# taz.de -- Nigeria-Coach Gernot Rohr über die WM: „Wir machen einfache Sach… | |
> Gernot Rohr ist Trainer von Nigeria. Vor dem Spiel gegen Kroatien spricht | |
> er über Afrika, seine Spielidee und einen Sieg über Argentinien. | |
Bild: Hauptaufgabe, ein gemeinsames Team zu bilden: Gernot Rohr bei Nigeria | |
taz: Herr Rohr, was ist für das Team von Nigeria bei dieser | |
Weltmeisterschaft möglich, wenn alles perfekt läuft? | |
Gernot Rohr: Unser Team hat das jüngste Durchschnittsalter bei der | |
Weltmeisterschaft. Wir wollen lernen und besser werden und im nächsten Jahr | |
in der Lage zu sein, beim Afrika-Cup etwas zu gewinnen. Aber das Halbfinale | |
jetzt zu fordern, wie es einige Fans tun, das ist nicht realistisch. | |
Gut. Mit dem Erreichen des Achtelfinales sind Sie also zufrieden? | |
Auch das wird schwierig. Schauen Sie sich unsere Gruppe an. Gleich das | |
erste Spiel gegen Kroatien ist kompliziert, danach kommt Island, das | |
Überraschungsteam der vergangenen Europameisterschaft, und am Ende spielen | |
wir auch noch gegen Argentinien. | |
Die haben Sie erst im November vergangenen Jahres in einem | |
Freundschaftsspiel 4:2 geschlagen. | |
Ja, aber ohne Messi. Und als wir 0:2 zurücklagen, da sind die Argentinier | |
wahrscheinlich überheblich geworden. Aber Freundschaftsspiele kann man | |
sowieso nicht mit einer Weltmeisterschaft vergleichen. | |
Ihre Spieler sind in zig verschiedenen Ländern aktiv: Italien, Spanien, | |
England, der Türkei, China, Russland. Wie vermitteln sie einem solch divers | |
aufgestellten Kader eigentlich eine gemeinsame Spielidee? | |
Indem man einfache Sachen macht. Seitdem ich im August 2016 angefangen | |
habe, haben wir Wert auf den Teamgeist, auf Zusammenhalt, auf kollektiven | |
Fußball gelegt. Und unsere Stärke ist die Offensive. | |
Wie sieht denn ein einfaches Offensivkonzept aus? | |
Unser Spiel sind die schnellen Attacken. Wir haben schnelle Spieler vorne, | |
sind dazu in der Lage, dass alle zusammen angreifen, aber auch dass alle | |
zusammen verteidigen. Unsere Stärke ist der Block. Wir haben keine Stars | |
wie in den neunziger Jahren mit Kanu, Okocha oder Ikpeba. Aber wir haben | |
vielversprechende Spielerpersönlichkeiten, aus denen noch Stars werden | |
können. | |
Gerade in die Zeit von Weltmeisterschaften fallen ja oft die Geburtsstunden | |
von großen Stars. | |
Darauf hoffe ich, und damit motiviere ich meine Spieler. | |
Wem trauen Sie in Ihrem Team einen solchen Durchbruch zu? | |
Alex Iwobi, der bei Arsenal zuletzt leider nicht so viel zum Einsatz kam. | |
Und ich hoffe auf Victor Moses, der anders als beim FC Chelsea bei uns eine | |
offensivere Rolle spielt. Vielleicht kommt er dadurch auch mehr ins | |
Rampenlicht. | |
Wo sehen Sie Probleme? | |
Wir haben mit dem erst 19-jährigen Francis Uzoho einen sehr jungen | |
Torhüter. Unser Stammtorhüter Carl Ikeme ist an Leukämie erkrankt. Uzoho, | |
den wir erst im November entdeckt haben, spielt für La Coruña in Spanien | |
und ist dort der vierte Torhüter. | |
Und für Nigeria bei der WM die Nummer eins? | |
Ich kann es nicht mit Bestimmtheit sagen, vor dem Spiel gegen Kroatien kann | |
immer noch etwas passieren. Aber wir haben zuletzt auf ihn gesetzt. Er ist | |
technisch gut, sehr groß, überraschend ruhig, aber mit erst sechs | |
Länderspieleinsätzen eben noch nicht sehr erfahren. | |
Für Sie ist es ja auch die erste WM. Wie nervös sind Sie? | |
Das macht mich ja richtig jung, wenn ich mit meinen 64 Jahren etwas zum | |
ersten Mal machen kann (lacht). Lampenfieber habe ich nicht, aber die | |
Vorfreude ist riesig. | |
Nigeria hat seit vielen Jahren immer wieder sehr viele gute Spieler | |
hervorgebracht. Gibt es denn keine guten Trainer? Oder warum setzt man bei | |
Weltmeisterschaften meist auf Europäer? | |
Die einheimischen Trainer haben ein Handicap: Sie gehören einer Ethnie an. | |
Und bei ihrer Spielerauswahl gibt es immer sofort Kritik, dass sie ethnisch | |
motiviert sei. Als Ausländer hat man diese Probleme nicht. Ich habe aber | |
sehr gute Assistenten aus dem Land, die mir helfen. | |
Als Kamerun bei der WM 1990 ins Viertelfinale zog, hat man viel von der | |
großen Zukunft des afrikanischen Fußballs gesprochen. Warum ist dieses | |
große Versprechen bis heute nicht eingelöst worden? | |
Es fehlt nicht viel. Oft erschweren unnötigerweise organisatorische Dinge | |
die Möglichkeiten. Bei der Weltmeisterschaft 2014 in Brasilien etwa war | |
beim nigerianischen Team die Prämienfrage noch ungeregelt, als das Turnier | |
begann. Versprechungen wurden nicht eingehalten. Es ist nicht gut, wenn man | |
sich während einer Weltmeisterschaft mit solchen Fragen beschäftigen muss. | |
Und es wird zu wenig in die Fußballstrukturen im Land investiert. In | |
Nigeria gibt es zum Beispiel immer noch zu wenige Stadien, wo man spielen | |
kann. | |
16 Jun 2018 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kopp | |
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