# taz.de -- Bruttonationalglück in Bhutan: Nur Reiche kommen in den Himmel | |
> In Bhutan wird nicht das Bruttosozialprodukt, sondern das | |
> „Bruttonationalglück“ gemessen. Das lacht indes nicht für alle Menschen | |
> gleich. | |
Bild: Die 50 Meter hohe vergoldete Buddha Dordenma Statue in Thimphu ist Pilger… | |
Eine Lichtung am Stadtrand der Hauptstadt Thimphu: Lauter Jubel ist zu | |
hören. Es ist Sonntag, und viele Bhutaner treffen sich zum Kuru, neben | |
Bogenschießen der Nationalsport des Landes. Bei diesem | |
Geschicklichkeitsspiel, das auf das 18. Jahrhundert zurückgeht, treten zwei | |
Mannschaften gegeneinander an. Schwere Pfeile werden 30 Meter weit auf eine | |
Zielscheibe geschleudert. Alle machen sich einen Spaß, den Gegner bei | |
Fehlwürfen mit Derwisch-ähnlichen Tänzen und Spottversen zu ärgern. Dabei | |
fließt reichlich Alkohol. Auch Hochprozentiges. Das friedliebende Bergvolk | |
der Bhutaner kann also auch anders, als immer nur nett zu sein. | |
„Let’s go-la!“ – unser ständiger Begleiter Sonam Loday treibt zur Eile… | |
zweibuchstabige Höflichkeitsfloskel wird in der Nationalsprache Dzongkha | |
gern benutzt. Jetzt soll sie uns milde stimmen. Der sportliche 36-Jährige | |
begleitet uns. Denn ohne vorheriges Reisearrangement mit Tourguide, | |
Übersetzer und Fahrer wird niemand aus Übersee ins Land gelassen. 250 | |
US-Dollar „Eintrittsgeld“ pro Tag und Tourist verlangt das kleine | |
Königreich – Unterkunft, Transport und Begleiter inbegriffen. | |
Wir sind mit einem Allrad-Geländewagen unterwegs: Große Höhenunterschiede | |
und schmale, steil ansteigende Straßen gehören zum Alltag. Überall am | |
Wegesrand finden sich Glaubenszeichen des Buddhismus, und überall machen | |
sich Horden von Straßenhunden und dösende Kühe breit, denn Buddhisten tun | |
ihrem Glauben gemäß keiner Fliege etwas zuleide, geschweige denn einem Hund | |
oder Menschen. | |
Zehn Prozent der 770.000 Einwohner Bhutans sind Mönche. Wie viele Bhutaner | |
war auch unser Begleiter Sonam auf einer Klosterschule. Betritt er einen | |
Tempel, fällt er wie vom Blitz getroffen auf den Boden und senkt dreimal | |
Stirn und Brust symbolisch vor Buddha. Der allgegenwärtige Naturglaube und | |
die religiöse Hingabe wirken auf unsere technologieversessene Welt wie ein | |
spiritueller Befreiungsschlag. Immer mehr Reisegruppen machen sich in das | |
Himalajareich auf. | |
## Grüne Energie | |
Mitten in Thimphu regelt ein Polizist mit weißen Handschuhen und anmutigen | |
Armbewegungen den Verkehr auf dem zentralen städtischen Knotenpunkt. Der | |
Dancing Policeman ist sogar als Sehenswürdigkeit in Reiseführern vermerkt. | |
Thimphu ist weltweit die einzige Hauptstadt ohne Ampel. Die Fahrbahn ist | |
staubig, am Straßenrand blühen bunte Blumen. Noch ist die Hauptstadt | |
Bhutans mit 100.000 Einwohnern recht klein, aber sie wächst schneller als | |
fast alle asiatischen Städte. | |
Gleichzeitig hat das Land eine außergewöhnliche Bilanz vorzuweisen: Knapp | |
30 Prozent der Staatseinnahmen werden mit der Stromgewinnung durch | |
Wasserkraft erwirtschaftet: „grüner Strom“, produziert von Kraftwerken, die | |
entlang der Gebirgsflüsse liegen. Tendenz steigend. Indien ist seit Jahren | |
der größte Abnehmer des Stroms. Das schafft Abhängigkeiten, die in Bhutan | |
zuweilen als beengend empfunden werden, schließlich sei Bhutan ein Staat | |
