| # taz.de -- Ärztemangel und Migration: Doktor Alosso möchte arbeiten | |
| > Geflüchtete Ärzte galten als Hoffnung für das deutsche Gesundheitssystem. | |
| > Der Weg zur Zulassung ist lang, doch der Syrer Waisso Alosso hat es | |
| > geschafft. | |
| Bild: Mit 50 Jahren wieder Assistenzarzt: Waisso Alosso beim CT | |
| In der Radiologie des Herz- und Diabeteszentrums Nordrhein-Westfalen in Bad | |
| Oeynhausen geht es um Fragen, die über Leben und Tod entscheiden. | |
| Patienten, die hierherkommen, stehen meist schwere Eingriffe bevor. | |
| Es ist ein warmer Frühsommertag Mitte Mai. In einem weißen Raum mit einer 2 | |
| Millionen Euro teuren Maschine sitzt Marlies Lach, eine 78-Jährige mit | |
| Dutt. Sie hat Probleme mit ihrer Herzklappe und soll am nächsten Tag | |
| operiert werden. Doch zuerst muss per Computertomografie geprüft werden, ob | |
| es Kalkablagerungen in ihren Arterien gibt. | |
| „Hatten Sie schon einmal Nierenerkrankungen oder Probleme mit der | |
| Schilddrüse?“, fragt ein kleiner Mann im weißen Kittel, Waisso Alosso. So | |
| wie er das sagt, klingt ein e manchmal wie ein ä und ein ü wie ein u. | |
| Marlies Lach schüttelt den Kopf. „Brauche ich ein Kontrastmittel?“ | |
| Alosso sagt behutsam: „Nein, ein Kontrastmittel benötigen Sie für die | |
| Untersuchung nicht.“ Dann wird Lach zur Liege geleitet, von den | |
| medizinisch-technischen Assistentinnen vorbereitet, das CT kann beginnen. | |
| ## „Ach, Sie sind einer der Geflüchteten!“ | |
| Nach der Untersuchung, die Patientin wartet im Nebenzimmer, studiert Alosso | |
| die Aufnahmen am PC. Sein Befund: „Auf den ersten Blick keine | |
| Auffälligkeiten.“ Später wird er die Ergebnisse noch genauer auswerten. | |
| Jedes Detail ist wichtig. | |
| Zum Schluss der Untersuchung fragt Marlis Lach den Mediziner. „Was sind Sie | |
| eigentlich für ein Arzt?“ | |
| „Ich bin Radiologe, komme aus Syrien und habe dort als Facharzt | |
| gearbeitet.“ | |
| „Ach, Sie sind einer von den Geflüchteten“, sagt die Patientin und lächel… | |
| „Das ist aber schön.“ Ihr Mann, der sie begleitet, erzählt, er sei auch | |
| geflohen – vor über 70 Jahren aus Ostpreußen. | |
| Für Alosso war es ein langer Weg, der ihn in die Radiologie des | |
| Herzzentrums von Bad Oeynhausen gebracht hat. Waisso Alosso, geboren in | |
| Kobani, Syrien, zehn Jahre Leiter einer Praxis in Aleppo, ist seit zwei | |
| Wochen wieder Assistenzarzt – mit 50 Jahren. | |
| Ärzte, die als Geflüchtete nach Deutschland kommen, tauchen als rhetorische | |
| Figur immer wieder in politischen Reden auf. Im September 2015, in | |
| Deutschland kommen täglich Sonderzüge aus Österreich und Ungarn an, sagte | |
| Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel: „Flüchtlinge sind eine Chance für den | |
| Fachkräftemangel.“ Besonders aus Syrien kämen Hochqualifizierte, so hieß es | |
| häufig, Ärzte, Ingenieure, IT-Fachleute. | |
| Drei Jahre später hat sich der Diskurs geändert. Der bayerische | |
| Landesverband der AfD warnt vor „Lebensgefahr durch falsche Ärzte“. Sahra | |
| Wagenknecht fragt: „Wieso kann ein reiches Land wie Deutschland nicht seine | |
| Fachkräfte selbst ausbilden?“ Man hole „Ärzte aus dem Irak, Syrien oder | |
| anderen armen Ländern“ und vergrößere so die Armut vor Ort: „Zynischer g… | |
| es nicht.“ | |
| ## „Wir hatten alles verloren“ | |
| Waisso Alosso hat von diesen Diskussionen nicht viel mitbekommen. Für ihn | |
