# taz.de -- Kommentar zum Windrush-Skandal: Unter Rassismusverdacht | |
> Nicht nur die Tories haben sich wenig um die Bürgerrechte von | |
> Commonwealth-Zuwanderern gekümmert. Das wird jetzt zum Problem. | |
Bild: Die Windrush-Generation in Großbritannien wurde jahrelang vernachlässigt | |
Kurz vor den Kommunalwahlen am 3. Mai – und mitten in der entscheidenden | |
Phase der britischen Brexit-Selbstfindung – sind beide großen Parteien in | |
Großbritannien plötzlich unter Rassismusverdacht geraten. Die | |
Labour-Opposition schafft es nicht, sich von dem Vorwurf einer | |
institutionalisierten Duldung [1][krasser antisemitischer Vorurteile] unter | |
ihren eigenen Aktivisten zu lösen, weil Parteichef Jeremy Corbyn [2][dieses | |
Problem aussitzt] und seine Unterstützer es für eine rechte Kampagne | |
halten. Die Konservativen wiederum stehen hilflos in der Defensive, was den | |
Umgang mit ethnischen Minderheiten angeht, nachdem klar geworden ist, wie | |
[3][diskriminierend und würdelos] ihre eigene Regierung seit einigen Jahren | |
mit der ersten Generation schwarzer Zuwanderer aus der Karibik umgeht. | |
Den ersten Innenminister mit Migrationshintergrund zu ernennen, nämlich den | |
pakistanischstämmigen Sajid Javid, ist natürlich – trotz böser Zungen von | |
links – viel mehr als reine Kosmetik. Javid hat einen hervorragenden Ruf | |
als Manager, und sein Engagement beim Thema Gleichbehandlung von Migranten | |
ist über jeden Zweifel erhaben. Aber das Problem für die Konservativen | |
insgesamt bleibt: Wenn sie einen Minister mit Migrationshintergrund | |
brauchen, um sich gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund zu beweisen, | |
erzeugt das wenig Vertrauen in den Rest ihrer Politikerriege. | |
Im Skandal um die Windrush-Generation sieht letztendlich keine Partei gut | |
aus. Weder unter Tory- noch unter Labour-Führung haben sich die | |
Ministerialbeamten im Londoner Innenministerium je genötigt gesehen, den | |
Status Hunderttausender zugewanderter Staatsbürger mit schwarzer Hautfarbe | |
so eindeutig zu klären, dass ihn niemand in Zweifel ziehen kann. Sowohl | |
Tory- als auch Labour-Kommunalverwaltungen stehen jetzt am Pranger. | |
Die Rechte der Commonwealth-Zuwanderer waren 1972 beschnitten worden, um | |
Großbritannien EU-reif zu machen. Jetzt, wo die EU-Mitgliedschaft bald | |
Geschichte ist, muss dieses düstere Kapitel endlich parteiübergreifend | |
aufgearbeitet werden. | |
3 May 2018 | |
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## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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