# taz.de -- Rohstoffe für Erneuerbare: Windräder und Solar nicht nur öko | |
> Windräder und Solaranlagen gelten als sauber. Nun legt eine Studie | |
> Menschenrechtsverletzungen und Naturzerstörung in Lieferketten nahe. | |
Bild: Die Idylle trügt | |
BERLIN taz | Worauf baut die grüne Energiewende? Eisenerz, Kupfer, Bauxit | |
und seltene Erden sind die wichtigsten Rohstoffe für die Herstellung von | |
Windkraft- und Solaranlagen. Dass deren Förderung häufig unter | |
menschenrechtlich und ökologisch bedenklichen Umständen geschieht, ist | |
längst bekannt. Eine Studie zeigt nun, dass auch Ökoanlagenbauer und | |
-zulieferer die Unbedenklichkeit der Lieferketten für von ihnen benutzte | |
Rohstoffe nicht immer garantieren können. | |
„Damit erneuerbare Energien auch wirklich ‚sauberen‘ Strom liefern, muss | |
auch die Rohstoffbeschaffung frei von Menschenrechtsverletzungen sein“, | |
betont Pirmin Spiegel, Geschäftsführer von Misereor. Laut der Untersuchung | |
der katholischen Hilfsorganisation mussten riesige Flächen Regenwald den | |
brasilianischen Eisenerzminen weichen, die 55 Prozent der deutschen Importe | |
fördern. | |
Die Arbeitsbedingungen in der Branche seien zudem „menschenunwürdig“. | |
Gleichzeitig werde friedlicher Protest hier und in anderen Herkunftsländern | |
häufig gewaltsam unterdrückt. So auch in China. | |
Das Land besitzt weltweit ein Quasimonopol auf seltene Erden, weshalb auch | |
Deutschland laut Studie 2015 etwa 95 Prozent seiner Importe aus dem Reich | |
der Mitte bezog. Der Abbau von Metallen wie Neodym, das in Magneten auch | |
für Windkraftanlagen benötigt werde, gehe für Anwohner*innen mit | |
schwerwiegenden Gesundheitsschäden einher. Lungen-, Haut- oder | |
Krebserkrankungen zeigten dies. | |
## Versäumnisse in der Sorgfaltspflicht | |
Die Beispiele legen den Verdacht nahe, dass ähnliche Zustände auch in | |
anderen Zulieferbetrieben der Ökostromwirtschaft herrschen. Beweise, dass | |
dies so ist, liefert Misereor keine. Jedoch zeigt die Befragung von 21 | |
Anlagenherstellern, Ökostromlieferanten und Metallverarbeitern „klare | |
Versäumnisse bezüglich ihrer Sorgfaltspflicht gegenüber ihrer Lieferkette.“ | |
Enercon, Siemens, Naturstrom & Co. könnten häufig schlicht nicht | |
ausschließen, dass in ihrer Lieferkette Menschenrechtsverletzungen und | |
Umweltschäden auftreten. | |
„Die notwendige Energiewende muss mehr umfassen als den Austausch der | |
Energiequellen“, fordert Spiegel. Die Unternehmen müssten im Einklang mit | |
den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte handeln. Die | |
Politik solle verbindlich einfordern, dass auch für diesen Sektor | |
Transparenz geschafft und menschenrechtliche Risikoanalysen durchgeführt | |
werden. | |
Die Energiewende will Misereor mit der Untersuchung allerdings nicht in | |
Frage stellen. Vielmehr müsse erkannt werden, dass „auch grünes Wachstum | |
[…] nicht der makellose Königsweg aus der globalen Umweltkrise“ ist. | |
Deshalb müsse in Zukunft der Energieverbrauch gesenkt und bestehende | |
Ressourcen effizienter genutzt werden. | |
28 Apr 2018 | |
## AUTOREN | |
Frederik Richthofen | |
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