| gab es keine Wahl zwischen Bleiben und Gehen. Er musste sein Land | |
| verlassen. Alosso lebte mit Frau und vier Kindern in einer großen Wohnung | |
| am Stadtrand von Aleppo, nebenan ein Park, betrieb zehn Jahre lang seine | |
| radiologische Praxis und arbeitete im Krankenhaus. Er war ein beliebter | |
| Chef, ein angesehener Bürger, ein guter Freund. Regelmäßig machte er | |
| Urlaube in der Türkei oder im Libanon. | |
| Doch dann kam der Krieg, und es begann eine Odyssee. 2013 floh die Familie | |
| nach Kobani, die Geburtsstadt Alossos. Ein Jahr später griff der | |
| „Islamische Staat“ die kurdische Stadt an der syrisch-türkischen Grenze an. | |
| „Die Situation war schlecht, immer herrschten Gefahr, Krieg, Gewalt“, | |
| erzählt Alosso. | |
| Die Familie floh in die Türkei zu Verwandten. Von dort aus machte sich | |
| Alosso allein auf einen Weg, den er Frau und Kindern nicht zumuten wollte: | |
| erst in einem kleinen Boot über die Ägäis nach Griechenland und dann per | |
| Lkw über die Balkanroute nach Deutschland. | |
| Waisso Alosso sagt: „Wir hatten alles verloren, unsere Heimat, unsere | |
| Freunde, unseren gesamten Besitz.“ Alosso sitzt an seinem weißen Esstisch, | |
| es ist Feierabend und Zeit für ein längeres Gespräch. Gerade erst hat er | |
| mit seinem Job in Bad Oeynhausen angefangen und sich dort vorübergehend ein | |
| Zimmer in einem Wohnheim genommen, ein paar Minuten zu Fuß von der Klinik | |
| entfernt. Draußen viel Grün um den Wohnblock, drinnen sieht es aus wie in | |
| einem Krankenzimmer: der Fernseher an der Wand befestigt, die Möbel hell, | |
| die Kochnische im einzigen großen Raum integriert. | |
| ## 12 Prozent der Ärzte haben eine ausländisches Pass | |
| Unter der Woche wohnt Alosso im Wohnheim zusammen mit Pflegern, Kollegen | |
| und Angehörigen von Patienten. Dann ist er wieder von seiner Familie | |
| getrennt. Er holte sie sechs Monate nach seiner Ankunft nach. Heute wohnt | |
| sie, wie er vor Kurzem auch, in Bochum, 160 Kilometer entfernt. Alosso | |
| möchte sie bald nachholen. | |
| 50.000 berufstätige Ärzte in Deutschland haben eine ausländische | |
| Staatsbürgerschaft, es sind fast 12 Prozent aller Ärzte. Die meisten von | |
| ihnen sind Rumänen, Syrer stellen mittlerweile die zweitgrößte Gruppe. In | |
| den vergangenen Jahren sind ungefähr 3.500 syrische Ärzte als Flüchtlinge | |
| nach Deutschland gekommen. | |
| Deutschland hat, so heißt es oft, einen Ärztemangel. Dabei gibt es mehr | |
| Ärzte als jemals zuvor. Das Problem: Sie sind ungleichmäßig verteilt. Die | |
| Ballungsgebiete sind gut versorgt, in abgelegene Regionen ziehen immer | |
| weniger Ärzte. Und die Gesellschaft wird immer älter und damit kränker. | |
| Syrische Ärzte könnten eine Hoffnung für das Gesundheitssystem in | |
| Deutschland sein, doch viele ausgebildete Mediziner aus Syrien arbeiten | |
| noch nicht in ihrem Beruf. Warum? Liegt es an der deutschen Bürokratie? | |
| Sind die Standards zu hoch? Oder sind die Ausbildungen in den | |
| Herkunftsländern zu schlecht? Die Geschichte von Waisso Alosso zeigt, wie | |
| lange ein Weg zurück in den erlernten Beruf dauern kann. | |
| Im Juli 2013 kam Alosso nach Deutschland. Von syrischen Kollegen hatte er | |
| erfahren, dass Ärzte in Deutschland gute Arbeitsbedingungen vorfänden. Doch | |
| zuerst musste er warten. Es dauerte sechs Monate, bis er die Anerkennung | |
