# taz.de -- Kolumne Über Ball und die Welt: Marokko verdient die WM nicht | |
> Marokko bewirbt sich um die Ausrichtung der Fußball-WM im Jahr 2026. | |
> Davon profitieren werden vor allem die Eliten. | |
Bild: Das Problem der Megaevents: Auch die WM in Marokko würde den Falschen nu… | |
Läuft gut für Marokko. Das nordafrikanische Land bewirbt sich um die | |
Ausrichtung der Fußball-WM 2026, und nachdem sich die Millionenstadt | |
Chicago aus der gemeinsamen Bewerbung der USA, Kanadas und Mexikos | |
zurückgezogen hat, sind die Chancen Marokkos sogar gewachsen. Und wenn sie | |
das Turnier ausrichten sollten, könnte es glattweg ein Erfolg werden, denn | |
nach Russland 2018 und Katar 2022 dürften die Erwartungen nicht mehr ganz | |
so hoch sein. | |
Läuft’s wirklich gut für Marokko? Wenn es darum geht, Zuschläge zu | |
verteilen, wie die leicht paternalistische Sprachregelung lautet, schwirren | |
auch bei eher kritischen Fußball- und Sportbetrachtern gerne merkwürdige | |
Fantasien mit, getarnt als Gerechtigkeitssinn: Da hätten es die einen „mal | |
verdient“ (gerne wird in diesem Zusammenhang Marokko erwähnt), jenen sollte | |
man das Turnier „wegnehmen“, und andere sollten auch „mal eine Chance“ | |
erhalten. Nicht Spielzeuge werden so verteilt, sondern ein Milliarden Euro | |
teures Megaevent. Weil das aber zufällig den Begriff „Spiel“ im Namen | |
trägt, erscheint die Vergabe eines solchen Turniers plötzlich als Wohltat. | |
Marokko hätte es also in dieser Logik „mal verdient“, ein | |
Weltmedienereignis mit 48 Teilnehmernationen, 80 Spielen in 14 Stadien | |
auszutragen, von denen sieben noch neu gebaut und die anderen umgebaut oder | |
modernisiert werden müssen. Dazu noch die Infrastruktur: Flughäfen, | |
Nahverkehr, Straßen, Hotels, Fanmeilen und so weiter. Und die Auflagen der | |
Fifa, die für sich und ihre Sponsoren Steuerfreiheit und andere Privilegien | |
verlangt. Herzlichen Glückwunsch, Marokko! Womit auch immer sich das Land | |
so etwas verdient hat! | |
Wer im Land sich da etwas zu verdienen hofft, ahnt man zumindest, wenn man | |
sich Moulay Hafid Elalamy, der Chef des Bewerbungskomitees, genauer | |
anschaut. Seine Firma, die Saham Group, bietet Versicherungen und | |
Immobiliengeschäfte in Afrika und im Nahen Osten an. Elalamy hat laut | |
Magazin Forbes damit etwa 500 Millionen Euro Vermögen gemacht. Ein | |
Milliardenevent wie die Fußball-WM passt ganz gut ins Portfolio. Kein | |
Wunder, dass sich das nicht gerade reiche Land nun schon – nach 1994, 1998, | |
2006 und 2010 – zum fünften Mal um die Ausrichtung der WM bewirbt. | |
## Arm aber dankbar sollen sie sein | |
Es gibt eben auch in Marokko Eliten, die von diesem Weltereignis | |
profitieren. Andererseits gibt es aber auch solche Bevölkerungsgruppen – | |
sagen wir mal: die überwältigende Mehrheit – auf die Verdrängung, | |
Mietenexplosion, Einschnitte bei den ohnehin miserablen staatlichen | |
Leistungen im Gesundheits-, Schul- und Sozialbereich und vieles mehr | |
warten. | |
Wer will, kann das dennoch übersehen: In der hiesigen Wahrnehmung erscheint | |
Sport immer, egal unter welchen sozialen, politischen und ökonomischen | |
Bedingungen er ausgetragen wird, als etwas ganz Tolles. Daher, so die | |
unfassbar asoziale und unpolitische Folgerung, müssten ärmere und weniger | |
entwickelte Nationen damit beschenkt werden. Arm sollen sie bleiben, aber | |
glücklich und dankbar sollen sie sein – so stellt man sich hierzulande | |
Entwicklungspolitik vor, zumindest die fußballerische. | |
„Ein großer Katalysator für die Entwicklung“, hat Moulay Hafid Elalamy ei… | |
Fußball-WM in Marokko genannt. Es ist nicht schön, dass er Recht hat. | |
20 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Martin Krauss | |
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