| # taz.de -- Verhandlung zu Internet-Knotenpunkt: Ist die Überwachung rechtens? | |
| > Der BND scannt Telefonate und Emails zwischen Deutschland und dem | |
| > Ausland. Der Netzknotenbetreiber de-cix will nicht mehr mitmachen. | |
| Bild: Liest der BND mit, was ich schreibe? Unter Umständen ja | |
| Leipzig taz | Darf der Bundesnachrichtendienst (BND) am Frankfurter | |
| Internetknoten die internationale Telekommunikation überwachen? Das muss | |
| jetzt das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entscheiden. [1][Geklagt | |
| hatte der Knotenbetreiber de-cix]. | |
| Schon seit Jahrzehnten betreibt der Bundesnachrichtendienst eine | |
| „strategische“ Überwachung der Telekommunikation von Deutschland ins | |
| Ausland und umgekehrt. Dabei will der BND Informationen für Lagebilder | |
| gewinnen. Ursprünglich ging es darum, Kriegsvorbereitungen des Ostblocks | |
| möglichs frühzeitig zu erkennen. Seit 1994 geht es vor allem um Terrorismus | |
| und illegalen Rüstungshandel. | |
| Seit 2009 greift der BND Informationen direkt am Frankfurter Internetknoten | |
| de-cix ab. Nach Verkehrsaufkommen ist de-cix der wichtigste Internetknoten | |
| der Welt. Einige hundert Netzbetreiber sind dort angeschlossen. Diese | |
| werden aber nicht alle überwacht. Vielmehr wählt das Innenministerium aus, | |
| welche Betreiber für die Nachrichtendienste relevant sind. 2016 waren dies | |
| 47. Aus dieser Liste wählt der BND dann eine Handvoll Netzbetreiber aus, | |
| deren Kommunikation dann tatsächlich überwacht wird, dann aber zu hundert | |
| Prozent („full take“). | |
| Technisch funktioniert die Überwachung so, dass de-cix in seinem | |
| Rechenzentrum einen „Splitter“ in die Glasfaserkabel einbaut, der das | |
| Lichtsignal verdoppelt und an zwei Leitungen weiterleitet. Die eine Leitung | |
| geht zum gewünschten Netzbetreiber, die andere führt zu einem Rechenzentrum | |
| des BND. | |
| Dort filtert der BND die internationale Kommunikation mit Hilfe von | |
| Suchbegriffen, wobei das überwiegend Email-Adressen und SMS-Nummern sind. | |
| 2016 nutzte der BND mehr als 2000 derartige Selektoren. Die Treffer werden | |
| dann einer Relevanzprüfung unterzogen. Am Ende kommt trotz des großen | |
| Aufwands wenig heraus. Im Bereich Terrorismus blieben 34 | |
| „nachrichtendienstlich relevante“ Kommunikationen übrig, beim | |
| Rüstungshandel waren es 19 Kommunikationen und mit Blick auf | |
| Cyberkriminalität lag der Ertrag sogar bei Null. | |
| De-Cix war von Beginn an skeptisch, fügte sich jedoch, da es für die | |
| strategische Überwachung durch den BND eine gesetzliche Grundlage im | |
| G-10-Gesetz gibt. Nach den Snowden-Enthüllungen 2013 kam jedoch heraus, | |
| dass der BND den Datenstrom nicht nur selbst auswertete, sondern auch | |
| [2][an den US-Geheimdienst NSA weiterleitete]. De-cix beschloss, gegen die | |
| Überwachungsanordnung von 2016 in einem Musterprozess zu klagen. | |
| Nach zwei Jahren verhandelte nun endlich das Bundesverwaltungsgericht, das | |
| bei BND-Angelegenheiten als erste Instanz fungiert. Dabei ließ der Senat | |
| erkennen, dass sich de-cix wohl nur auf das Grundrecht der Berufsfreiheit | |
| berufen kann und nicht auf die Fernmeldefreiheit. Das heißt, dem | |
| Knoten-Betreiber sind alle Argumente abgeschnitten, die die Grundrechte der | |
| Telefonierenden und Email-Schreiber betreffen. So hatte de-cix zum Beispiel | |
| moniert, dass der BND auch innerdeutsche Telekommunikation auswertet, weil | |
| seine Filter nicht richtig funktionieren. Die innerdeutsche Kommunikation | |
| darf der Auslandsgeheimdienst BND laut Gesetz nicht überwachen. | |
| ## Die Klage ist nicht chancenlos | |
| Dennoch ist die Klage von de-cix nicht chancenlos. Denn das G-10-Gesetz | |
| erlaubt dem BND nur den Zugriff auf „Übertragungswege“. Ob auch ein | |
| Vermittlungsknoten wie de-cix ein „Übertragungsweg“ ist, war im | |
| fünfköpfigen Senat offensichtlich umstritten. | |
| Und auch an einem zweiten Punkt diskutierten die Richter die Klage | |
| gründlich. De-cix hatte kritisiert, dass die Anordnung zu unbestimmt war. | |
| Das konnte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft durchaus nachvollziehen. | |
| „Wenn mir ein Mitarbeiter so etwas vorgelegt hätte, als ich noch in der | |
| Verwaltung arbeitete, hätte ich das sofort in den Papierkorb geworfen“, | |
| sagte Kraft, „wir haben sehr lange gebraucht, dieses Schreiben überhaupt zu | |
| verstehen.“ Für Wolfgang Roth, den Anwalt des BND, genügt es jedoch, wenn | |
| de-cix versteht, was gemeint ist. „Und in den Jahren zuvor haben sie die | |
| Anordnung immer korrekt umgesetzt.“ | |
| Wann das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung verkündet, ist noch | |
| unklar. | |
| 30 May 2018 | |
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| ## AUTOREN | |
| Christian Rath | |
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