| als Flüchtling erhielt und er seine Familie nachholen konnte. Monatelang | |
| fragte er sich: Was würde mit seinen vier Kindern und seiner Ehefrau | |
| passieren? | |
| Das System, nach dem Flüchtlinge in Deutschland verteilt werden, sorgte | |
| dafür, dass Alosso sich in Rhauderfehn wiederfand, einem kleinen Dorf in | |
| Ostfriesland. Er tat sich schwer mit der Sprache. Neun Monate erhielt er | |
| keine Bescheinigung, um an einem Deutschkurs teilzunehmen. Wenn Alosso über | |
| seine Anfangszeit erzählt, hört man den Unmut in seiner Stimme – ein Mix | |
| aus Sarkasmus und Trauer. | |
| ## Viele Approbationsunterlagen sind gefälscht | |
| Als seine Familie nachkam, ließen sie sich in Bochum nieder. Dort machte er | |
| zwei Sprachkurse und schloss mit einem B2-Zertifikat ab. Er konnte sich | |
| jetzt gut verständigen. Jetzt wollte Alosso sein Arztdiplom anerkennen | |
| lassen. Er stellte einen Antrag auf Gleichwertigkeitsprüfung. | |
| Mit dieser Prüfung kontrollieren die Behörden, ob Ärzte aus dem Ausland in | |
| Deutschland direkt eine Approbation erhalten. Dafür müssen die Bewerber | |
| Unterlagen vorlegen, die ihre Befähigung belegen. Doch geflüchtete Ärzte | |
| bringen oft nicht alle Papiere mit, oder ihre Ausbildung unterscheidet sich | |
| von den Vorgaben hierzulande. | |
| Die Behörden müssen die Papiere, die Flüchtlinge mitbringen, sortieren: | |
| falsch, richtig, gefälscht. Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, | |
| zu dem Alossos Krankenhaus gehört, ist Theodor Windhorst. Windhorst sagt, | |
| er habe vor eineinhalb Jahren das Schreiben eines syrischen Botschafters | |
| bekommen, der mitteilte, er würde nichts mehr unterschreiben – die meisten | |
| Arztbriefe und Papiere seien gefälscht. | |
| Bei der Ärztevereinigung Marburger Bund gehen immer wieder Anrufe mit | |
| Beschwerden ausländischer Ärzte ein: warum der eine die Gleichwertigkeit | |
| bescheinigt bekomme, ein anderer mit vergleichbarer Qualifikation jedoch | |
| nicht. Die Prüfung der Gleichwertigkeit findet in Deutschland sehr | |
| unterschiedlich statt. Hier wünscht sich die Ärzteschaft eine zentrale | |
| Anlaufstelle, die für einheitliche Verfahren sorgt. In Bonn ist | |
| mittlerweile eine Stelle gegründet worden, doch noch kann sie nicht alle | |
| Fälle abarbeiten. | |
| Im Frühjahr 2016, vier Monate nach seinem Antrag auf Gleichwertigkeit, | |
| erhielt Alosso die Antwort: Seine Unterlagen reichen nicht aus. Alosso | |
| wurde ungeduldig: „Ich war beruhigt, nachdem ich wieder mit meiner Familie | |
| zusammen war. Aber ich wollte unbedingt etwas tun, hier ankommen.“ Nun | |
| musste er eine Kenntnisprüfung und eine Fachsprachprüfung bestehen. | |
| In der Kenntnisprüfung muss ein ausländischer Arzt nachweisen, dass er über | |
| genügend Wissen verfügt, um hier eine Approbation zu erhalten. Die | |
| Fachsprachprüfung gibt es seit 2015. Sie wird von der zuständigen | |
| Ärztekammer durchgeführt, es gibt uneinheitliche Prüfungsverfahren. | |
| ## Warum dauert es so lange? | |
| In Westfalen-Lippe, Alossos Kammer, werden drei Situationen simuliert: ein | |
| Gespräch von Arzt zu Arzt und von Arzt zu Patient. Außerdem müssen | |
| Prüflinge einen Befund an einen Arztkollegen verfassen. In anderen | |
| Bundesländern läuft es anders. Kritiker wie die Vizepräsidentin der | |
| Bundesärztekammer, Martina Wenner, sprechen schon von | |