ohne große ökonomische Ressourcen und Bodenschätze, ohne Militär, | |
eingezwängt zwischen den Großmächten Indien und China. | |
„Der Strom, der durch Wasserkraftwerke erzeugt wird, bringt dringend | |
benötigte Devisen ins Land“, erklärt Chhewang Rinzin, Generaldirektor von | |
Druk Green Power Corporation. Das staatliche Unternehmen ist für die | |
Stromerzeugung in Bhutan verantwortlich. | |
Für das kleine Bhutan ist diese Form nachhaltiger Energiegewinnung der | |
wichtigste Wirtschaftszweig. Industrie gibt es kaum. Energiegewinnung, | |
Tourismus und ein wenig Export von Agrarprodukten wie Äpfel sind die | |
einzigen Devisenquellen des Landes. 85 bis 90 Prozent aller Dinge des | |
täglichen Lebens müssen importiert werden – vornehmlich aus Indien. | |
## Tourismus ist die zweitgrößte Einahmequelle | |
Das Königreich ist Vorreiter, wenn es gilt, natürliche Ressourcen zu | |
bewahren – nicht nur in Asien. Zu diesem Ergebnis kommt der „Climate Action | |
Tracker“, eine englischsprachige Internetseite, auf der die globale | |
Erwärmung der Erde betrachtet werden kann – erstellt unter anderem von | |
renommierten Institutionen wie dem Potsdam-Institut für | |
Klimafolgenforschung. Demnach ergreifen bislang nur acht Staaten – darunter | |
Bhutan – ausreichende Maßnahmen, um die globale Erderwärmung auf unter 2 | |
Grad Celsius zu begrenzen, wie es das Pariser Klimaabkommen verlangt. | |
Die grüne Energiegewinnung ist noch aus einem anderen Grund wichtig für | |
Bhutan: Die Regierung will den Tourismus steigern. Dafür und für neue | |
Infrastrukturprojekte braucht das Land billige Energie. Tourismus und | |
Stromwirtschaft arbeiten eng zusammen. | |
Nur ein paar Häuserblocks von der Druk Green Power Corporation entfernt hat | |
Dorji Dhradhul sein Büro. Auch er ist ein vielgefragter Mann. Als Chef des | |
Tourismusrates fungiert er praktisch als Tourismusminister des Landes. Sein | |
Gho, die Nationaltracht für Männer, ist aus edler, changierender | |
Schurwolle, darunter lugt ein blaues Business-Hemd hervor. An seiner Brust | |
prangt ein Foto-Anstecker mit einem beliebten Königsmotiv – darunter ist zu | |
lesen: „Taking Tourism to the Top.“ Schon jetzt ist der Tourismus | |
zweitwichtigste Einnahmequelle für den Staatshaushalt. Und Minister | |
Dhradhul hat ehrgeizige Pläne – nämlich aus Bhutan eine Luxusdestination zu | |
machen. | |
Erst in den 1970er Jahren wurde Bhutan für eine begrenzte Anzahl Touristen | |
geöffnet. „Das war anlässlich der Krönung des vierten Königs“, präzisi… | |
Dhradhul. Es sei der Startschuss für den Tourismus gewesen. Und die | |
Staatsdoktrin sei damals schon „high value – low volume“ gewesen: | |
zahlungskräftige Urlauber in geringer Zahl. Das ist auch heute noch die | |
Tourismusstrategie. Low-Budget-Rucksacktouristen können sich den Aufenthalt | |
nicht leisten. | |
„Bhutan ist ein Shangri-la. Der Himmel steht allen offen, aber nicht jeder | |
schafft es in den Himmel – nur wer Gutes getan hat!“ Der Himmel auf Erden | |
ist also nach Meinung des Tourismuschefs nicht für jedermann zugänglich. | |
Prinzipiell aber für jeden, der es sich leisten kann. Das sei ja im | |
Christentum mit seiner Gegenüberstellung von Himmel und Hölle auch so: „Wer | |
sich nicht verdient gemacht hat, hat kein Recht auf den Himmel. Das ist | |
vielleicht nicht fair, aber dann ist das Konzept des Himmels auch nicht | |
fair, oder?“ Das sei zwar eine schöne Metapher, entgegnen wir und wenden | |
