# taz.de -- Minderheitenrechte in Niedersachsen: Chefsessel nur für Große | |
> Grüne und FDP kritisieren, dass die große Koalition in Niedersachsen bei | |
> Posten zuerst an sich denke. Die Opposition komme zu kurz. | |
Bild: Ist unzufrieden mit den Minderheitenrechten: Stefan Birkner (FDP) | |
Hannover taz | Ohne den Willen der großen Koalition geht für die Opposition | |
im niedersächsischen Landtag nichts. SPD und CDU haben von den 137 Sitzen | |
105 inne. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) versprach schon bei den | |
Koalitionsverhandlungen [1][die Stärkung der Minderheitenrechte]. Die | |
Oppositionsfraktionen haben nun längere Redezeiten im Parlament und auch | |
die Ausschüsse wurden vergrößert, damit die Opposition überall vertreten | |
ist. Grünen und der FDP ist trotzdem nicht genug passiert. Stefan Birkner, | |
der Fraktionschef der Liberalen, spricht gar von der „Arroganz der Macht“. | |
Auslöser dafür sind Posten. Die FDP hätte gern einen Sitz im Beirat der | |
Deutschen Messe AG bekommen. Das Land Niedersachsen ist einer der großen | |
Anteilseigner der Gesellschaft, die beispielsweise die Cebit ausrichtet. Im | |
Beirat sitzen vier Vertreter des Parlaments – in dieser Legislaturperiode | |
nur allerdings von der SPD und CDU. | |
„Das ist ein ungewöhnlicher Vorgang. Bisher waren da immer | |
Oppositionsvertreter dabei“, sagt Birkner.„Jetzt ist der Messebeirat | |
vielleicht nicht das Zentrum der Niedersächsischen Politik“, sagt Birkner. | |
Er kritisiere die Besetzung vor allem deshalb, da sie sich in eine Reihe | |
von Entscheidungen einreihe, die die große Koalition zum Nachteil der | |
Opposition getroffen habe. | |
## CDU erinnert sich nicht | |
Birkner verweist auf die stellvertretenden Landtagspräsidenten. Die SPD | |
trat damals einen Sitz an die Grünen ab. Die CDU gab die beiden ihr | |
zustehenden Stellvertreterposten an Männer aus den eigenen Reihen. Die FDP | |
ging leer aus. Aber auch die Grünen sind verärgert. Im Kuratorium der neu | |
gegründeten niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung, [2][in | |
dem alle Fraktionen des Parlaments sitzen] (taz berichtete), gingen sowohl | |
der Posten der Vorsitzenden als auch der des Stellvertreters an SPD und | |
CDU. | |
In der vergangenen Legislaturperiode hatte die damals oppositionelle CDU | |
den Vizeposten inne. „Das fand ich damals zielführend“, sagt die | |
Abgeordnete Julia Hamburg von den Grünen. So sei nach außen signalisiert | |
worden, dass die Landeszentrale nicht „im Sinne der Regierung“ arbeite, | |
sondern überparteilich sei. Nun habe sich die CDU daran aber nicht mehr | |
erinnert. | |
Jens Nacke, der parlamentarische Geschäftsführer der CDU-Fraktion, kann | |
nicht erkennen, „worin FDP und Grüne jetzt die Benachteiligung sehen“. | |
Solche Posten im Messebeirat oder der Landeszentrale würden nach der Größe | |
der Fraktionen besetzt. „Das waren immer zwei Vertreter von der SPD und | |
zwei von der CDU“, sagt Nacke. Sonst sei allerdings immer eine der Parteien | |
in der Opposition gewesen. „Aber das ist kein Oppositionsrecht, weil es | |
hier nicht um die Kontrolle der Landesregierung geht“, sagt der | |
Abgeordnete. Auch bei der Landeszentrale hätten die größten Fraktionen die | |
beiden Posten bekommen. | |
## Regierung will die Verfassung nicht ändern | |
Posten sind allerdings nicht der einzige Streitpunkt. Grüne und FDP können | |
derzeit nur Akteneinsicht fordern, einen parlamentarischen | |
Untersuchungsausschuss einberufen oder eine Normenkontrollklage erheben, | |
wenn sie sich mit der AfD zusammentun. Sonst erreichen sie das | |
erforderliche Fünftel der Stimmen nicht. | |
Grüne und Liberale würden deshalb gern die Landesverfassung ändern und das | |
Quorum auf ein Sechstel der Abgeordneten senken. SPD und CDU wollen den | |
beiden Oppositionsparteien zwar entgegen kommen, eine Verfassungsänderung | |
lehnen sie aber ab. Stattdessen soll es eine „öffentliche Vereinbarung | |
geben“, in der sich die Regierungsfraktionen verpflichteten, der Opposition | |
die fehlenden Stimme zu leihen, sagt der parlamentarische Geschäftsführer | |
der SPD, Wiard Siebels. In dieser Woche solle der Entwurf für die | |
Vereinbarung an Grüne und FDP gehen. | |
Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Helge Limburg, ist darauf | |
gespannt: „Die Vereinbarung muss sicherstellen, dass wir effektiv unsere | |
parlamentarischen Kontrollrechte ausüben können“, sagt Limburg. „Wir dür… | |
nicht vom Wohlwollen der Koalition abhängig zu sein.“ | |
5 Jun 2018 | |
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## AUTOREN | |
Andrea Maestro | |
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