| # taz.de -- Bekleidungsfirma Boss in der Kritik: Dividende statt Existenzlohn | |
| > Kritische Aktionäre fordern Hugo Boss auf, sich um die Beschäftigten bei | |
| > den Zulieferern zu kümmern. Sie leiden besonders unter Corona. | |
| Bild: Hemden und Krawatten von Hugo Boss | |
| Berlin taz | Wenn der Edel-Anzug-Hersteller Hugo Boss an diesem Mittwoch | |
| seine [1][virtuelle Hauptversammlung] abhält, müssen sich die | |
| Aktionär*innen wegen der Coronakrise mit besonderen Problemen beschäftigen. | |
| Anstatt für 2019 eine Dividende an die Eigentümer*innen auszuschütten, | |
| solle ein [2][„Fonds für existenzsichernde Löhne zugunsten der | |
| Näher*innen“] geschaffen werden, beantragte die kritische Aktionärin Gisela | |
| Burckhardt. | |
| Ihre Begründung: Die [3][schlecht bezahlten Beschäftigten in den | |
| Zulieferfabriken] Osteuropas, der Türkei und Asiens litten besonders unter | |
| der aktuellen Pandemie. | |
| Nicht nur für Hugo Boss im baden-württembergischen Metzingen, auch für | |
| viele weitere Textilfirmen ist die Lage insgesamt kompliziert. „Die | |
| Umsätze, vor allem bei den Bekleidungsunternehmen, sind teilweise um bis zu | |
| 85 Prozent und mehr eingebrochen“, sagte eine Sprecherin des Verbandes der | |
| deutschen Textil- und Modeindustrie. Wie große Teile der Branche leidet | |
| auch Hugo Boss unter der Schließung der hiesigen Geschäfte zwischen März | |
| und Mai. | |
| Aber auch die Lage bei den Zulieferern ist dramatisch. Beispielsweise in | |
| Bangladesch, wo viele deutsche Firmen produzieren lassen: Nach Angaben des | |
| dortigen Verbandes der Textilindustrie haben mehr als 1.000 Fabriken | |
| Aufträge im Wert von mehr als 3 Milliarden Euro verloren. | |
| ## 2,8 Millionen Arbeitsplätze gefährdet | |
| Weil die amerikanischen und europäischen Händler zu Hause weniger | |
| verkauften, würden sie auch weniger bestellen, beklagte der Verband. Das | |
| treffe die Näher*innen hart, weil viele jetzt keinen Lohn mehr bekämen. 2,8 | |
| Millionen Arbeitsplätze seien gefährdet. | |
| Von Burckhardts Forderung nach einem Fonds hält Hugo Boss jedoch nichts. | |
| „Die Verwendung des Bilanzgewinns für die Schaffung eines Fonds ist laut | |
| der Satzung nicht zulässig“, erklärte eine Sprecherin. Grundsätzlich könne | |
| die Hauptversammlung die Satzung des Unternehmens zwar ändern, doch das | |
| gelte dann erst für die Zukunft. | |
| Burckhardt will an ihrem Anliegen zwar festhalten, kann sich bei der | |
| Versammlung aber vermutlich nicht durchsetzen. Ohnehin geht es nur um die | |
| Mindestdividende von wenigen Cent pro Aktie, die laut Firma gesetzlich | |
| vorgeschrieben sei. Der größte Teil der eigentlich geplanten Ausschüttung | |
| soll wegen der Coronakrise ohnehin wegfallen. | |
| ## Höhere Kosten | |
| Mit der Forderung nach existenzsichernden Löhnen für die Beschäftigen der | |
| Zulieferfabriken, die Burckhardt und andere Aktivist*innen erheben, tun | |
| sich die Unternehmen schwer. Wenn die Bezahlung über den Mindestlöhnen der | |
| jeweiligen Produktionsländer läge, entstünden höhere Kosten. | |
| Die Sprecherin von Hugo Boss verweist darauf, dass das Unternehmen im | |
| Bündnis für nachhaltige Textilien mitarbeite, welches höhere Löhne als Ziel | |
| anpeile. Konkrete Schritte in diese Richtung gibt es bislang aber kaum. | |
| 27 May 2020 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://group.hugoboss.com/de/investoren/veranstaltungen/hauptversammlung | |
| [2] https://www.kritischeaktionaere.de/hugoboss/loehne-zum-leben-statt-dividend… | |
| [3] /KiK-Chef-zu-Folgen-aus-Brandkatastrophe/!5550755 | |
| ## AUTOREN | |
| Hannes Koch | |
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