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# taz.de -- Auslosung für die Fußball-WM 2018: Schmiere, Gott und Medizin
> Warum lässt die Fifa das Tableau für die WM 2018 eigentlich auslosen? Wir
> haben die 32 qualifizierten Teams thematisch sortiert.
Bild: Sieht kompliziert aus: Pressekonferenz zur WM-Auslosung
Gruppe A: die Schmiergruppe
Brasilien: João Havelange, der Brasilianer, der die Fifa von 1974 bis 1998
führte, gilt als Motor der modernen Korruption im Sport. Als sein
Schwiegersohn Ricardo Teixeira Verbandschef in Brasilien wurde, übernahm er
das Schmiergeldinkasso von Havelange. Sein Nachfolger José Maria Marin hat
ebenfalls kräftig nebenbei verdient. Brasilien ist Weltmeister der
Korruption.
Argentinien: Im Juli 2014 ist Julio Grondona, langjähriger r Verbandschef,
gestorben. Mit seinem Tod endeten die Ermittlungen gegen ihn wegen
Korruption, Geldwäsche und Steuerhinterziehung. Die Enthüllungen über
Zahlungen an ihn, die WM-Vergabe nach Katar 2022 betreffend etwa, nehmen
indes kein Ende.
Uruguay: „Große Summen Geld“ habe er kassiert, gab Eugenio Figueredo jüng…
zu. Als Chef des südamerikanischen Verbands Conmebol sorgte er dafür, dass
jeder TV-Vertrag über seinen Schreibtisch musste. Er wurde stets gut
geschmiert.
Deutschland: In der Schmiergruppe sicher nur Außenseiter. Doch der Kauf der
Sommermärchen-WM über ein Konto von Franz Beckenbauer und der ungeklärte
Geldzufluss zu einem katarischen Gerüstbauunternehmen gelten als
Husarenstück des DFB.
***
## Gruppe B: die Mafiagruppe
Kroatien: Zdravko und Zoran Mamić sind die Paten von Dinamo Zagreb. Ohne
sie läuft nicht viel im kroatischen Fußball. Sie stehen vor Gericht weil
sie mithilfe eines Verbandsfunktionärs durch Bestechung und
Steuerhinterziehung ein Millionenvermögen aufgebaut haben sollen.
Mexiko: Rafael Márquez ist immer noch Kapitän der Nationalmannschaft. Beim
entscheidenden Qualifikationsspiel gegen Panama fehlte der 38-Jährige. Er
ist mit seiner Verteidigung beschäftigt. Márquez soll für den
Rauschgifthändler Raúl Flores Hernández in großem Stil Geld gewaschen
haben.
Tunesien: Der ruhmreiche Klub Africain aus Tunis ist ein Spielzeug des
Unternehmers Slim Riahi. Der friert schon mal die Gehälter ein, wenn die
Ergebnisse nicht stimmen. Zurzeit ist er nicht liquid. Sein Vermögen wurde
eingefroren, als gegen ihn Ermittlungen wegen Geldwäsche eingeleitet
wurden.
Panama: Wie eine Kanzlei ein System der Steuervermeidung organisiert hat,
wissen wir aus den Panama Papers. Davon haben etliche Fußballer profitiert,
u. a. Lionel Messi. Auch Juan Pedro Damiani, bis 2016 Mitglied der
Fifa-Ethikkommission, soll via Panama allein 400 Briefkastenfirmen
angemeldet haben.
***
## Gruppe C: die Todesgruppe
Nigeria: Die islamistischen Terroristen von Boko Haram haben die WM 2014
genutzt, um sich in das Bewusstsein der Fußballöffentlichkeit zu bomben.
Bei einem Anschlag in Damaturu, wo sich viel Publikum versammelt hatte, um
das WM-Spiel zwischen Brasilien und Mexiko zu verfolgen, wurden 21
Menschen, getötet und mehr als 25 verletzt.
Senegal: Bei einer Massenpanik in einem Stadion in Dakar kamen acht
Menschen ums Leben. Als Fans der Klubs Ouakam und Stade de Mbour
aufeinander losgingen, setzte die Polizei Tränengas ein. Bei der Flucht
der Fußballfans vor dem Gas stürzte dann eine Stadionmauer ein.
Ägypten: Die Freude über die erste WM-Teilnahme seit 1990 war auch deshalb
so groß, weil das Land immer noch dabei ist, eine der größten
Fußballtragödien zu verarbeiten. 72 Fans des Kairoer Klubs Al-Ahly starben
nach Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften in Port Said im Februar
2012. Mehr als 1.000 Menschen wurden verletzt.
Kolumbien: Am 22. Juni 1994 traf Andrés Escobar bei der Fußball-WM in den
USA ins eigene Tor. Am 2. Juli 1994 wurde der Nationalspieler in Medellín
erschossen.
***
## Gruppe D: die Wettgruppe
Südkorea: Der Suizid des koreanischen Profis Lee Kyung Hwan im April 2012
markierte den traurigen Höhepunkt eines Wettskandals, bei dessen Aufklärung
mehr als 50 Profis unter Verdacht gerieten und verhaftet wurden. Im Jahr
zuvor hatten sich schon zwei Profis und ein Trainer das Leben genommen,
nachdem bekannt wurde, dass gegen sie wegen Spielmanipulation ermittelt
wird.
Schweden: Nachdem schon 2016 über 40 Kicker der Manipulation verdächtigt
wurden, nahm der staatliche Wettanbieter im Sommer keine Wetten mehr auf
Spiele des Zweitligisten Norrby IF an. Grund: verdächtig hohe Wetteinsätze
bei einem Spiel gegen Dalkurd.
Portugal: Kurz bevor sich die Nationalmannschaft 2016 daranmachte, den
Europameistertitel zu erobern, wurden acht Profis in Portugal festgenommen.
