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# taz.de -- Schutz für Whistleblower*innen: Bitte erst mal intern melden
> Die EU-Kommission will Whistleblower*innen besser schützen. Das
> Verfahren, das sie dazu entworfen hat, stößt jedoch auf Kritik.
Bild: Whistleblower*innen wie Christopher Wylie (Cambrige Analytica) brauchen S…
Stellen Sie sich vor, in Ihrem Betrieb oder in der Behörde, in der Sie
arbeiten, erschleicht sich jemand öffentliche Aufträge, beschönigt Zahlen
oder vergiftet die Umwelt. Zu wem gehen Sie mit Ihrem Wissen? Ins Büro
nebenan?
Der Deutsche Journalistenverband (DJV) will verhindern, dass
Whistleblower*innen Rechtsverstöße künftig zuerst betriebsintern melden
müssen, bevor sie sich an die Medien wenden können. Das sieht ein Entwurf
der EU-Kommission für eine Richtlinie zum Schutz von Whistleblower*innen
nämlich bisher vor.
Die Richtlinie, die Hinweisgeber*innen vor Repression und Schikane schützen
soll, würde verlangen, dass man sich zunächst an eine interne Meldestelle
wendet, um diesen Schutz auch zu genießen. Der DJV wird am Mittwoch bei der
Europäischen Journalisten-Föderation (EJF) beantragen, dass diese sich
gegen diese Bedingung ausspricht.
Vor genau fünf Jahren, am 6. Juni 2013, veröffentlichte der Guardian die
Enthüllungen Edward Snowdens zur Netzüberwachung der NSA. Seitdem weiß
jede*r, was ein Whistleblower ist. Nur wenige Mitgliedstaaten haben aber
Schutzrechte für Hinweisgeber*innen – Deutschland gehört nicht dazu.
## Internes Meldeverfahren
Den [1][Entwurf, der das nun ändern soll,] hat die Kommission nach einem
Vorschlag des EU-Parlaments im April vorgelegt. Sollte die Richtlinie in
dieser Form Realität werden, dann müssten die Mitgliedstaaten eine Reihe
von Schutzmechanismen für Hinweisgeber*innen in ihrem nationalen Recht
umsetzen – vorausgesetzt, dass diese Verstöße gegen EU-Recht aufdecken.
Dazu gehört unter anderem, dass die Hinweisgeber*in kostenlos über ihre
Rechte beraten wird; dass sie ihre Informationen nicht vor Gericht
offenlegen muss, falls sie in einer anderen Sache angeklagt wird; und dass
Vorgesetzte, die gegen die Hinweisgeber*in vorgehen wollen, zunächst
beweisen müssen, dass sie sie nicht einfach einschüchtern wollen.
Zudem müssten alle Unternehmen mit mehr als 50 Beschäftigten oder einem
Jahresumsatz von mehr als 10 Millionen Euro ein internes Meldeverfahren für
Rechtsverstöße einrichten und innerhalb von drei Monaten auf Hinweise
reagieren. Dasselbe gälte für Gemeinden mit mehr als 10.000
Einwohner*innen.
Der DJV, der sich im Allgemeinen zustimmend zum Entwurf der Kommission
äußert, sieht ein konkretes Problem: Um Rechtsschutz zu genießen, müssten
Hinweisgeber*innen zunächst das interne Meldeverfahren durchlaufen, sofern
ihr Betrieb oder ihre Behörde eines eingerichtet hat. Erst wenn dort nichts
passiert, dürfte man weitere Schritte unternehmen.
## Potenziell betriebsschädigend
Michael Klehm, Referent für Internationales beim DJV, kritisiert diese
Abstufung: „Wenn Sie erst einmal drei Monate überprüfen müssen, ob es einen
internen Mechanismus gibt, dann ist der Fall, um den es geht, in der
Zwischenzeit schon mal vergessen.“
Und überhaupt: Hätte sich Edward Snowden wohl mit seinen Enthüllungen erst
einmal an die interne Meldestelle der NSA gewandt? Klar, nicht jede
Whistleblower*in arbeitet gleich beim Geheimdienst. Aber sicherer ist man
mit seinen potenziell betriebsschädigenden Informationen im Zweifel bei
einer erfahrenen Investigativjournalist*in.
Wenn die EJF den Antrag des DJV annimmt, wird sie sich bei der Kommission
dafür einsetzen, dass die Bedingung gestrichen wird. Entscheiden müssen
darüber ohnehin noch Parlament und Rat. Die Richtlinie kommt entsprechend
nicht vor 2019.
6 Jun 2018
## LINKS
[1] http://europa.eu/rapid/press-release_IP-18-3441_de.htm
## AUTOREN
Peter Weissenburger
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