# taz.de -- Milliarden mehr für EU-Haushalt geplant: Deutschland soll zahlen | |
> Durch den Brexit klafft im europäischen Haushalt künftig eine | |
> Milliardenlücke. Länder wie Deutschland und Österreich sollen sie | |
> ausgleichen. | |
Bild: Lückenfüller Günther Oettinger | |
BRÜSSEL dpa/afp | Deutschland und die anderen EU-Staaten sollen nach Plänen | |
von EU-Kommissar Günther Oettinger künftig deutlich mehr Geld in den | |
europäischen Gemeinschaftshaushalt einzahlen. Insgesamt gehe es für | |
Deutschland – einschließlich des Inflationsausgleichs – um elf bis zwölf | |
Milliarden Euro zusätzlich pro Jahr, sagte Oettinger am Mittwoch der ARD. | |
3,5 bis 4 Milliarden Euro davon seien notwendig, um die zu erwartende | |
Brexit-Lücke im Budget zu schließen und neue Aufgaben in Bereichen wie | |
Migration, Grenzschutz und Terrorbekämpfung zu finanzieren. | |
So will die EU-Kommission zum besseren Schutz vor illegaler Migration die | |
europäische Grenzschutzagentur Frontex deutlich aufstocken. Oettinger | |
schlug am Mittwoch in Brüssel einen Ausbau von derzeit 1200 auf 10 000 | |
Mitarbeiter bis Ende 2027 vor. „Wir müssen wissen, wer zu uns kommt.“ | |
Nach den jüngsten von der EU veröffentlichten Daten zahlte Deutschland 2016 | |
rund 23,2 Milliarden Euro in den Gemeinschaftshaushalt ein und war damit | |
der mit Abstand größte Beitragszahler. Die Bundesregierung hat bereits | |
angekündigt, grundsätzlich zu höheren Beiträgen zum EU-Haushalt bereit zu | |
sein – allerdings unter dem Vorbehalt, dass die EU sich auf „Aufgaben der | |
Zukunft mit europäischem Mehrwert“ konzentriert. Die Höhe der Zahlungen | |
richtet sich nach der Wirtschaftsleistung. | |
Die deutschen Zahlen sind Teil eines Vorschlags, den Oettinger am frühen | |
Nachmittag [1][zur EU-Finanzplanung] für den Zeitraum 2021 bis Ende 2027 | |
vorstellen will. Schwierig ist sie vor allem wegen des von Großbritannien | |
geplanten EU-Austritts. Das Land zahlte bislang als sogenannter Nettozahler | |
immer deutlich mehr Geld in den EU-Haushalt ein, als es wieder herausbekam. | |
Nach Berechnungen Oettingers würden deswegen künftig ohne Zusatzeinnahmen | |
pro Jahr mindestens zwölf Milliarden Euro fehlen. | |
Kritik an Oettingers Plänen für höhere Beitragszahlungen der verbleibenden | |
Mitgliedstaaten kommt unter anderem aus Österreich. Der österreichische | |
Bundeskanzler [2][Sebastian Kurz] sagte der Deutschen Presse-Agentur, der | |
Kommissionsvorschlag sei weit davon entfernt, akzeptabel zu sein. „Unser | |
Ziel muss sein, dass die EU nach dem Brexit schlanker, sparsamer und | |
effizienter wird“, sagte er. Diesem Ansatz trage die Kommission nicht | |
ausreichend Rechnung. | |
## Verhandlungen über Finanzrahmen | |
Positiv sei allerdings, dass es einen verstärkten Fokus auf einen | |
ordentlichen Außengrenzschutz sowie auf Themen wie Innovation, | |
Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Umwelt geben solle, ergänzte Kurz. „Die | |
EU muss nach dem Subsidiaritätsprinzip auf Bereiche setzen, wo europäische | |
Zusammenarbeit sinnvoll ist.“ | |
Oettinger verteidigte das Vorhaben, die Ausgaben insgesamt steigen zu | |
lassen, obwohl sich die EU mit einem Austritt Großbritanniens verkleinert. | |
Sieben Jahre bedeuteten zwölf Prozent Inflation, im Vergleich zur Periode | |
bis 2020 seien zudem Gehälter und Baukosten gestiegen. Insgesamt sehe er | |
eine Balance gewahrt zwischen denen, die mehr einzahlen sollen, und anderen | |
Ländern, sagte er im ARD-„Morgenmagazin“. | |
Auf Basis des Kommissionsvorschlags werden in den kommenden Monaten die | |
EU-Mitgliedstaaten über den Finanzrahmen verhandeln. Die Entscheidung über | |
ihn muss am Ende einstimmig fallen. Oettinger fordert von den | |
Mitgliedstaaten Kompromissbereitschaft bei den Verhandlungen. Die EU könne | |
bei dem Thema ihren Zusammenhalt unter Beweis stellen, sagte er am | |
Mittwoch. | |
## Faire Lastenteilung gefordert | |
Bundesfinanzminister Olaf Scholz und Außenminister Heiko Maas (beide SPD) | |
haben für die EU-Finanzen im nächsten Jahrzehnt „eine faire Lastenteilung“ | |
zwischen den Mitgliedstaaten gefordert. Der von der EU-Kommission | |
vorgelegte Vorschlag für den EU-Finanzrahmen von 2021 bis 2027 sei „ein | |
wichtiger erster Schritt“, erklärten die Minister am Mittwoch in Berlin. | |
Sie verwiesen aber darauf, dass Deutschlands Mitgliedsbeiträge schon allein | |
durch Wachstum und Inflation um „bis zu zehn Milliarden Euro pro Jahr“ | |
steigen würden. | |
Ziel müsse es sein, die Handlungsfähigkeit der EU „für die nächsten sieben | |
Jahre nachhaltig zu stärken“, erklärten die Minister. „Deshalb setzen wir | |
uns mit Nachdruck für eine grundlegende Modernisierung der EU-Ausgaben | |
ein.“ Hier müsse die EU „die richtigen Schwerpunkte setzen“ und Ausgaben | |
„noch konsequenter auf einen europäischen Mehrwert hin ausrichten“. Sie | |
nannten dabei den Schutz der EU-Außengrenzen und die Verteidigungspolitik. | |
2 May 2018 | |
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