# taz.de -- Ebola-Ausbruch im Ostkongo: Ein doppelter Albtraum | |
> Zum ersten Mal bricht Ebola im Kongo in einem Konfliktgebiet aus, wo | |
> Armee und Milizen kämpfen. Die UNO warnt. | |
Bild: Im Ostkongo werden neue Behandlungsmethoden getestet, um Ebola unter Kont… | |
GOMA taz | Mit Sirene und Blaulicht hält der Krankenwagen vor dem Hospital | |
in Goma. Doch das Eingangstor ist fest verriegelt. Ohne Fiebermessen und | |
Hände desinfizieren kommt hier niemand durch, selbst bei Notfällen. | |
Noch ist die Millionenstadt Goma im krisengeplagten Ostkongo nicht von | |
Ebola betroffen. Doch überall, in Restaurants, Bars, Schulen, Kirchen oder | |
Büros, werden Vorkehrungen getroffen. Denn sollte sich das tödliche Virus | |
verbreiten, könnte sich die Krankheit aufgrund des regen | |
grenzüberschreitenden Handels rasch in ganz Ostafrika ausbreiten. | |
[1][Das aktuelle Ebola-Epizentrum liegt 240 Kilometer nördlich von Goma, | |
nahe der Millionenstadt Beni.] Mittlerweile meldet Kongos | |
Gesundheitsministerium 73 Verdachtsfälle. 46 sind bestätigt, 27 Patienten | |
stehen unter Beobachtung. 43 Menschen sind bereits gestorben. | |
„Die Zahlen steigen zwar nach wie vor“, so Kongos Ebola-Experte Richard | |
Kitenge. Gestresst und übernächtigt sitzt der Notfallkoordinator in Gomas | |
Krankenhaus vor einem überladenen Schreibtisch, ständig klingelt das Handy. | |
Doch er zeigt sich zuversichtlich: „Bis nächste Woche müssten wir die Lage | |
in den Griff bekommen.“ | |
## Ein Molekül als Behandlung | |
Die Kongolesen kennen sich mit Ebola aus. Das Virus ist benannt nach einem | |
kongolesischen Fluss. Erst vor zwei Wochen wurde ein weiterer | |
Ebola-Ausbruch erfolgreich „eingedämmt“. Bei diesem starben in der Provinz | |
Equateur im Nordwesten des Landes 33 Menschen. Beni liegt knapp 1.500 | |
Kilometer entfernt im Osten. Tests bestätigen: Es handelt sich um einen | |
anderen Erreger, das Virus wurde nicht quer durch das Land übertragen. | |
Das ist die eine gute Nachricht. Die andere: Ärzte und Experten der | |
Weltgesundheitsorganisation (WHO) waren bereits im Kongo, sie konnten | |
schnell reagieren. [2][Die UN-Mission im Kongo (Monusco)] stellte | |
vergangenen Freitag zwei große Flugzeuge bereit, um Ärzte und Ausrüstung | |
quer durch das gewaltige Land zu fliegen. | |
In Equateur wurde im Juni zum ersten Mal weltweit ein Ebola-Impfstoff zur | |
Vorbeugung erprobt. Seit Mittwoch wird er auch in Beni angewandt. „Mit der | |
derzeitigen Impfabdeckung hoffen wir, dass sich die Zahl der neuen Fälle | |
reduziert“, sagt Kitenge. Und noch ein weiteres Präparat kommt jetzt | |
erstmalig zum Einsatz: ein Molekül, das als Behandlung verabreicht wird. | |
„Das ist ein Test. Aber mit der systematischen Behandlung können wir die | |
Ergebnisse dann studieren“, so der Ebola-Experte. | |
Das Medikament, an Affen getestet, zeigte 100-prozentige Heilung. Es stammt | |
vom Blut eines Ebola-Überlebenden von einem Ausbruch im Jahr 1995 in Kikwit | |
im Westen Kongos. | |
## Erschwerte Bedingungen | |
Es sei extrem wichtig, die Fehler der Ebola-Epidemie in Westafrika 2014 | |
nicht zu wiederholen, so Karin Huster, Notfallkoordinatorin von Ärzte ohne | |
Grenzen (MSF) vor Ort am Telefon: „In Westafrika waren die | |
Gesundheitszentren nicht gut geschützt“, erinnert sie sich. Die Menschen | |
seien wegen anderer Krankheiten gekommen und hätten sich „in der | |
Gesundheitsstation dann bei den Ebola-Patienten angesteckt“. | |
MSF richtet nun Auffangstationen ein, in denen Patienten mit | |
Ebola-Symptomen direkt isoliert werden. „Sie können dann bei Bestätigung | |
des Verdachts direkt in ein Ebola-Behandlungszentrum überstellt werden.“ | |
Huster bestätigt: Dieser Ausbruch findet unter extrem erschwerten | |
Bedingungen statt. [3][In den betroffenen Provinzen Nord-Kivu und Ituri | |
sind über 100 Rebellengruppen aktiv.] Die Armee führt Militäroperationen | |
durch. Beni war in den vergangenen Jahren Zentrum brutaler Gewalt: Massaker | |
an der Zivilbevölkerung und Kämpfe mit der Rebellengruppe ADF (Allied | |
Democratic Forces). Aktuell laufen Großoffensiven gegen eine lokale Miliz | |