ein: Warum nur reiche Menschen in den Himmel kommen, also nach Bhutan | |
reisen dürfen. Dorji Dhradhul muss lachen. | |
Der Preis für die langsame und umweltfreundliche Entwicklung: Bhutans | |
wirtschaftliche Situation ist schwierig, es gibt eine hohe | |
Jugendarbeitslosigkeit, die Auslandsschulden sind enorm. Auch wenn man es | |
auf den ersten Blick nicht bemerkt: In der Hauptstadt Thimphu leben viele | |
Menschen in Armut. Darauf weist Karma Phuntsho hin, der sich intensiv mit | |
der sozial-ökonomischen Geschichte des Landes beschäftigt hat. Der 53 Jahre | |
alte Historiker hat an den Universitäten von Cambridge und Oxford studiert: | |
Er empfängt uns in seinem Wohnhaus. Überall stehen dicke Bücher in Regalen. | |
Seine fast 700 Seiten starke Abhandlung „History of Bhutan“ gilt als einzig | |
vollständige Geschichte des Landes in englischer Sprache. | |
Für ihn ist die Staatsdoktrin, die das Bruttonationalglück in den | |
Mittelpunkt stellt, kein Allheilmittel. Im Gegenteil, er prangert die | |
schlechte Versorgungslage in seinem Land an. Jeder brauche schließlich ein | |
Minimum an Wasser, Nahrung und medizinischer Versorgung, um glücklich zu | |
sein. | |
Im Westen gebe es zahlreiche Irrtümer über Bhutan, sagt Phuntsho. „Viele | |
sehen unser Land als Shangri-La, als das glücklichste Land der Welt. Aber | |
das ist nicht der Fall.“ Acht bis zehn Prozent aller Bhutaner lebten in | |
bitterer Armut, resümiert der Historiker. | |
Zum selben Ergebnis kommt auch eine Studie des US-amerikanischen Markt- und | |
Meinungsforschungsinstituts Gallup. Der „Weltglücksbericht“ wird jährlich | |
im Auftrag der Vereinten Nationen herausgegeben und enthält eine Rangliste | |
zur Lebenszufriedenheit verschiedener Länder der Welt. Berücksichtigt | |
wurden außerdem Faktoren wie Bruttoinlandsprodukt, Lebenserwartung und | |
Korruption in Regierung und Wirtschaft. Von 156 untersuchten Ländern liegt | |
Bhutan 2019 nur im unteren Mittelfeld und rangiert auf Platz 95. | |
2008 wurde aus Bhutans absolutistischer Monarchie eine konstitutionelle. Es | |
war keine Volksbewegung, die den König zum Abdanken zwang, sagt Phuntsho, | |
sondern freiwilliger Machtverzicht. Der Historiker erklärt diesen | |
Systemwechsel mit dem Konzept des weisen und vorausschauenden Herrschers, | |
der aus den revolutionären Umstürzen der europäischen Geschichte gelernt | |
habe. Seitdem sind die Wähler experimentierfreudig: In den drei bisherigen | |
Wahlen wechselten sie stets von einer Partei zur nächsten. | |
Das wertet der Historiker als Unzufriedenheit. „Für eine Nation, die | |
politisch, sozial, wirtschaftlich überleben will, bedarf es mehr, als sich | |
nur auf eine einzelne Person zu verlassen.“ Heute mag Bhutan einen | |
wunderbaren König haben. Aber wer weiß schon, wer König in 50 Jahren sein | |
wird und ob das Land sich dann noch auf einen weitsichtigen, edlen Führer | |
stützen kann. | |
1999 war es ein Paukenschlag, als die erste Fernsehsendung über einen | |
Bildschirm in Bhutan flimmerte. Erst 13 Jahre später folgte der zweite | |
TV-Kanal. Fernsehen, Smartphone, Internet und soziale Netzwerke – das | |
digitale Zeitalter hat mittlerweile bis in die entferntesten Täler Einzug | |
gehalten. | |
## Die engagierte Journalistin | |
In Bhutan ist sie ein Star. Die 35-jährige Journalistin Namgay Zam | |
moderierte bis vor Kurzem täglich im staatlichen Fernsehprogramm die | |
