenpläne
veröffentlichen, die geplante Fortschritte auflisten. Sechzig dieser Pläne
sollten am Montag hochgeladen werden, weitere folgen bis September. Bis
Montagnachmittag erschienen auf der Seite [2][textilbuendnis.com] unter
anderem die Veröffentlichungen von Adidas, Aldi, C&A, Edeka, KiK, Lidl,
Otto, Puma, Rewe und Tchibo.
Im Bündnis wirken auch Wirtschaftsverbände, Gewerkschaften und
Kritiker*innen wie die Kampagne für Saubere Kleidung mit. Deren
Vertreterin, Gisela Burckhardt, sagte: „Weil die Unternehmen die Analyse
ihrer Ausgangslage nicht veröffentlichen müssen, lässt sich kaum
beurteilen, wie groß der Fortschritt gegenüber dem Vorjahr ist.“ Trotz
solcher Kritik machen die Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen
aber weiter mit. Auch sie sehen die Chance, dass sich die Arbeits- und
Umweltbedingungen in den globalen Zulieferfabriken dank der Arbeit des
Bündnisses verbessern.
## Sehr unterschiedliche Maßnahmenpakete
Die Maßnahmenpläne fallen recht unterschiedlich aus. So hat Tchibo sieben
Seiten abgeliefert. Demnach sollen große und kleine Zulieferfirmen
„systematisch erfasst“ und „benannt“ werden, um Transparenz über die
Lieferkette herzustellen. C&A kommt mit zwei Seiten aus und verspricht
lediglich, die Produktionsfabriken bei sozialen Fortschritten zu
„unterstützen“. Genaue Angaben fehlen.
In diesem Jahr müssen die Mitgliedsunternehmen sämtliche Geschäftspartner
und Lieferanten auf die Ziele des Bündnisses verpflichten. Und sie sollen
Beschwerdemechanismen etablieren, um Kinderarbeit zu verhindern. Alle
Mitglieder unterstützen grundsätzlich das Ziel, dass die Beschäftigten in
den Zulieferfabriken Asiens, Afrikas und Lateinamerikas irgendwann
existenzsicherchende Löhne erhalten sollen. Erst 2019 müssen sie sich
allerdings an einer Maßnahme beteiligen, die diese Absicht umsetzt. Bis die
Löhne tatsächlich auf das angepeilte Niveau steigen, dürften Jahre
vergehen.
Konkreter sind die Vorgaben im Umweltbereich. 160 schädliche Substanzen
„werden schrittweise aus der Produktion verbannt“, erklärte das Bündnis.
„Und bei Baumwolle streben die Mitglieder gemeinsam an, bis zum Jahr 2020
mindestens 35 Prozent nachhaltige und Biobaumwolle einzusetzen.“ Jürgen
Janssen, der Leiter des Bündnissekretariats, sagte: „Im kommenden Jahr
müssen die Mitglieder öffentlich Rechenschaft darüber ablegen, wie sie ihre
Ziele von 2018 erreicht haben.“
## Schulungen über Beschwerdemanagement
Neben den individuellen Aktivitäten arbeitet das Bündnis an gemeinsamen
Projekten. Seit Juli läuft ein Programm im südindischen Bundesstaat Tamil
Nadu, angestoßen von der Mitgliedsorganisation Femnet. Die Unternehmen Hugo
Boss, KiK, Otto und Tchibo beteiligen sich daran. Manager*innen und
Vertreter*innen der Beschäftigten in 300 Fabriken sollen Schulungen über
Arbeitsrecht und Beschwerdemechanismen erhalten.
Entwicklungsminister Müller will möglichst bald ein neues Textilsiegel
einführen, das er „Grüner Knopf“ nennt. Die Verbraucher*innen sollen daran
erkennen, welche Bekleidung sie bedenkenlos kaufen können. Das Bündnis will
dieses Vorhaben begleiten – viele Mitglieder sind jedoch skeptisch. Einigen
Unternehmen und Verbänden geht das Siegel zu weit. Die Kritiker*innen
befürchten dagegen, dass der Grüne Knopf nicht hält, was er verspricht.
14 Aug 2018
## LINKS
[1] /Textil-Abkommen-in-Bangladesch/!5505155
[2] https://www.textilbuendnis.com/
## AUTOREN
Hannes Koch
## TAGS
Mode
Textilindustrie
Arbeitsrecht
Schwerpunkt Coronavirus
Hess-Natur
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Rana Plaza
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Bangladesch
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