weiter südlich. Erst vor einer Woche wurden 14 Menschen massakriert. | |
Das UN-Koordinierungsbüro (OCHA) nennt den Ebola-Ausbruch im Kriegsgebiet | |
einen „doppelten Albtraum“. Kitenge bestätigt: „Viele Ebola-Fälle liege… | |
sogenannten Roten Zonen, wo wir ohne militärischen Begleitschutz gar nicht | |
hinkommen.“ | |
## Krieg und Massenflucht | |
Die Monusco stellt nun bewaffneten Begleitschutz für Ärzte und | |
Transportfahrzeuge. Sie hat auch vier Sarkophage importiert, die aussehen | |
wie durchsichtige Schneewittchen-Särge. Damit lassen sich Ebola-Patienten | |
außer Landes fliegen. Bestimmt sind sie aber nur für internationale | |
UN-Angestellte und Blauhelme, nicht für Kongolesen: Die UNO ist weltweit | |
verpflichtet, ihre Angestellten zu versorgen. | |
Die Monusco fürchtet, dass truppenstellende Länder sonst Soldaten abziehen, | |
um sie nicht dem Ebola-Risiko auszusetzen. Dann müssten kongolesische | |
Soldaten allein für Sicherheit sorgen. Ein kongolesischer General, dessen | |
Spezialeinheiten in Beni kämpfen, sagt der taz: „Das kann ich meinen Jungs | |
dann schlecht erklären, warum sie dableiben müssen, wenn andere abgezogen | |
werden.“ | |
Die Kleinstadt Oicha, 45 Kilometer von Beni entfernt, wo zwei | |
Ebola-Verdachtsfälle gemeldet wurden, war lange Zeit Frontstadt, | |
Hunderttausende Menschen sind im Umland auf der Flucht. Auch in der | |
benachbarten Provinz Ituri, wo vor einer Woche ebenfalls Fälle bestätigt | |
wurden, sind seit Beginn des Jahres über 100.000 Menschen aus ihren Dörfern | |
geflüchtet. Viele kehren regelmäßig zurück, um nach ihrer Ernte zu sehen. | |
Krieg und Massenflucht fördern die Ausbreitung von Seuchen. | |
Das Zentrum des Ebola-Ausbruchs, Mangina, rund 30 Kilometer nordwestlich | |
von Beni, war bislang ein Zufluchtsort für Vertriebene, so Mirijam Steglich | |
von der Welthungerhilfe: „Dadurch, dass es da lange Zeit relativ stabil | |
war, ist das ein wichtiger landwirtschaftlicher Produktionsort.“ | |
Die Maisernte steht an, die Bauern müssen im Anschluss neue Saat | |
ausbringen. Mangina ernährt die Millionenstadt Beni sowie die | |
Vertriebenenlager der Region. Das Risiko, so Agronomin Steglich: „Wenn die | |
Bevölkerung nicht ganz sicher ist, dass die Gesundheitssysteme wirklich | |
Ebola eingrenzen können, könnte es im schlimmsten Fall dazu kommen, dass | |
die Bevölkerung sich sagt: Dann gehen wir hier weg.“ | |
16 Aug 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Ebola-Bekaempfung-im-Kongo/!5506757 | |
[2] /UN-Blauhelmmandat-verschaerft/!5494911 | |
[3] /Militaeroperation-gegen-Rebellen/!5475393 | |
## AUTOREN | |
Simone Schlindwein | |
## TAGS | |
Ebola | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Monusco | |
WHO | |
Ärzte ohne Grenzen | |
Beni | |
Islamismus | |
Beni | |
Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo | |
Ebola | |
Ebola | |
Kongo | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Kommentar Ebola und Gewalt im Kongo: Verbündete Schreckgespenster | |
Wie im Horrorfilm: Im Ostkongo wütet Ebola, Islamisten begehen an den | |
Einwohnern Massaker. Doch Wirklichkeit ist profaner. | |
Ebola-Ausbruch im Kongo: Checkpoints gegen das Virus | |
Im Kongo dämmen Aufklärungsarbeit, ein neuer Impfstoff und Straßensperren | |
die Verbreitung von Ebola ein. Doch es gibt noch Neuinfektionen. | |
Wahlkampf im Kongo: Die Hoffnung stirbt zuletzt | |
Chrispin Mvano aus Ostkongos Masisi-Bergen hat alle Kriege überlebt. Jetzt | |
will er etwas verändern und ins Parlament einziehen. | |
Ebola-Bekämpfung im Kongo: „Halbwegs unter Kontrolle“ | |
Als der Ebola-Virus die Großstadt Mbandaka erreichte, schreckte die Welt | |
auf. Jetzt sind Ärzte optimistisch, dass sie die Seuche im Griff haben. | |
Gefährlicher Krankheitserreger: Kongo bestätigt 17 Ebola-Fälle | |
Ebola im Kongo breitet sich weiter aus. Es gibt vermehrt Fälle in der | |
Großstadt Mbandaka. Dort ist das Virus schlechter zu kontrollieren. | |
Erneuter Ebola-Ausbruch im Kongo: 14 Ebola-Fälle bestätigt – ein Toter | |
Im Kongo breitet sich das Ebola-Virus weiter aus und ist auch in einer | |
Millionenstadt Mbandaka angekommen. Die WHO erhöhte am Freitag die | |
Gefahrenstufe. |