# taz.de -- Demokratische Gehversuche: Bhutan wagt seine allerersten Wahlen | |
> Das bisher absolutistisch regierende Herrscherhaus verordnet eine | |
> Demokratisierung von oben. Doch viele nepalesische Einwanderer bleiben | |
> von politischer Partizipation ausgeschlossen | |
Bild: Noch etwas provisorisch: Ein Wahllokal in Pashakha, Bhutan | |
DELHI taz Zum ersten Mal in der Geschichte des abgeschiedenen | |
Himalaja-Königreiches Bhutan sind am Montag Teile des Parlaments von der | |
Bevölkerung direkt gewählt worden. 40 Kandidaten traten in 15 der 20 | |
Landesdistrikte zur Wahl des Oberhauses an. Schon vor Abstimmungsbeginn | |
hätten sich vor vielen der 700 Wahllokale lange Schlangen gebildet, | |
berichteten Beobachter. Rund 313.000 der laut letzter, umstrittener | |
Volkszählung 672.000 Einwohner des zwischen Indien und China gelegenen | |
Landes von der Größe Niedersachsens durften abstimmen. Antreten durften nur | |
parteilose Kandidaten mit Hochschulabschluss. | |
In den übrigen fünf Distrikten, wo es Schwierigkeiten mit der Nominierung | |
von ausreichend Kandidaten gegeben hatte, soll Ende Januar gewählt werden. | |
Fünf weitere Mitglieder der 25-köpfigen Versammlung ernennt der König. Das | |
75-köpfige Unterhaus soll erstmals im Februar und März gewählt werden. | |
Demokratische Abstimmungen waren im April und Mai 2007 mit "Scheinwahlen" | |
geübt worden. | |
König Jigme Singye Wangchuck, 50, hatte den Weg zu einer konstitutionellen | |
Monarchie selbst freigemacht. 2005 hatte er die Wahlen und eine | |
Demokratisierung von oben angekündigt. Ein Jahr später verkündete er die | |
Übergabe der Macht an seinen 27-jährigen Sohn Jigme Khesar Namgyel | |
Wangchuck, einen Absolventen der britischen Eliteuniversität Oxford. | |
Bhutans Wangchuck-Dynastie ist einhundert Jahre alt. | |
Bisher sind in Bhutan jedoch nur zwei regierungsfreundliche Parteien | |
zugelassen. Oppositionsparteien gibt es nur im Exil in Indien und in Nepal. | |
Die Kernforderungen der Opposition sind die Rücknahme eines international | |
kritisierten Staatsbürgerschaftsgesetzes aus dem Jahr 1985 und die | |
Gleichberechtigung aller ethnischen Gruppen. | |
Derzeit wird das Land von der Volksgruppe der Ngalongs dominiert, der auch | |
das Königshaus angehört. Seit Ende des 19. Jahrhunderts waren verstärkt | |
Nepaliesen in den Südteil Bhutans eingewandert, da das Land auf zusätzliche | |
Arbeitskräfte angewiesen war. 1958 wurden die Grenzen offiziell | |
geschlossen, doch der Strom der Einwanderer riss nicht ab. | |
Eine Volkszählung im Jahr 1980 ergab, dass die Nepalesen inzwischen die | |
Bevölkerungsmehrheit stellten. Daher erließ die vom König eingesetzte | |
Regierung 1985 das Staatsbürgerschaftsgesetz, das den Nachweis eines | |
ständigen Wohnsitzes vor dem 31. Dezember 1958 für eine bhutanische | |
Staatsangehörigkeit voraussetzte. Nach Unruhen begann die Armee 1991 damit, | |
die Nepalesen aus dem Süden des Landes zu vertreiben. Ein Großteil von | |
ihnen, rund 90.000 Menschen, lebt noch heute in Flüchtlingslagern in Nepal. | |
Aus Angst vor Anschlägen nepalesischer Maoisten waren Bhutans Grenzen am | |
Wahltag geschlossen worden. | |
1 Jan 2008 | |
## AUTOREN | |
Sascha Zastiral | |
## TAGS | |
Bhutan | |
Wahlen | |
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