| # taz.de -- Kolumne Liebeserklärung: Der Hampelmann | |
| > Die kurze Hose für Männer hat offenbar viele Feinde. Was soll das? Es | |
| > muss nicht jeder freiwillig ein mobiles Schweißbad mit sich herumtragen. | |
| Bild: Besser rundum locker machen | |
| Jeden Sommer wird dieselbe Sau durchs Mediendorf getrieben: Sie hat | |
| haarige, bleiche, dünne Beinchen und trägt eine kurze Hose. [1][Das geht | |
| gar nicht, sagt in diesem Jahr der Stilberater der Süddeutschen Zeitung], | |
| und führt, damit es speziell dem kurbehosten Hetero-Mann wehtut, eine | |
| Heerschar von Kronzeuginnen an: „Find ich nicht schön“, antworten die dem | |
| Bayerischen Rundfunk nahezu unisono. | |
| Hier äußert sich wohl das Stockholm-Syndrom von Frauen, die seit jeher mit | |
| ageistischen und lookistischen Ansprüchen geschurigelt werden: wie sie | |
| auszusehen haben, was sie anziehen dürfen und was nicht, beziehungsweise | |
| was sie jeweils anziehen dürfen oder müssen, wenn sie aussehen wie sie | |
| aussehen (und bitte immer schön die Beine rasieren!). | |
| Es sind zwei entgegengesetzte Wege zur feministischen Seligkeit: Der eine | |
| will, dass sich alle scheiße fühlen, damit Gleichberechtigung hergestellt | |
| ist. Der andere Weg zielt auf das identische Ergebnis ab, nur mit einem | |
| geringfügig veränderten Detail: Alle Menschen sollen sich gut fühlen. | |
| ## Gesinnungstechnischer Offenbarungseid | |
| Dem Misanthropen in mir ist der erste Weg nicht unsympathisch. Der Mann in | |
| mir, dem warm ist, zieht jedoch eine kurze Hose an und den zweiten Weg vor. | |
| Wie meine Beine aussehen, tut dabei absolut nichts zur Sache. Denn damit | |
| verhält es sich wie mit dem Nacktbaden. Es ist völlig okay, das aus welchen | |
| Gründen auch immer für sich selbst abzulehnen. Das Argument jedoch, die | |
| öffentliche Nacktheit solle den wenigen vorbehalten bleiben, die bestimmten | |
| ästhetischen Ansprüchen genügen, ist ein gesinnungstechnischer | |
| Offenbarungseid. | |
| Apropos nackt. Im Zentrum der Tirade des bleichbeinigen SZ-Modefuzzis steht | |
| die Sorge, der Mann in kurzen Hosen könnte sich selbst zur Karikatur | |
| machen. Die Angst, womöglich lächerlich zu wirken, beherrscht das | |
| Geschlecht mit dem Y-Chromosom offenbar noch mehr als die, dass das Bier | |
| knapp werden könnte. Dabei, Hand aufs Herz, ist es von Natur aus doch eh | |
| schon zu spät: Wem wie ein Hampelmann eine alberne Strippe zwischen den | |
| Beinen baumelt, der sollte sich doch besser rundum locker machen. Es hilft | |
| ja nichts. | |
| Den Männern wünsche ich viel Spaß in ihrem mobilen Schweißbad, in dem sie | |
| durch die Gegend waten, dazu noch lecker Turnschuhe, wo doch jeder weiß, | |
| dass der Mann von Natur aus ein krasses Fußschweißopfer ist. Und an die | |
| Frauen: Mir egal, was ihr von mir denkt. Ich will euch ja nicht heiraten. | |
| Lesen Sie hier auch einen Beitrag über [2][die Erotik der Wade]. | |
| 1 Aug 2018 | |
| ## LINKS | |
| [1] https://www.sueddeutsche.de/bayern/kurze-hosen-sommer-1.4068757 | |
| [2] /Maennermode-im-Sommer/!5510267 | |
| ## AUTOREN | |
| Uli Hannemann | |
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