# taz.de -- Konferenz in Frankreich: Libysche Rivalen beraten in Paris | |
> Präsident Macron hat nach Paris geladen. Verschiedene Machthaber sollen | |
> sich auf Neuwahlen in Libyen und das Ende ihrer Konflikte verständigen. | |
Bild: Emmanuel Macron empfängt Tschads Präsident Idriss Deby am Élysée-Pala… | |
Tunis taz | Um einen Fahrplan für eine neue Verfassung und Neuwahlen in | |
Libyen zu entwerfen, nehmen libysche und internationale Delegationen an | |
einer Konferenz in Paris teil. Neben dem Kommandeur des östlichen Teils der | |
libyschen Armee, Khalifa Hafter, sind Parlamentssprecher Agila Saleh und | |
aus der libyschen Hauptstadt Tripolis Premierminister Serraj und | |
Präsidialratschef Mijbri angereist. | |
Der von den Vereinigten Arabischen Emiraten und Ägypten unterstützte | |
Hafter, der den Osten des Landes kontrolliert, weigert sich, mit den | |
Ministern der Regierung Serraj in Tripolis im Westen Libyens | |
zusammenzuarbeiten und hält den der Muslimbruderschaft angehörenden Mijbri | |
für einen „Unterstützer von Terroristen“. | |
Der Konflikt zwischen rivalisierenden Machtzentren lähmt das Land seit | |
Jahren. Die politische Ost-West-Spaltung Libyens droht, das fragile | |
Wirtschaftssystem endgültig zu zerstören, während in den Sahara-Provinzen | |
des Südens Schmuggler, Rebellen aus den Nachbarländern und salafistische | |
Milizen immer mächtiger werden. Die meisten Institutionen in den beiden | |
Machtzentren Bengasi und Tripolis sind funktionslos; die Zentralbank und | |
die staatliche Ölagentur NOC sind zweigeteilt. „Uns fehlt ein ordentliches | |
Budget und wir haben kaum Einfluss auf die Milizen. Eher haben diese uns in | |
der Hand“, gibt Serrajs Arbeitsminister Almhadi Alaman gegenüber der taz | |
zu. | |
Die aus dem benachbarten Tunis operierenden Diplomaten haben die Hoffnung | |
aufgeben, dass der gutmütige Geschäftsmann und Premier Serraj in Tripolis | |
das 5-Millionen-Einwohnerland einen kann. Denn jede Partei hat eigene | |
internationale Gönner. Aufgrund der reichen Öl- und Gasvorräte Libyens | |
unterstützen die arabischen Golfstaaten die zahlreichen lokalen Milizen. | |
Hafters Armee wird unter Umgehung des UN-Waffenembargos von der ägyptischen | |
Armee mit russischen Waffen versorgt. Die religiös-konservative Szene der | |
ehemaligen Revolutionäre setzt auf Unterstützer in Katar, der Türkei und in | |
London, wo die Muslimbrüder im Exil gute Verbindungen bis in die Downing | |
Street knüpfen konnten. | |
Paris setzt ebenso wie Ägypten und Russland auf den selbsternannten | |
Feldmarschall Hafter, obwohl dieser unter Muammar Gaddafi in den 1980er | |
Jahren Libyens Armeeoffensive im Tschad anführte, die zu einem mehrjährigen | |
Wüstenkrieg gegen Frankreich führte und im Fiasko endete. Heute sind wieder | |
Gruppen aus Mali, Tschad und Niger entlang der 2.500 Kilometer langen | |
unmarkierten Südgrenze Libyens aktiv. | |
Aus all diesen Gründen sind die Erwartungen in das Pariser Treffen gering. | |
„Anders als man in Paris noch vor zwei Jahren hoffte, wird Hafters Armee | |
Libyen nicht unter Kontrolle bringen können“, sagt der Aktivist Yunis Issa | |
aus dem südlibyschen Kufra. „Auch politisch ist das Land schwer zu einen, | |
zumindest so lange sich mit Schmuggel und Waffen schnelles Geld verdienen | |
lässt, während die Regierung keine Autorität hat.“ | |
Nach einem von Macrons Team an die ägyptische Regierung verschickten | |
Konferenzplan, der an die Öffentlichkeit gelang, soll das Pariser Treffen | |
die Libyer davon überzeugen, die Registrierungsfrist für Neuwahlen zu | |
verlängern und gleichzeitig über einen Verfassungsentwurf abstimmen zu | |
lassen. Die zum Jahresende geplanten Wahlen sollen von einer allumfassenden | |
Versöhnungskonferenz vorbereitet werden, die geflohenen Gaddafi-Anhängern | |
die Rückkehr ermöglichen soll. Doch Beobachter sorgen sich, dass Neuwahlen | |
die in Hinterzimmern ausgehandelte Machtbalance zerstören könnten – wie | |
2014, als Wahlen zum Ausbruch schwerer Kämpfe in Tripolis führten. | |
Westlibysche Milizenchefs lehnen die Initiative von Paris sowieso ab. In | |
einer gemeinsamen Erklärung wenden sich 14 Gruppen gegen eine neue | |
„Militärdiktatur“ unter Hafter nach ägyptischem Vorbild. Die Antwort aus | |
dem Élysée-Palast war knapp: Das in libyschen Medien veröffentlichte | |
Konferenzdokument sei eine Fälschung. | |
29 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Mirco Keilberth | |
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