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# taz.de -- Vergabeverfahren der Fußball-WM: Die Kleinen sind chancenlos
> Marokko wird keine WM austragen dürfen. Die Erweiterung des Formats auf
> 48 Teilnehmer begünstigt die wirtschaftlich gut aufgestellten Länder.
Bild: Fifa-Präsident Gianni Infantino beim Kongress in Moskau
Moskau taz | Was für ein Sportsgeist! Gerade waren diese fußballverrückten
Marokkaner zum fünften Mal daran gescheitert, [1][eine Weltmeisterschaft in
ihr Land zu holen], da trat deren Verbandspräsident Fouzi Lekjaa im
Expocenter von Moskau ans Mikrofon und kündigte trotz sichtlicher
Niedergeschlagenheit an, man werde es weiter versuchen. Vielleicht würde es
ja das nächste Mal klappen.
An dieser Stehaufmentalität der Marokkaner finden die führenden Funktionäre
der Fifa gewiss großen Gefallen. Mehr als am Sportsgeist dürften sie sich
daran begeistern, dass Marokko [2][mit seiner Kandidatur] gegen das
Dreierbündnis USA, Kanada und Mexiko einiges dazu beigetragen hat, der
Gastgeberfindung des Weltverbands einen demokratischen Anstrich zu geben.
Als Zählkandidat ist Marokko immer herzlich willkommen! Zur Belohnung für
ihren unermüdlichen Eifer bekommen sie die Bewerbungsunterlagen für die
Weltmeisterschaft 2030 bestimmt als Erstes zugesandt. Weiter so!
Im Maghrebstaat mag es einige geben, die von der höheren Wahrscheinlichkeit
überzeugt sind, bald einmal auf der Gewinnerseite beim Fifa-Kongress zu
stehen. Schließlich hat sich Hartnäckigkeit im Bieterverfahren [3][um große
Sportereignisse des Öfteren schon bezahlt gemacht]. Doch das Gegenteil ist
richtig. Die Chancen von Marokko sind rückläufig. Die Fußballblase hat sich
zu sehr ausgeweitet, als dass sie in kleineren und infrastrukturell weniger
entwickelten Ländern noch genügend Platz finden könnte. Die Erweiterung des
WM-Formats auf 48 Teilnehmer begünstigt in höchstem Maße die wirtschaftlich
gut aufgestellten Länder. Weil ihre Ausgaben für Stadionbauten und
Infrastruktur weitaus geringer ausfallen und sie zahlungskräftige Sponsoren
und Fernsehsender an der Hand haben, fallen ihre Gewinnversprechen an die
Fifa deutlich höher aus.
Der Verdrängungsprozess der Kleineren lässt sich auch in Europa
feststellen. Groß war jüngst die Aufregung in Spanien und England über
Kiew, die Gastgeberstadt des Champions-League-Finales. Der Flughafen hätte
viel zu geringe Kapazitäten und die Stadt viel zu wenige Hotelzimmer, so
wurde geklagt. Der ukrainischen Hauptstadt wurde die Champions-League-Reife
abgesprochen. Und die auf 24 Teilnehmer erweiterte Europameisterschaft ist
von einem Land wie etwa Portugal kaum noch zu stemmen.
## Die Großen gewinnen
Der entscheidende Antrieb für das stete Ausweiten der Fußballgroßereignisse
liegt im Gewinnmaximierungsstreben der Verbände begründet. Man muss jedoch
anerkennen, wie schick dieses von den Funktionären verkleidet wird. In
Moskau hob Fifa-Präsident Gianni Infantino ein weiteres Mal hervor, dass
der Verband mit dem vergrößerten Turnier nun viel mehr Ländern die
Beteiligung am größten Fußballfest auf der Welt ermögliche und dies die
Entwicklung des Sports global vorantreibe. Unter dem Vorwand der sozialen
Teilhabe mehr Gewinne einstreichen, das ist fraglos ein großer Clou.
Die andere Seite ist aber eben, dass für Länder wie Marokko künftig
lediglich die Gastrolle reserviert bleibt. Selbst wenn sie ein Bündnis mit
benachbarten Staaten für die WM-Bewerbung 2026 gesucht hätten, gegen das
potente Trio auf der anderen Seite des Atlantiks wären sie wohl chancenlos
geblieben. Und Exklusion findet noch auf einer weiteren Ebene statt. Die
einkalkulierten Gewinne des frisch gekürten WM-Gastgebertrios speisen sich
unter anderem aus exorbitanten Ticketpreisen. In acht Jahren werden also
etliche entwicklungsschwache Länder mehr mitkicken dürfen bei der weltweit
größten Fußballmesse. Begleitet werden diese Teams aber nur von denen, die
es sich leisten können, dieses große Fußballgeschäft am Laufen zu halten.
14 Jun 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Johannes Kopp
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