Die Spieler der Zweitligaklubs Oriental Lissabon und Oliveirense sollen in
Kontakt mit der asiatischen Wettmafia gestanden und mehrere Spiele
manipuliert haben.
Australien: Abbas Saad hat viermal für die australische Nationalmannschaft
gespielt. Im Herbst seiner Karriere wechselte er nach Singapur, wo er
munter Spiele manipuliert haben soll. Eine lebenslange Sperre für alle
Fußballaktivitäten wurde 2009 aufgehoben.
***
## Gruppe E: die Kirmesgruppe
England: Stark alkoholisierbare Fans mit Badekappenfrisuren und lustige
Torhüter – der englische Fußball ist eine einzige Gaudi.
Dänemark: Aus dem Urlaub direkt zum Europameistertitel. 1992 waren die
Dänen die schärfste Thekentruppe des Kontinents.
Costa Rica: Wer mag sie nicht, die Ticos und Ticas, auch wenn sie keinen
Tikitaka spielen.
Island: Die Sons, die aus der Kälte kamen. Früher war weniger „Hu!“. Noch
Fragen?
***
## Gruppe F: die Rassismusgruppe
Serbien: Das Spiel des FK Rad gegen Partizan Belgrad im Februar wird
Everton Luiz so schnell nicht vergessen. Der Brasilianer war 90 Minuten
lang rassistisch beleidigt worden. Dass die Radfans noch dazu eine Fahne
mit SS-Runen schwenkten, war da nur eine Randnotiz. Auch bei Länderspielen
gehören Hitlergruß und Affenlaute zur Fankultur.
Frankreich: Real Madrids Stürmer Karim Benzema durfte 2016 nicht mit zur
EM. Trainer Didier Deschamps wurden rassistische Motive unterstellt. Dass
Benzema einen Mitspieler erpresst hatte, ließen Kritiker als Grund für die
Nichtnominierung nicht gelten.
Japan: Die Poldi-Liga ist nicht für jeden Fußballgastarbeiter das reine
Vergnügen. Fans der Urawa Red Diamonds hängten 2014 ein Transparent mit dem
Spruch „Nur für Japaner!“ auf. Weil sie zuvor schon durch rassistische
Sprechchöre aufgefallen waren, wurde der Klub zu einem Geisterspiel
verdonnert.
Schweiz: Als der Schweizer Stürmer Haris Seferović im Play-off-Rückspiel
gegen Nordirland in Basel ausgewechselt wurde, setzte ein gellendes
Pfeifkonzert ein. Hinterher wurde viel darüber gesprochen, ob das nur daran
lag, dass er vier Großchancen versemmelt hat, oder eben auch an seinen
bosnischen Wurzeln.
***
## Gruppe G: die Pharmagruppe
Russland: Staatsdoping, staatlich geduldetes Doping, flächendeckendes
Doping, weitverbreitetes Doping, egal: Mehr als 1.000 Sportler sollen in
das Dopingsystem involviert gewesen sein, darunter 34 Profis, darunter das
gesamte WM-Team des Turniers 2014 in Brasilien.
Peru: Als das Team im November die Qualifikation für die WM sicherstellt,
fehlt in den entscheidenden Play-offs gegen Neuseeland Mannschaftskapitän
Paolo Guerrero. Den hatte man wegen einer positiven Dopingprobe aus dem
Verkehr gezogen. Dabei habe er doch nur einen Koka-Tee getrunken, sagt
Guerrero.
Belgien: 2013 wurden 100 Spieler anonym nach ihrem Medikamentenkonsum
befragt. Dabei gab rund ein Viertel der Profis an, der Einsatz von
Dopingmitteln sei verbreitet. Vier Profis gaben an, gesehen zu haben, wie
sich Kollegen Dopingmittel verabreicht hätten.
Spanien: Eufemiano Fuentes ist der berühmteste Blutauffrischer des
Weltsports. Er hat nicht nur Radsportlern Vorteile verschafft. Er prahlte
schon mal damit, auch Fußballern aus Madrid und Barcelona Dopingpläne
geschrieben zu haben. Er sagte aber auch, dass er so etwas nie vor Gericht
vortragen würde. Für solche Anschuldigungen sei der Fußball zu groß.
***
## Gruppe H: die Gottesgruppe
Saudi-Arabien: 62.165 Zuschauer verfolgten den 1:0-Erfolg der saudischen
Auswahl gegen Japan im letzten Spiel der WM-Qualifikation. Frauen waren
nicht darunter. Die dürfen Männern grundsätzlich nicht beim Kicken
zuschauen. Allah wird das freuen.
Polen: Der Helle Berg von Tschenstochau war rot erleuchtet, als 6.000
Fußballfans zur Schwarzen Madonna pilgerten. Für die Kirche scheint
Pyrotechnik kein Verbrechen zu sein. Sie hat sich jedenfalls über die laute
Schar der Gläubigen gefreut und begrüßte sie als Vertreter des neuen
katholischen Nationalismus im Land.
Iran: Die Islamische Republik verbietet es ihren Sportlern, gegen Athleten
aus Israel anzutreten. Weil zwei Spieler der Nationalmannschaft mit ihrem
Klub Panionios Athen in der Europa League gegen Maccabi Tel Aviv spielten,
schmiss man sie aus der Nationalelf. Nach Protesten wurde die Sperre
zurückgenommen – vorerst.
Marokko: Die WM beginnt am 14. Juni 2018. Der Ramadan endet am 15. Juni.
Damit die Spieler zum Turnierstart nicht fasten müssen, hat das Königreich
beschlossen, die Fastenzeit um einen Tag zu verkürzen. Auch schön: Die WM
beginnt nun an einem Feiertag.
1 Dec 2017
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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