# taz.de -- Juristin zu Fabrikeinsturz in Bangladesch: „Passiert ist bisher w… | |
> Vor fünf Jahren stürzte die Rana-Plaza-Textilfabrik ein. Dort wurde auch | |
> Kleidung für deutsche Geschäfte genäht. Miriam Saage-Maaß über die | |
> Folgen. | |
Bild: Bei dem Einsturz der Fabrik am 24. April 2013 kamen mehr als 1.100 Mensch… | |
taz: Frau Saage-Maaß, [1][vor fünf Jahren stürzte das Fabrikgebäude Rana | |
Plaza in Bangladesch zusammen]. Dort wurde auch für deutsche Geschäfte | |
Kleidung genäht. Sind die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie seitdem | |
besser geworden? | |
Miriam Saage-Maaß: In Bangladesch hat sich manches zum Positiven verändert. | |
Einige internationale Textilkonzerne versuchen dort ernsthaft, | |
Verbesserungen in der Lieferkette durchzusetzen. Insgesamt aber ist die | |
Lage der Arbeiter*innen in den Produktionsländern ähnlich beklagenswert wie | |
vor fünf Jahren. Die Löhne reichen nicht für ein menschenwürdiges Leben. | |
Nach dem Einsturz haben nationale und internationale Gewerkschafter und | |
zahlreiche Konzerne den Bangladesch-Accord für Brandschutz und | |
Gebäudesicherheit gegründet. Funktioniert diese Organisation? | |
Bemerkenswert gut. Das lag vermutlich an der historischen Chance. Der | |
Accord wurde unter dem Eindruck der Katastrophe gegründet. Die Modemarken | |
und Händler*innen waren zu Konzessionen an die Gewerkschaften bereit. Sie | |
stellten Geld zur Verfügung und ermöglichten den Aufbau einer unabhängigen | |
Institution, die nicht im Verdacht steht, korrupt zu sein. Auch die | |
bangladeschische Regierung hält sich an die damalige Vereinbarung und setzt | |
die Entscheidungen des Accord durch. Seine Prüfberichte über die Fabriken | |
werden respektiert. Die Fabrikbesitzer*innen verbessern den Feuerschutz | |
oder bauen die geforderten Notausgänge ein. Manche Anlage wurde sogar | |
geschlossen. | |
Haben die Opfer inzwischen Entschädigungen erhalten? | |
Unter Mitwirkung der Internationalen Arbeitsorganisation in Genf haben die | |
Familien der Getöteten und die Verletzten Entschädigungszahlungen erhalten, | |
die unter anderem den Verdienstausfall ersetzen sollen. Ein Nachteil dabei | |
ist allerdings, dass sich diese Zahlungen am niedrigen Lohnniveau in | |
Bangladesch orientieren. | |
CSU-Entwicklungsminister Gerd Müller gründete hierzulande das Textilbündnis | |
– ebenfalls eine Reaktion auf Rana Plaza. Was hat das den Arbeiter*innen | |
der Zulieferfabriken konkret gebracht? | |
Die Mitgliedsunternehmen versprechen, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. | |
Das begrüßen wir. Tatsächlich passiert ist bisher jedoch wenig bis nichts. | |
Den Beweis, dass das Bündnis konkrete Fortschritte bewirken kann, haben sie | |
noch nicht erbracht. Dafür wird es aber allmählich Zeit. Insgesamt krankt | |
die Veranstaltung an dem Ansatz der Freiwilligkeit. | |
Ihre vermeintlichen Fortschritte belegen die Fabriken in Bangladesch oft | |
mit Zertifikaten. Gutachter bescheinigen, dass beispielsweise | |
Bauvorschriften eingehalten werden, genug Feuerlöscher vorhanden sind. Was | |
halten Sie von solchen Belegen? | |
Grundsätzlich ist es problematisch, dass die Fabriken private Prüfer*innen | |
beauftragen, die ihnen den guten Zustand der Produktion zertifizieren. | |
Manche Firma kauft sich den Prüfbericht oder besticht den Auditor. Davon | |
abgesehen muss man die Korrektheit vieler Zertifikate bezweifeln. Kürzlich | |
habe ich einen Report des TÜV Rheinland über eine Fabrik in Bangladesch | |
gelesen, in dem keine Rede davon war, dass die vorgeschriebene | |
Sprinkleranlage zum Feuerschutz fehlte. | |
Haben Kund*innen mit höheren sozialen und ökologischen Ansprüchen | |
mittlerweile mehr Möglichkeiten, solche Textilien in hiesigen Geschäften zu | |
kaufen? | |
Das Angebot nimmt zu, ja. Aber noch immer handelt es sich um eine Nische | |
unterhalb von einem Prozent des Gesamtmarktes. Außerdem halten auch einige | |
Label für Nachhaltigkeit nicht das, was sie versprechen. | |
24 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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