# taz.de -- Ökonom über EU-Haushaltsgipfel: „Die EU muss Google & Co besteu… | |
> Die EU verhandelt über ihren neuen Haushalt. Ökonom David Rinaldi fordert | |
> eigene Einnahmen durch Steuern auf die Gewinne von Google oder Amazon. | |
Bild: Ein Google-Auto in Wien: Trotz gigantischer Umsätze zahlt der Konzern ka… | |
Die EU steigt in die Verhandlungen über den neuen Haushaltsplan ab 2020 | |
ein. Was halten Sie von den Vorschlägen von EU-Kommissar Günther Oettinger? | |
David Rinaldi: Bisher liegt noch kein fertiger Entwurf vor, die | |
EU-Kommission ist auf der Suche nach zündenden Ideen. Was Oettinger | |
vorgeschlagen hat, läuft auf eine Kürzung aller Budgetposten hinaus, mit | |
Ausnahme der Bildungs- und Forschungsprogramme Erasmus plus und Horizon | |
2020. Dadurch würde die vom EU-Budget eigentlich gewollte Umverteilung | |
gestoppt und die wachsende Ungleichheit in den 28 EU-Staaten weiter | |
verstärkt. | |
Gäbe es Alternativen? Bisher heißt es, der Brexit mache Einschnitte | |
unvermeidlich. | |
Ja, es gibt durchaus Alternativen. Die Budgetberatungen sind eine gute | |
Gelegenheit für eine Neuausrichtung der EU-Politik. Ein Schwerpunkt sollte | |
dabei auf Investitionen und Konvergenz liegen. Bisher wird die | |
wirtschaftliche Annäherung nur durch die sogenannten Konvergenzkriterien im | |
Stabilitätspakt für den Euro definiert, also durch Abbau der Defizite und | |
eine „Konsolidierung“ der nationalen Finanzen. Echte Konvergenz, also | |
wirtschaftliche Annäherung, lässt sich aber nur durch Investitionen in das | |
Humankapital, Innovationen und höhere Produktivität erreichen. | |
Die Niederlande und Österreich sind gegen eine Erhöhung des EU-Budgets; wo | |
soll das Geld denn herkommen? | |
Die EU muss endlich eigene Einnahmequellen erschließen, um sich von den | |
Mitgliedsstaaten unabhängiger zu machen. Die beste Lösung wäre eine „web | |
tax“, also eine Steuer auf die Gewinne von Internetgiganten wie Amazon, | |
Apple oder Google. Das gibt es noch nicht auf dem nationalen Level. Man | |
nimmt den Finanzministern also kein Geld weg, und schafft einen echten | |
europäischen Mehrwert. | |
Und was wird aus der Finanztransaktionssteuer? Bisher galt sie ja als | |
Favorit für neue, sozial verträgliche EU-Ressourcen… | |
Natürlich brauchen wir diese Steuer, ökonomisch ist sie weiter sinnvoll. | |
Doch politisch ist sie gescheitert, ich würde deshalb nicht mehr darauf | |
setzen. | |
Angenommen, das EU-Budget würde erhöht – wofür sollten die zusätzlichen | |
Mittel verwendet werden? Für Grenzschutz und Verteidigung? | |
Das Geld für Sicherheit und Grenzkontrollen sollte nicht unsere größte | |
Sorge sein. Bisher fließen dahin nur 0,2 Prozent der EU-Mittel. Das ist | |
lächerlich wenig und wird sicherlich aufgestockt. Für eine progressive | |
Neuausrichtung würde ich aber andere Prioritäten setzen. So könnte man sich | |
auf die Ziele der Lissabon-Strategie besinnen und in die | |
Wissensgesellschaft investieren. Lebenslanges Lernen und eine aktive | |
Arbeitsmarktpolitik – Europa muss endlich in seine Menschen investieren! | |
Was halten Sie davon, EU-Mittel an Voraussetzungen wie die | |
Rechtsstaatlichkeit oder die Solidarität in der Flüchtlingspolitik zu | |
binden? | |
Das ist längst überfällig. Genau wie wir die Maastricht-Kriterien haben, | |
die über den Stabilitätspakt für den Euro überwacht werden, brauchen wir | |
auch einen Mechanismus zur Einhaltung der Kopenhagen-Kriterien, bei denen | |
es um Rechtsstaat und Menschenrechte geht. Es kann nicht sein, dass diese | |
Kriterien beim EU-Beitritt ein einziges Mal geprüft werden und dann nie | |
wieder. | |
Würde das Länder wie Ungarn oder Polen nicht noch mehr von der EU | |
entfremden? | |
Kurzfristig ja. Aber wir brauchen einen Rahmen, damit Rechtsstaatsverstöße | |
künftig nicht mehr möglich sind. Das sollte eigentlich eine | |
Selbstverständlichkeit sein. | |
23 Feb 2018 | |
## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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