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# taz.de -- Kolumne Wir retten die Welt: Ein Königreich fürs Klima
> Prinz Harry heiratet und schon wird gefordert, die Monarchie
> abzuschaffen. Falsch: Wo Adlige regieren, ist die Öko-Herrschaft nicht
> weit.
Bild: Blaues Blut und CO2-Reduktion: So sehen echte Klimaschützer aus
Für Samstag ist alles bereit: Die roten Becher aus London mit „Keep Calm
and Carry On“ sind geputzt, Fish ´n Chips schlummern in der Tiefkühltruhe,
irgendwo muss noch ein Union Jack im Schrank sein. Wenn Henry Charles
Albert David of Wales und Rachel Meghan Markle sich ihr Ja-Wort zuhauchen,
werden wir wie 3 Milliarden Andere gerührt vor dem Fernseher hocken.
Die Nummer 6 der britischen Thronfolge gilt als so shockingly modern, dass
er Einladungen zur Hochzeit per email verschickt, öffentlich über seine
Depressionen redet und eine geschiedene Frau aus einer afro-amerikanischen
Familie heiratet, die als Feministin gilt. Was will man mehr? Die
Abschaffung der Monarchie, sagt unser Freund L. „Die Königshäuser verbraten
unsere Steuergelder für ihren Luxus. Wir brauchen diese Adligen nicht.“
Das sehe ich anders. Und nicht nur, weil seit Schönhuber und Trump der
Begriff „Republikaner“ zum Schimpfwort geworden ist. Nein, viele Royals
weltweit haben einen großen Vorteil: Ihre Länder sind ganz weit vorn beim
Klimaschutz, eine sanfte Spielart der Öko-Diktatur. Warum auch immer.
## Umweltschutz im Auftrag Ihrer Majestät
Die Zahlen sprechen für sich. Beziehungsweise für die Monarchie. In Europa,
so muss man das sagen, wird Klimaschutz von seiner oder ihrer Majestät
gemacht. Das Vereinigte Königreich: Beste Industrienation bei der
CO2-Minderung mit satten 42 Prozent, Kohleausstieg und Klimagesetz.
Schweden unter Carl Gustav XVI: Hoher CO2-Preis, klimaneutral bis 2045. Das
Königreich Norwegen: lebt vom Öl, finanziert aber weltweit alles Grüne und
hat 100 Prozent Ökostrom.
So geht es weiter: Unter Königin Margrethe II. ist Dänemark Weltmeister
beim Windmüllern. Das Haus Oranje hat sich klimapolitisch praktisch
totalgedämmt und treibt die Niederlande zu scharfen Klimazielen. Selbst im
popeligen Monaco gibt sich Fürst Albert als grüner Potentat. Von der
letzten absoluten Monarchie mit Anspruch auf Weltherrschaft mit ihrem
radikalen Ökoherrscher und Kapitalismus-Kritiker ganz zu schweigen, dem
Vatikan.
Wo „das Volk“ herrscht dagegen: Oje. In Deutschland ist „Sonnenkönig“ …
„Solarworld“-Chef Frank Asbeck gleich mehrfach vom Hof gejagt worden. Die
USA ruinieren das Klima, obwohl sie zu einem Absolutismus mit goldenen
Vorhängen degenerieren. Polen, Ungarn, Tschechien könnten schon aus
Umweltgründen einen König gebrauchen. Die angeblichen Volksbefreier in
Nicaragua, Venezuela oder Bolivien gehören zu den größten Bremsern in der
globalen Umweltpolitik. Der Kaiser von China würde sicher auch mehr zur
Weltrettung unternehmen als die Kommunisten. Und Emmanuel Macron plädiert
zwar dafür, den Planeten „great again“ zu machen. Aber Monsieur le
President im vergoldeten Elysée-Palast ist ja eigentlich auch ein König.
## Unter den Top 5 der Klimaschützer: 4 Monarchien
Adel verpflichtet offenbar. Das sagt auch der „Klimaschutzindex“ der
Expertentruppe von Germanwatch, die jährlich die Klimapolitik der
wichtigsten Staaten beurteilen. Auf den ersten fünf Plätzen: Vier
Monarchien. Schweden, dann Litauen (ok, Ausnahme), Marokko, Norwegen,
Großbritannien. Weltweit wird nur jeder fünfte Staat von Königinnen,
Emiren, Herzögen oder Sultaninen regiert – aber in der Bestenliste der
Klimaregenten steht es zwischen Monarchie und Demokratie 4:1.
Das ist erstaunlich. Denn eigentlich schützen Demokratien die Umwelt besser
als Alleinherrscher. Wo das Volk regiert, finden sich im Allgemeinen mehr
Offenheit und Kritik und weniger Korruption. Eine kräftige
Zivilgesellschaft, die den Herrschenden auf die Finger schaut, ist die
beste Voraussetzung für grüne Entwicklung.
Warum also dieser Vorteil für die Blaublüter? Manche Monarchen können
Steuern erhöhen oder Solarstrom in die Wüste bauen, ohne ihr Volk zu
fragen. Bei anderen ist der König nur der Grüßaugust, der sich wie Prinz
Charles auch mal gern als Bio-Bauer oder besorgter Jäger um die Natur
sorgt. Vielleicht sind Länder eher bereit, für das große Ganze etwas zu
tun, wenn sie eine Königsfamilie haben? Oder es ist schierer Zufall.
Jedenfalls gibt es genügend Stoff zum Nachdenken, wenn Harry und Meghan
total dekarbonisiert per Kutsche durch Windsor zuckeln. Darüber, dass
weltweit nur ein Land (Bhutan) den Fortschritt am „Bruttonationalglück“
misst – und dass dieses Land von einem König regiert wird. Und wir können
im royalen Jubel einfach vergessen, dass auch Noblesse nicht vor Torheit
schützt. Ganz ganz ganz unten auf dem „Klimaschutzindex“ steht nämlich au…
eine Monarchie: Saudi Arabien.
18 May 2018
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Monarchie
Schwerpunkt Klimawandel
Prinz Harry
Bhutan
Meghan Markle
Großbritannien
UN-Klimakonferenz
Günther Oettinger
Queen Elizabeth II.
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