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# taz.de -- NSA will Datensammlung beenden: Ein bisschen ausgehorcht
> Dass der US-Geheimdienst die Vorratsdatenspeicherung in den USA nicht
> mehr zu brauchen scheint, ist neu. Die restliche Überwachung läuft
> weiter.
Bild: NSA-Zentrale in Fort Meade
Sechs Jahre ist es her, dass Edward Snowden mit seinen Enthüllungen die
Welt in Aufregung versetzte: Im Sommer 2013 zeigte Snowden unter anderem,
dass die US-amerikanische National Security Agency (NSA) massenweise
Verbindungsdaten der Kommunikation von US-Amerikaner*innen sammelte – in
Überschreitung ihrer legalen Kompetenzen.
Von einem schweren Bürgerrechtsbruch war die Rede, ebenso von
geheimdienstlichem Übereifer. Schließlich dringe, so hieß es, diese Form
von Schleppnetzsammlung tief in die Privatsphäre von Millionen Menschen ein
– und obendrein sei die schiere Datenmenge kaum sinnvoll auswertbar, also
kaum von Nutzen für die Terrorbekämpfung.
Zumindest dem zweiten Argument scheint sich nun die NSA selbst
anzuschließen. Einem [1][Bericht des Wall Street Journal zufolge] empfiehlt
der Geheimdienst dem Weißen Haus in einer Stellungnahme, das Programm
einzustellen. In früheren Debatten vertrat die NSA wiederholt und
nachdrücklich die Position, dass die Datensammlung unverzichtbar für die
Sicherheit der USA sei.
Dass die NSA das fragliche Vorratsdatenprogramm jetzt sang- und klanglos
beerdigen möchte, könnte man so interpretieren: Der Geheimdienst denkt
inzwischen anders darüber und die gesammelten Daten haben überhaupt keinen
Wert für ihn. [2][Erst vor Kurzem war schon bekannt geworden, dass offenbar
seit Monaten kein Zugriff auf die fraglichen Daten mehr erfolgt ist].
Nur: Welcher Geheimdienst gibt schon freiwillig seine Werkzeuge auf, egal
ob sich ein praktischer Nutzen absehen lässt oder nicht. Warum sollte die
NSA die Daten nicht einfach weiterhin illegal sammeln und auswerten?
## Innenpolitisches Appeasement
Bei dem brachliegenden Programm handelt es sich bereits um eine verwässerte
Version der ursprünglich von Snowden aufgedeckten Datensammlung. Infolge
von Snowdens umfangreichen Leaks hatte der US-Kongress nämlich die
geheimdienstlichen Befugnisse bei der Terrorbekämpfung stellenweise
eingeschränkt und ein konkretes Regelwerk für die Dienste beschlossen. Das
Ganze wurde, zusammengefasst als Gesetzespaket zuletzt unter dem Namen
[3][„USA Freedom Act“], 2015 verabschiedet. Damit darf die NSA zum Beispiel
nicht mehr selbst Telefondaten sammeln und speichern, sondern muss diese
bei den Kommunikationsfirmen per Gerichtsbeschluss anfordern. Die Konzerne
sind dafür zur langfristigen Vorratsdatenspeicherung verpflichtet.
Aber auch der Freedom Act spaltete die Lager. Während viele
Republikaner*innen und generell sicherheitsfanatische Kreise in den dort
formulierten Beschränkungen ein schweres Hindernis im Kampf gegen den
internationalen Terrorismus sahen, gingen die Regulierungen liberaleren
Akteur*innen nicht weit genug. Besonders umstritten blieb bei ihnen die
anlasslose Massenüberwachung der Telekommunikation in den USA.
Nun muss der Freedom Act Ende des Jahres verlängert werden. Dabei soll nun
also auf Anregung der NSA mit der Datensammlung jener Punkt gestrichen
weren, gegen den sowohl republikanische als auch demokratische
Politiker*innen ohnehin heftigen Widerstand angekündigt hatten.
Sollte das Weiße Haus der Empfehlung der NSA folgen, dann bleiben immer
noch die restlichen, durchaus ebenfalls umstrittenen Befugnisse aus dem
Freedom Act bestehen. Darunter fallen nicht öffentlich tagende Gerichte,
[4][Zwangsmaßnahmen zur Zusammenarbeit mit den Sicherheitsbehörden] und
eine Verschwiegenheitspflicht hierüber.
Völlig unberührt von den aktuellen Entwicklungen bleibt außerdem, was die
US-amerikanischen Geheimdienste im Ausland, zum Beispiel in Deutschland
tun. Abgehakt ist die Liste der von Edward Snowden enthüllten Programme
damit also noch nicht einmal ansatzweise.
25 Apr 2019
## LINKS
[1] https://www.wsj.com/articles/nsa-recommends-dropping-phone-surveillance-pro…
[2] https://www.nytimes.com/2019/03/04/us/politics/nsa-phone-records-program-sh…
[3] /Ueberwachungsreform-in-den-USA/!5008013
[4] https://www.theguardian.com/commentisfree/2014/may/20/why-did-lavabit-shut-…
## AUTOREN
Daniél Kretschmar
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