| „Anerkennungstourismus“ in Bundesländer, in denen Kenntnisprüfung und | |
| Fachspracheprüfung am leichtesten sind. | |
| „Es muss einheitliche Prüfungsmethoden geben, die auf Migranten | |
| zugeschnitten sind“, fordert Theodor Windhorst, der Präsident der | |
| Ärztekammer. In seinem Bereich schaffen 56 Prozent der ausländischen Ärzte | |
| beim ersten Anlauf die Sprachprüfung nicht. Aber das sei eine Frage der | |
| Vorbereitung. | |
| Warum dauert es so lange, bis ausländische Ärzte zugelassen werden? Theodor | |
| Windhorst verteidigt sich gegen Kritik. „Auch deutsche Mediziner | |
| durchlaufen eine langwierige Ausbildung“, sagt er. „Es darf da keine | |
| Schnellschüsse geben.“ Windhorst weiß, dass Deutschland auf immigrierte | |
| Ärzte angewiesen ist. In seiner Kammer arbeiten 44.000 Ärzte, davon 8.000 | |
| mit Migrationshintergrund. „Wenn die fehlten, würde das System nicht mehr | |
| funktionieren“, sagt er. Es gebe Krankenhäuser, in denen 80 Prozent der | |
| Ärzte ihre Wurzeln nicht in Deutschland hätten. | |
| Ohne genaue Kontrollen sei das nicht möglich, sagt der | |
| Ärztekammerpräsident, vor allem gute Sprachkenntnisse seien entscheidend: | |
| „Wenn man die Anliegen des Patienten nicht versteht, wenn man etwa in der | |
| Psychiatrie nicht die Untertöne versteht, ist das katastrophal.“ | |
| Nachdem er die Anerkennung nicht erhalten hatte, erfuhr Waisso Alosso vom | |
| Projekt IquaMed. Es wird in Nordrhein-Westfalen vom mibeg-Institut Medizin | |
| durchgeführt und vom Bundesarbeitministerium und der EU gefördert. Dort | |
| werden Ärzte aus dem Ausland auf ihre berufliche Integration ins deutsche | |
| Gesundheitssystem vorbereitet. Alosso fuhr jeden Tag von Bochum nach Köln | |
| und nahm an Kursen teil, die ihn auf die Fachsprach- und Kenntnisprüfung | |
| vorbereiten sollten: „Es war sehr hilfreich“, sagt er. | |
| ## Die Sprache ist das größte Hindernis | |
| Im Rahmen des Programms absolvierte er in einem Krankenhaus in Bergisch | |
| Gladbach eine dreimonatige Hospitanz in der Kardiologie, um dort möglichst | |
| viel in Kontakt mit Patienten zu kommen und mit ihnen zu sprechen: „Das war | |
| wirklich gut, für die Sprachkenntnisse und um überhaupt mal wieder etwas zu | |
| tun“, sagt Alosso. „Alle geflüchteten Ärzte, die nach Deutschland kommen, | |
| sollten die Möglichkeit bekommen, solche Praktika zu machen.“ | |
| Dann legte Alosso seine Fachsprachprüfung ab. Es war eine schwierige | |
| Prüfung, sagt Alosso, aber er war erfolgreich. Die Prüfer rieten ihm, „noch | |
| fleißig weiterzulernen“. Noch heute merkt man ihm hin und wieder an, dass | |
| er sich mit der Sprache schwertut. Sich in fließendem Deutsch mit Patienten | |
| und Kollegen zu verständigen ist für ausländische Ärzte das schwierigste | |
| Hindernis auf dem Weg in den deutschen Arbeitsmarkt. | |
| Ab Juli 2017 arbeitete Alosso unter Aufsicht eines anderen Arztes in Bad | |
| Oeynhausen. Ende 2017 bestand er die Kenntnisprüfung. | |
| Nach drei Jahren in Deutschland ist Waisso Alosso endlich Assistenzarzt. | |
| Und damit dort, wo er in Syrien mit Mitte 20 war. Aber er fühlt sich wohl. | |
| Er hat ein gutes Gehalt. Sein Chef ist froh über ihn. In der Klinik in Bad | |
| Oeynhausen arbeiten 13 syrische Ärzte, davon 5 Herzchirurgen. | |
| Wenn Waisso Alosso an seinem Wohnzimmertisch im Wohnheim von Bad Oeynhausen | |
