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# taz.de -- Spionage unter Freunden: BND spionierte wohl Österreich aus
> Viele Institutionen in Österreich sollen vom Bundesnachrichtendienst
> abgehört worden sein. In Wien sind der Kanzler und der Präsident
> irritiert.
Bild: Hat seine Aktivitäten offenbar nicht gut versteckt: der BND
Wien dpa | Die österreichische Staats- und Regierungsspitze verlangt von
Deutschland umfassende Aufklärung zu den Enthüllungen, dass der
Bundesnachrichtendienst [1][(BND)] über viele Jahre systematisch in der
Alpenrepublik Behörden und Firmen abgehört haben soll. „Das Ausmaß der
Überwachung war ein Enormes“, sagte Bundeskanzler Sebastian Kurz am
Samstag.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen sagte: „Ausspähung unter
befreundeten Staaten ist nicht nur unüblich und unerwünscht, sondern ist
nicht akzeptabel.“ Beide äußerten sich auf einer kurzfristig angesetzten
gemeinsamen Pressekonferenz. Vor der BND-Affäre hatte Bundeskanzlerin
Angela Merkel im Oktober 2013 mit Blick [2][auf die NSA-Spionage in
Deutschland] gesagt: „Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht.“
Das österreichische Nachrichtenmagazin „profil“ und die Wiener Zeitung „…
Standard“ berichteten am Samstag, dass der BND zwischen 1999 und 2006
systematisch die Telekommunikation zentraler Einrichtungen in Österreich
überwacht habe. Auf Grundlage BND-interner Dateien werde klar, dass in
diesem Zeitraum insgesamt 2000 Telefon-, Fax- und Mobilanschlüsse sowie
E-Mail-Adressen im Visier des deutschen Nachrichtendienstes gewesen seien.
Die Erkenntnisse seien wahrscheinlich zwar im Grundsatz nicht neu, aber die
Details irritierend, erklärten die Politiker. Kurz sagte, erste
Verdachtsmomente habe es bereits 2014 gegeben. 2016 habe Deutschland
daraufhin gesetzlich geregelt, dass Spionage unter Freunden eingestellt
werden müsse.
Österreich wolle jetzt erfahren, wer überwacht wurde und wann die
Überwachung beendet wurde. Und es müsse sicher sein, „dass sie beendet
wurde“. Falls Daten gespeichert worden seien, müssten sie gelöscht werden.
Wenn es neue Informationen gebe, werde möglicherweise die
Staatsanwaltschaft in Österreich aktiv.
## Parlamentarisches Kontrollgremium bereits aktiv
„Profil“ schrieb, der BND habe sich ab 1999 vor allem für diplomatische
Vertretungen und internationale Organisationen in Wien interessiert. Die
Datei umfasse mehr als 200 Fernmeldeanschlüsse in 75 Botschaften, darunter
die der Länder USA, Iran, Irak, Pakistan, Libyen, Afghanistan, Israel und
Nordkorea.
Daneben gebe es abgehörte Nummern beim Ölkartell Opec, zwei Dutzend Nummern
bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und
180 bei der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA. Bei anderen
Organisationen der UN seien 128 Anschlüsse verzeichnet, so „profil“.
Außerdem seien Dutzende Unternehmen, darunter Waffenproduzenten und andere
wichtige Exporteure, im Visier des BND gewesen.
Das Parlamentarische Kontrollgremium der Geheimdienste (PKG) des Bundestags
ist bereits aktiv geworden. „Wir prüfen, ob die Vorwürfe neu sind oder ob
sie Teil der schon 2015 bekannt gewordenen Vorwürfe sind“, sagte der
PKG-Vorsitzende Armin Schuster (CDU) den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Schuster kündigte erste Erkenntnisse bis Ende der kommenden Woche an.
Eventuell werde das Gremium in der übernächsten Woche zu einer
Sondersitzung zusammenkommen.
Der CDU-Politiker bekräftigte, dass es „oft weder verhältnismäßig, noch in
der Sache erklärbar“ gewesen sei, dass der BND andere europäische Staaten
bespitzelt habe. Als Konsequenz habe der Bundestag in der vergangenen
Wahlperiode auch das BND-Gesetz geändert. Es setze „dem Dienst ganz andere
Voraussetzungen als noch vor 2015“, sagte Schuster.
## Zentrum der Spionage in Europa
Der BND ist dem Kanzleramt unterstellt und wird vom Parlamentarischen
Kontrollgremium des Bundestages überwacht. Die rund 6500 Mitarbeiter dürfen
nicht im Inland tätig werden. Die Behörde ist an die in Deutschland
geltenden Gesetze gebunden.
Wien gilt neben London und Paris als eines der Zentren der Spionage in
Europa. Grund sind die internationalen Einrichtungen und der auch rechtlich
eher großzügige Umgang mit dem Thema. Spionage ist im neutralen Österreich
nicht strafbar, solange sie sich nicht gegen das Land selbst richtet. „Die
Attraktivität Österreichs als Operationsgebiet für ausländische
Nachrichtendienste ist unverändert hoch“, heißt es im
Verfassungsschutzbericht 2015.
Das zeige sich schon daran, dass die Zahl der an Botschaften stationierten
Nachrichtendienstoffiziere nicht verringert worden sei. Der Grazer
Historiker und Geheimdienstexperte Siegfried Beer geht davon aus, dass 7000
Agenten auf der Suche nach geheimen Informationen sind.
17 Jun 2018
## LINKS
[1] /Bundesnachrichtendienst-Prozess/!5489500
[2] /Moegliche-NSA-Ueberwachung-der-Kanzlerin/!5056484
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