Abendnachrichten. Als Anchorwoman verkörperte und verkündete sie die | |
Öffnung des Landes für westliche Ideen. Heute ist sie die Vorsitzende des | |
Journalistenverbandes. | |
„Die ganze Welt schlägt sich mit Fake News herum – auch wir in Bhutan.“ | |
Während Zam und ihre Kollegen mediale Entwicklungshilfe im Zeitraffer | |
leisten, öffnet die Digitalisierung gleichzeitig das Land für Fake News und | |
Gewaltverherrlichung. Eine weitere Gefahr sieht Namgay Zam im sogenannten | |
Sensationsjournalismus. Denn die meisten Einwohner können Schlagzeilen und | |
Bilder nicht richtig einschätzen. Unerfahrene Reporter können hier großen | |
Schaden anrichten. | |
Namgay Zam nimmt kein Blatt vor den Mund. Ihre Artikel, die sie in | |
Zeitungen oder im Netz veröffentlicht, zeigen Wirkung: So hat sie den | |
Erfahrungsbericht einer jungen Frau veröffentlicht, deren Familie wegen | |
Zahlungsausständen von einem einflussreichen Geschäftsmann bedrängt wurde. | |
In der Folge begann eine der ersten Debatten über den Zustand der jungen | |
Demokratie. | |
„Kontroversen um den Zustand der konstitutionellen Monarchie, um Korruption | |
und die Gleichheit der Bürger vor Gericht haben sich ins Internet | |
verlagert“, sagt Zam. Es seien besonders frustrierte Jugendliche, die mit | |
den streng kodifizierten und hierarchisch geregelten Umgangsformen der | |
buddhistischen Gesellschaft brechen. | |
Seit es Fernsehen und Internet gibt, ist die Suizidrate laut | |
Weltgesundheitsorganisation sprunghaft gestiegen. „Hier laufe doch alles | |
prima, heißt es. Wie kann man da unglücklich sein?“, fragt die | |
Journalistin. „Und was, wenn du keine perfekte Familie hast, keine perfekte | |
Ausbildung und nicht die besten Lehrer? Unglücklich darfst du ja nicht | |
sein.“ | |
Was also tun? Man lenke sich ab und suche Trost in Alkohol oder anderen | |
Drogen. Zams Antwort auf die Frage, warum sich vor allem junge Bhutaner das | |
Leben nehmen: „Es gibt bei uns einen Zwang, glücklich zu sein!“ | |
## Der Schweizer Architekt | |
Was überall in Bhutan ins Auge fällt, ist die Architektur. Das alte | |
Bauernhaus, die Klosteranlage, das moderne Flughafengebäude oder das | |
Wohnhaus weisen ähnliche Architekturelemente auf: weiß getüncht mit Erkern, | |
Veranden, Dächern und Loggien aus Holz. | |
„Bhutan hat eine gewaltig faszinierende Holzbau-Architektur“, sagt Peter | |
Schmid. Der Schweizer Architekt lebt seit über einem Vierteljahrhundert in | |
Bhutan. Für seine Verdienste, die alte bhutanische Architektur zu erhalten, | |
hat er sogar die Staatsbürgerschaft des Königreiches verliehen bekommen. | |
Eine seltene Ehre, denn den Pass Bhutans haben nur 10 Ausländer bislang | |
erhalten. Bei 770.000 Einwohnern ist Bhutan vermutlich das Land mit der | |
geringsten Einbürgerungsquote der Welt! | |
Die traditionellen, meist ein- oder zweigeschossigen Wohnhäuser bestehen | |
aus Stampflehm, manchmal werden auch Bruchsteine benutzt. Baustoff Nummer | |
eins ist Holz, erklärt Peter Schmid. Die oft aufwendigen | |
Holzkonstruktionen werden durch komplexe Verfugungen und Holzverbindungen | |
gehalten. Keine Nägel oder Schrauben kommen zum Einsatz. | |
An den Fassaden der Wohnhäuser, die nach dem Willen von König und Regierung | |
ausschließlich im traditionellen Stil errichtet werden dürfen, erblickt man | |
die wimmelnde Ikonografie des Buddhismus. Selbst die modernsten Gebäude | |
