# taz.de -- Photovoltaikpflicht in Tübingen: Sonne darf nicht mehr nur so sche… | |
> In Tübingen muss künftig bei jedem Neubau eine Photovoltaikanlage | |
> mitgeplant werden. So sollen CO2-Emissionen gesenkt werden. | |
Bild: Gut für die Klimabilanz und für Solarzellenmonteure: die Photovoltaikpf… | |
Tübingen ist die erste Stadt in Deutschland, in der jeder Neubau eine | |
Photovoltaikanlage haben muss. Einen entsprechenden Grundsatzbeschluss | |
fasste der Gemeinderat der württembergischen Universitätsstadt mit großer | |
Mehrheit. Die Mindestleistung der Anlagen, [1][die Sonnenenergie in Strom | |
umwandeln], wird nun durch die Stadtverwaltung zu definieren sein. | |
Entstehen die Gebäude auf Grundstücken, die zuvor der Stadt gehörten, wird | |
die Auflage formal in den Grundstückskaufverträgen festgelegt. Ansonsten | |
regelt ein städtebaulicher Vertrag die neue Pflicht. Die Stadt sieht sich | |
dazu durch das Baugesetzbuch legitimiert, räumt aber ein rechtliches Risiko | |
ein, weil es noch keine einschlägigen Urteile dazu gibt, ob eine solche | |
Auflage überhaupt zulässig ist. | |
Der Beschluss umfasst alle Objekte, „bei denen die vorgesehene Bebauung | |
einen Strombedarf bedingt“, also auch gewerbliche und öffentliche Gebäude. | |
Bedingung ist aber, dass eine Solarstromanlage „mit einem wirtschaftlich | |
angemessenen Aufwand errichtet und betrieben werden“ kann. Eine Ausnahme | |
soll es für Bauten geben, die auf ihrem Dach eine definierte Menge | |
Solarthermie nutzen, wo also Wärme aus Sonnenenergie gewonnen wird. | |
Tübingen hat sich zum Ziel gesetzt, die CO2-Emissionen pro Kopf bis 2022 | |
gegenüber denen von 2014 um ein Viertel zu senken. Dies sei nur möglich, | |
wenn die Bürger mitwirkten, betont die Stadtverwaltung in ihrer | |
Beschlussvorlage. Da die Möglichkeiten der Wasserkraft in der Stadt | |
ausgeschöpft seien, die Windkraft auf städtischem Gebiet am Naturschutz | |
scheiterte, Klärgas bereits vollständig verstromt werde und eine | |
zusätzliche Nutzung von Biogas nicht absehbar sei, biete im Stromsektor | |
alleine die Photovoltaik noch „ein großes, einfach nutzbares Potenzial“. | |
## Preisvorteil für die Verbraucher | |
Gebäudeeigentümer, die die Investition in eine Solarstromanlage scheuen, | |
können ein Pachtmodell nutzen, dafür hat der Gemeinderat gesorgt. Die | |
Baupflicht gilt nur so lange, wie „für den Bauherrn Wahlfreiheit zwischen | |
Eigentum und Pacht gegeben ist“. | |
Die Stadtwerke Tübingen haben bereits ein entsprechendes Angebot: Sie | |
planen auf Wunsch die Anlage, finanzieren und warten sie. Der Kunde zahlt | |
sie dann über seine Stromrechnung ab. Attraktiv sei das für den Kunden, | |
weil der Strom vom Dach längst preisgünstiger ist als jener aus dem Netz, | |
sagt der grüne Oberbürgermeister Boris Palmer. Er rechnet mit einem | |
Preisvorteil für den Verbraucher von 2 Cent je Kilowattstunde. | |
Per Facebook teilte der Rathauschef nach der Abstimmung mit: „Ich bin sehr | |
stolz darauf, wie Stadt und Rat in die Rolle ökologischer Pioniere | |
geschlüpft sind.“ Die vorausgegangene Diskussion im Gemeinderat sei „sehr | |
sachlich“ verlaufen. | |
Obwohl heute die Photovoltaik „in der Stadt die billigste und beste | |
Stromquelle“ sei, sei es nötig, die Nutzung verpflichtend zu machen, sagte | |
Palmer. Viele Bürger beschäftigten sich ansonsten nicht mit dem Thema – und | |
ließen diese Chance daher ungenutzt. | |
5 Jul 2018 | |
## LINKS | |
[1] /Kommentar-Zukunft-der-Erneuerbaren/!5495684 | |
## AUTOREN | |
Bernward Janzing | |
## TAGS | |
Tübingen | |
Solarenergie | |
CO2-Ausstoß | |
Photovoltaik | |
Boris Palmer | |
Batterien | |
Balkonmodule | |
Grüne Berlin | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
Energiespeicher | |
Ökostrom | |
Schwerpunkt Klimawandel | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Nix mit Solarenergie made in Germany: Gute Zelle, schlechte Zelle | |
Vor einem Jahr ging der letzte große deutsche Hersteller von Solarzellen | |
pleite. Warum in Deutschland ein ganzer Industriezweig zusammenbrach. | |
Solarstrom aus der Steckdose: Günstiger Strom durch Balkonmodul | |
Steckdose, Stromzähler und Anmeldepflichten: Wie zum Beispiel | |
Wohnungsmieter mit Solarzellen selbst Energie erzeugen können. | |
taz-adventskalender: Frohe Botschaft (5): Tübinger macht Werbung für Berlin | |
Sie verlassen jetzt den sicheren Bereich: Mit Sprüchen wie diesem zieht | |
Boris Palmer über Berlin her. Dabei macht das eine Stadt doch erst aus. | |
Danke, Boris! | |
Kolumne Die eine Frage: Der hässlichste Anzug aller Zeiten | |
Schlecht gekleidet besucht Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer San | |
Francisco. Seine Strategie der ästhetisch-kulturellen Irritation geht auf. | |
Streit ums Erneuerbare-Energien-Gesetz: Grüne machen Wind für Förderung | |
Die Große Koalition verkämpft sich bei der Förderung der Erneuerbaren | |
Energien. Der Bundestag verhandelt jetzt einen Gesetzentwurf der Grünen. | |
Neue Megawattanlage: Sonne billiger als Industriestrom | |
Der hessische Heizungsbauer Viessmann baut eine eigene Megawattanlage ohne | |
staatliche Förderung. Das lohnt sich, weil er den Strom selbst verbraucht. | |
Erneuerbare-Ziel der Groko verschoben: Klimaschutz kann ruhig warten | |
Laut Koalitionsvertrag will die Regierung Sonne und Wind schneller | |
ausbauen. Dieser Passus wurde aber aus dem neuen Gesetz entfernt. |