| auf seinen Weg zurückblickt, ist er versöhnlich. Er werde oft gefragt, wo | |
| er herkomme, sagt er, aber: „Die Patienten haben ein Recht darauf zu | |
| erfahren, mit wem sie es zu tun haben. Vertrauen ist wichtig.“ Und nachdem | |
| er mit dem Förderprogramm IQ begonnen habe, ging es schnell. Knapp | |
| anderthalb Jahre für Vorbereitung, Prüfungsphase, Genehmigung. | |
| Die fachliche Seite ist aber nur das eine. Dass die Integration für | |
| migrierte Ärzte auch aus kulturellen Gründen nicht immer einfach ist, zeigt | |
| eine Studie des Instituts für Ethik, Geschichte und Theorie der Medizin der | |
| Ludwig-Maximilians-Universität München. Oft hatten die Befragten mit | |
| Vorurteilen zu kämpfen. In Extremfällen kommt es zu offener Ablehnung und | |
| Diskriminierung durch Kollegen. Auf der anderen Seite gab es in manchen | |
| Krankenhäusern Schwierigkeiten mit ausländischen Ärzten, die Probleme | |
| hatten, eine Frau als Führungskraft zu akzeptieren oder das Pflegepersonal | |
| nicht gut behandelten. Das ist auch schon in Bad Oeynhausen vorgekommen, | |
| bestätigt der Ärztliche Direktor, Jan Gummert: „Das ist zum Glück selten, | |
| aber in diesen Fällen mussten wir uns von diesen Mitarbeitern trennen.“ | |
| ## Mehr Verantwortung, mehr Eigenständigkeit | |
| Waisso Alosso ist angekommen, eigentlich, aber noch nicht ganz. Er hat noch | |
| einen Plan. „Ich möchte als Facharzt anerkannt werden“, sagt er. Wie in | |
| Syrien. Facharzt, das würde bedeuten: mehr Verantwortung, mehr | |
| Eigenständigkeit, mehr Geld. Den Antrag bei der Ärztekammer Münster hat er | |
| bereits gestellt, aber noch keine Antwort erhalten. Alosso seufzt: „Man | |
| fängt hier wieder ganz von vorn an, das ist sehr schwer.“ | |
| Wie lange wird es dauern, bis der erste syrische Arzt auf dem Land eine | |
| eigene Praxis eröffnet? | |
| Wer glaubt, dass Ärzte aus dem Ausland die Lösung für den Ärztemangel auf | |
| dem Land sind, kennt die Regeln für niedergelassene Ärzte nicht. Nur | |
| Fachärzte können sich mit einer eigenen Praxis selbstständig machen. Für | |
| deutsche Mediziner bedeutet das in der Regel: fünf Jahre als Assistenzarzt | |
| in einer Klinik, Spezialisierung, etwa als Orthopäde oder als Arzt für | |
| Allgemeinmedizin. | |
| Waisso Alosso müsste, wollte er sich niederlassen, diese Qualifikationen im | |
| Krankenhaus nachholen. Ihm könnten zwei Jahre anerkannt werden. Danach | |
| könnte er als Radiologe eine eigene Praxis eröffnen. Doch praktisch ist ihm | |
| das zu kompliziert. Nicht nur das fremde Gesundheitssystem, auch das | |
| betriebswirtschaftliche Wissen schrecken ihn und viele andere Migranten ab. | |
| Die meisten geflüchteten Ärzte wünschen sich einfach eine möglichst | |
| schnelle Integration ins Berufsleben. Sie wollen dabei gar nicht als | |
| Geflüchtete wahrgenommen werden, sie wollen für das anerkannt werden, was | |
| sie in ihrem Job leisten können. Das haben die Mitarbeiter am | |
| mibeg-Institut Medizin im Rahmen ihrer Beratungen und Kurse immer wieder | |
| festgestellt. Für die betroffenen Ärzte, die nach Deutschland geflüchtet | |
| sind, bedeutet das eine große Kraftanstrengung. | |
| Wenn alles gut geht, darf Waisso Alosso in etwa drei Jahren auch in | |
| Deutschland als Facharzt arbeiten. | |
| 3 Jul 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Wilfried Urbe | |
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