# taz.de -- Mega-Solarkraftwerk in Ägypten: Es wird die größte Anlage der We… | |
> Ein Solarkraftwerk, das eine so große Menge Strom wie ein AKW erzeugt? In | |
> Ägypten könnte diese Vision nun Wirklichkeit werden. | |
Bild: Arbeit im Schatten für die Zukunft der Sonnenenergie in Benban, April 20… | |
BENBAN taz | Hungrig strecken sich die 14.000 Solarzellen der Sonne | |
entgegen. Scheinbar endlos ziehen sich die Reihen der 200.000 Solar-Module | |
durch die karge Wüstenlandschaft und flimmern in der Hitze. Immerhin so | |
groß wie 50 Fußballfelder ist die Fläche des neuen Benban-Solar-Kraftwerks | |
im südlichen Ägypten, unweit der Stadt Assuan, ein paar Kilometer jenseits | |
des westlichen Nilufers. | |
„1,6 Millionen Tonnen CO2 werden hier eingespart und 20.000 Haushalte | |
werden mindestens für 25 Jahre mit Strom versorgt“, schwärmt Anton Milner, | |
Geschäftsführer der Berliner Firma ibvogt, die das Projekt entwickelt hat. | |
Er steht bei der Einweihung der Anlage Mitte März im Schatten eines der | |
Module, die durch die Kooperation des deutsch-ägyptischen Privatsektors | |
errichtet worden sind. Die Finanzierung wird mit deutschen Hermeskrediten | |
abgesichert. Das Projekt soll am Ende durch einen zeitlich festgesetzten | |
garantierten Abnahmepreis finanziert werden. | |
Doch was bisher zu sehen ist, soll erst der Anfang einer weitreichenden | |
Expansion der Anlage sein. Am Ende soll das Sonnenkraftwerk 40 mal so groß | |
sein und jährlich 1,86 Gigawatt Strom erzeugen – so viel wie ein großes | |
Atomkraftwerk. Aufträge für eine weitere 150 Fußballfelder große Fläche | |
sind schon jetzt vergeben. Weitere Bauarbeiten haben bereits begonnen. Der | |
Rest soll folgen. Wenn die gesamte Fläche einmal mit Solarmodulen | |
vollgebaut ist, soll Benban das größte Solarkraftwerk der Welt sein. | |
Ägyptens Strombedarf wird heute zu 10 Prozent von erneuerbaren Energien | |
abgedeckt. Energieminister Mohamed Shaker erklärt bei der Einweihung des | |
Solarkraftwerks die energiepolitische Vision des Nillandes. „Unser Ziel ist | |
es, dass bis zum Jahr 2035 etwa 37 Prozent unseres Strombedarfs mittels | |
erneuerbarer Energien produziert wird. Aber wir gehen davon aus, dass wir | |
das sogar übertreffen werden und auf 45 Prozent kommen“, sagt Shaker | |
selbstbewusst. | |
## Sonne, Sand und Staub | |
Ob dieser Plan realistisch ist, steht derzeit noch in den Sternen. Aber die | |
Bedingungen für Windenergie am Roten Meer und Sonnenenergie im ganzen Land | |
sind optimal. „Wir haben hier ideale Sonnenverhältnisse und mit die | |
stärkste Sonneneinstrahlung der Welt für Solarenergie“, schwärmt Milner. | |
Doch es gibt auch ein Problem, dass es zu bewältigen gilt. In der Wüste | |
gibt es nicht nur Sonne, sondern auch Sand und Staub im Überfluss. „Wir | |
haben Traktoren mit Reinigungsgeräten und müssen stetig saubermachen“, | |
erklärt Milner. „Als wir die Anlage in Betrieb genommen haben, gab es einen | |
großen Sandsturm – da konnten wir gleich wieder von vorne anfangen“. Wenn | |
nicht regelmäßig gereinigt wird, kann die Anlage schnell 10 bis 15 Prozent | |
ihrer Leistungsfähigkeit einbüßen, sagt er. | |
Alle zwei Wochen kommt der Wassertraktor zur Reinigung an jedem Modul | |
vorbei. Die zahllosen rostigen Wassertankwagen, die man auf dem Weg zur | |
Anlage auf der Sandpiste vorfindet, zeugen von den Problemen. Aber auch für | |
die Reinigung der Solarmodule in der Wüste gibt es Zukunftsvisionen. „Es | |
wird daran geforscht, ob man Drohnen mit Ultraschall einsetzen kann“, | |
erzählt Milner. | |
Bleibt die Frage, ob die Zukunft der ägyptischen Solarenergie | |
ausschließlich in Großkraftwerken wie Benban liegt – oder auch in kleinen | |
Privatanlagen. Milner orakelt, dass es in Ägypten wahrscheinlich am Ende | |
eine Mischung aus großen Anlagen für die Grundversorgung und kleinen | |
Einheiten in Privathaushalten geben wird. Das sei kein Widerspruch, auch | |
wenn es in der ägyptischen Wüste mehr als genug Platz für große Anlagen | |
gibt. | |
## Stromkorridor für die Nachbarländer | |
Vor neun Jahren hat sich ein Konsortium internationaler Konzerne zu der | |
sogenannten Desertec-Initiative zusammengeschlossen. Die Vision: In | |
Nordafrika gigantische Wüstenstrom-Projekte zu initiieren, mit denen auch | |
Europa mit Strom versorgt werden kann. Was mit großem Enthusiasmus begann, | |
verlief dann aber bald im Sand. Man fand keine zufriedenstellende | |
Möglichkeit, kostengünstig und effektiv Leitungen nach Europa zu verlegen. | |
Heute arbeitet man an anderen Konzepten. „Eigentlich hat Europa mehr als | |
genug natürliche Einstrahlung, um seinen eigenen Strom zu produzieren. Wenn | |
man in Nordafrika mit seinem steigenden Energiebedarf baut, dann ist der | |
Strom besser dort eingesetzt“, sagt Milner. | |
Tatsächlich träumt Ägypten davon, mithilfe erneuerbarer Energien auch ein | |
Stromkorridor für die Nachbarländer zu werden. Energieminister Shaker | |
strebt Kooperationsabkommen mit Jordanien und Saudi-Arabien an. Auch mit | |
Zypern sei man im Gespräch. Aber mit einer Bevölkerung von fast 100 | |
Millionen Menschen – und einem jährlichen Bevölkerungswachstum von fast | |
zwei Millionen – dürfte Ägypten zunächst damit beschäftigt sein, den | |
eigenen Bedarf zu decken. | |
Im globalen Maßstab sind die erneuerbaren Energien nicht mehr aufzuhalten, | |
ist sich Anton Milner sicher. Noch machten erneuerbare Energien lediglich 1 | |
bis 2 Prozent der weltweiten Stromproduktion aus. Aber der Energiebedarf | |
steige – vor allem in Afrika, im Nahen Osten und in Südostasien. Schon | |
heute werde mehr Geld in erneuerbare Energien gesteckt als in herkömmliche | |
Energie. Allein im vergangenen Jahr wurden weltweit 240 Milliarden Dollar | |
in erneuerbare Energien investiert. | |
24 May 2018 | |
## AUTOREN | |
Karim El-Gawhary | |
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