# taz.de -- EU-Innenministertreffen in Innsbruck: Salvini macht zu – und die … | |
> Selbst staatliche Rettungsschiffe will Salvini nicht mehr in Italiens | |
> Häfen lassen. Das wird beim Treffen der EU-Innenminister für Zündstoff | |
> sorgen. | |
Bild: Das Ziel: Europa | |
BERLIN taz | Wenn sich die EU-Innenminister am Donnerstag in Innsbruck | |
treffen, wird es auch um den Vorstoß des Italieners Matteo Salvini gehen. | |
Der hatte im Juni zwei vollbesetzten NGO-Rettungsschiffen die Einfahrt in | |
italienische Häfen verweigern lassen. [1][Am Sonntag kündigte er an, auch | |
alle anderen Schiffe mit Flüchtlingen und Migranten an Bord abweisen zu | |
lassen.] | |
Doch um wen geht es dabei genau? Seit Anfang 2016 hat die italienische | |
Rettungsleitstelle MRCC Schiffe mit insgesamt 301.491 aus Seenot Geretteten | |
nach Italien beordert. Ein Drittel davon waren an Bord privater | |
NGO-Schiffe. Die sind derzeit teils auf Malta festgesetzt. Bei neuen | |
Einsätzen müssten sie wohl darauf hoffen, von Ländern wie Spanien | |
aufgenommen zu werden. Nach Italien dürfen sie nicht mehr. Einem erneuten | |
Martyrium in Libyen wollen die NGOs niemanden aussetzen. | |
Dann gibt es die privaten Handelsschiffe. Sie brachten seit 2016 etwa | |
25.000 Gerettete nach Italien, nachdem sie von der MRCC zu Unglücksstellen | |
beordert worden waren. Neuerdings weist das Land aber Handelsschiffe an, | |
vor Ort zu warten, bis die von Italien alarmierte libysche Küstenwache | |
ihnen die Menschen abnimmt. | |
So geschah es am Dienstag mit einem Handelsschiff, dass vor der libyschen | |
Küste 66 Migranten an Bord aufgenommen hatte. Dem Schiff war die Einfahrt | |
in italienische Häfen verboten worden. Allerdings nahm die Küstenwache des | |
Landes ihm am Ende die Menschen ab. Das dürfte in Zukunft kaum jedes Mal | |
passieren. | |
## Übergabe an die Libyer auf hoher See | |
Ein weiteres Drittel (106.000 Menschen) der seit 2016 Geretteten ist von | |
Schiffen der italienischen Küstenwache, Polizei, Marine oder Guardia di | |
Finanza nach Italien gebracht worden. Die dürften auf Anweisung Salvinis | |
künftig versuchen, die Menschen noch auf See an die Libyer zu übergeben. | |
Kompliziert wird es bei den Rettungsschiffen internationaler Missionen. | |
Derer gibt es aktuell drei: Die [2][Frontex-Mission] Themis, die seit 2016 | |
rund 28.000 Menschen nach Italien brachte; die NATO-Mission Sea Guardian | |
8.900 Menschen und die militärische EU-Antischleppermission Eunavfor Med. | |
An ihr sind 28 Länder beteiligt, darunter Italien. Auch die Bundeswehr hat | |
hier Schiffe im Einsatz. Eunavfor Med brachte seit 2016 insgesamt 35.238 | |
Menschen in italienische Häfen. | |
Wie die Missionen damit umgehen sollen, wenn Italiens Rettungsleitstelle | |
nun verweigert, dass Menschen nach Italien gebracht werden, ist völlig | |
unklar. „Bisher hat sich an unserem Einsatzbefehl nichts geändert“, heißt | |
es dazu im Einsatzführungskommando der Bundeswehr knapp. Doch das wird | |
nicht so bleiben. Europäische Militärschiffe dürfen nicht in libysche | |
Gewässer einfahren. Und es ist nicht ohne weiteres möglich, dass die | |
Bundeswehr Schiffbrüchige einfach auf Hoher See an die Libyer übergibt, wie | |
Salvini es gerne sähe. Libyen ist kein EU-Staat und auch nicht sicher. | |
Schiffbrüchige, die angeben, einen Asylantrag stellen zu wollen, dürfen | |
nicht einfach dorthin gebracht werden. | |
Auch bei der UN-Migrationsorganisation IOM ist man ratlos, welche Folgen | |
Italiens Vorstoß haben könnte. „Keine Ahnung“, sagen Offizielle auf die | |
Frage, welche Folgen ein italienisches Einfahrverbot hätte. Eine Odyssee | |
wie sie die [3][privaten Rettungsschiffe „Lifeline“] und „Aquaris“ über | |
sich ergehen lassen mussten, würde die Bundesregierung deutschen | |
Marineschiffen kaum zumuten. Auf diplomatischer Ebene könnten die Italiener | |
versuchen den Konflikt zu entschärfen, indem das MRCC keine europäischen | |
Schiffe mehr zu Unglücksort kommandiert – sondern nur noch libysche. | |
12 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Seenotrettung-auf-dem-Mittelmeer/!5519487 | |
[2] /Notrettung-durch-Frontex-im-Mittelmeer/!5518770 | |
[3] /Lifeline-Kapitaen-vor-Gericht/!5515915 | |
## AUTOREN | |
Christian Jakob | |
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