sind bunt bemalt und mit Schnitzwerk verziert, werden mit Lotosblumen, | |
Muschelhörnern, Siegesbannern, Endlosknoten und den anderen Glückssymbolen | |
Buddhas geschmückt oder von Löwen, Tigern, Leoparden, Drachenschnitzereien | |
mit grimmigen Gesichtern bewacht. Und wehe, der Fassadenverzierer vergisst | |
einen der fürchterlichen Wächter, dann ist es um die Seelen der | |
Hausbewohner geschehen. | |
Peter Schmid kommt darauf zu sprechen, was ihm als Architekten Sorge | |
bereitet und im Stadtbild der Hauptstadt unübersehbar ist: „Wenn man | |
Thimphu anschaut, dann wurde alles nur kopiert und in Beton nachgebaut. Die | |
Leute frieren sehr in diesen Häusern.“ | |
Moderne Bauweisen seien auch in Bhutan angekommen, bedauert Schmid. | |
Zugleich würden große Gebäude nicht mehr von den traditionellen | |
bhutanischen Zimmermännern gebaut, sondern von Bauunternehmern. Man möchte | |
modern sein – auch in Bhutan, sagt Schmid. Die Leute würden ihn als | |
Architekten damit beauftragen, ein traditionelles Haus im westlichen | |
Baustil zu entwerfen. Er empfehle aber keinen Betonbau, sondern einen aus | |
Lehm. Der verfüge über eine viel bessere Wärmedämmung, sei | |
umweltfreundlicher und energieeffizienter. Die Kunden wären dann aber | |
enttäuscht, weil das nicht westlich sei. | |
Vor Schmids Haus steht nicht, wie sonst in Bhutan üblich, ein riesiger | |
bunter Phallus aus Holz. Der Brauch geht auf Drukpa Kunley zurück, einen | |
Buddhisten, Gelehrten und umtriebigen Schalk des 15. Jahrhunderts, der bis | |
heute zahllose Anhänger in Bhutan hat. Die Philosophie des eigenwilligen | |
Missionars aus Tibet lässt sich einfach zusammenfassen: Lebenslust geht vor | |
heuchlerischer Moral und Askese. Überall im Land sind die großen Penisse an | |
Hauswände gemalt, die Bhutaner versprechen sich davon Schutz vor Dämonen – | |
vielleicht auch gegen die Dämonen des kulturellen Verlusts? | |
Am Ende unserer Bhutan-Reise nehmen wir den Weg hinauf zur Erleuchtung. Er | |
ist steil und steinig. Das Atmen beim Wandern fällt schwer. In gut | |
dreitausend Meter Höhe, in einer Nische der lotrechten Steilwand, sitzt wie | |
ein Adlerhorst auf seinem engen Felsvorsprung Taktsang, das Tigernest, das | |
berühmteste Kloster Bhutans. | |
Viele Mythen und Legenden ranken sich um das Himmelskloster, das bei Nebel | |
in den Wolken zu schweben scheint: Guru Rinpoche, der den Buddhismus nach | |
Bhutan brachte, habe hier nicht nur den Drachen gezähmt, der in diesem | |
Felsen wohnte. Seine Reinkarnation soll auch im 17. Jahrhundert hierher | |
zurückgekehrt sein und das Kloster in die Felswand gebaut haben. Heute | |
sorgt das Wachpersonal des Klosters dafür, dass jeden Abend alle Besucher | |
wieder den Berg hinabsteigen. | |
Bhutan ist voller Legenden, Götter und Dämonen, voll mystischer Symbolik | |
und Spiritualität. Und unser ständiger Begleiter Sonam wäre nicht Sonam, | |
wenn er nicht auch hier eine eigene Geschichte beisteuern könnte: „Ich habe | |
Guru Rinpoche persönlich getroffen und ihn um seinen Segen gebeten. | |
Eigentlich dürfen wir ihn ja nicht ansprechen, aber ich habe ihn gefragt, | |
wie es ihm geht. Darauf er: Sehr gut, und wie geht es dir? Oh, was war ich | |
glücklich, mit ihm zu sprechen!“ | |
27 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Anja Steinbuch | |
Michael Marek | |
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