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# taz.de -- Die Wahrheit: Himmel auf Kopf
> Tagebuch einer Gepeinigten: Was, wenn einem der Himmel auf den Kopf
> fällt? Die Telekom bietet Trost, und die Deutsche Bahn kann überraschen!
Bild: Unter allen Wipfeln ist Ruh
In meiner Jugend las ich begeistert „Asterix“, denn vor nichts hatten die
Bewohner des gallischen Dorfs Angst, außer vor ihrem Barden. Nur Häuptling
Majestix plagte die Sorge, ihm könne der Himmel auf den Kopf fallen. Aber
wer glaubt schon an so was.
Es begann damit, dass ich vor ein paar Wochen ohne jede Vorwarnung komplett
von modernen Kommunikationsmitteln abgeschnitten wurde. Kein Internet! Kein
TV!! Kein Festnetz!!! Kein sinnloses Surfen mehr, kein Fußball. Es war der
soziale Tod, denn zu allem Überfluss lebe ich in einem Handy-Funkloch.
Den nächsten freien Telekom-Termin gab es in zwei Wochen. Mein
hemmungsloses Schluchzen muss Eindruck gemacht haben, denn ein Disponent
erbarmte sich und schickte binnen sechs Tagen einen Techniker, der nach
sorgfältiger Prüfung das Urteil verkündete: marodes Kabel innerhalb meiner
Wände. Und das bedeutet? Sorry, das wäre Sache des Elektrikers …
Angesichts der sich vor seinen Augen abspielenden Kernschmelze schloss er
vorübergehend meinen Router dort an, wo das noch unversehrte Kabel in meine
Wohnung kriecht. Auf den zwei Quadratmetern meiner Kleiderkammer habe ich
jetzt super Empfang und harre dort des Elektrikers.
Indessen wurde vor dem Haus ein Gerüst hochgezogen. Ab sieben Uhr morgens
beschäftigten sich Männer damit, den Putz von der Fassade zu schlagen, was
mich dunkel an den Physikunterricht erinnert, an irgendwas mit Schall, weil
der nämlich wandert – und zwar durch Wände bis in entlegene Schlafzimmer.
Ich weiß jetzt, dass Bauarbeiten unnützer Schulbildung späten Sinn geben.
In der Hoffnung auf Betäubung suchte ich mein Heil in Schlaftabletten. Das
war der Moment, in dem mir der Himmel auf den Kopf fiel. Umtost von
fulminantem Krach wachte ich auf, schlief aber, belämmert von den
Betäubungsmitteln, sofort wieder ein. Später wachte ich erneut auf. Es
begrüßten mich die Fassadenklopper und mein Regalschrank, der mitsamt dem
darauf befindlichen elektronischen Gerätepark nächtens von der Wand
gekracht war. Eine Freundin, mit der ich das Stillleben betrachtete, stieß
einen Entzückensschrei aus: „Herrlich, das Ding hing sowieso viel zu hoch,
da unten sieht es endlich gut aus!“ Anschließend feierten wir die Vorsehung
und das Überleben des TV-Geräts mit einem Fläschchen Rosé.
Tags drauf landete ich wegen einer Bombenentschärfung am Berliner
Hauptbahnhof in einem tschechischen Zug, der zwar ohne Halt durch meinen
Zielbahnhof fuhr, aber sehr gutes Bier bot. Mein Horoskop hatte von
„positiven Überraschungen“ gesprochen. Mein Rat: Fällt Ihnen der Himmel a…
den Kopf, wenden Sie sich an die Telekom, die hat therapeutisch geschultes
Personal, das gern hilft. Wenn Sie Überraschungen lieben, fahren Sie Zug.
Morgen gebe ich übrigens meine Klamotten in die Altkleidersammlung und
ziehe mit meinem Büro in die Kleiderkammer.
26 Apr 2018
## AUTOREN
Pia Frankenberg
## TAGS
Telekom
Deutsche Bahn
Asterix
Mobilfunk
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Schwerpunkt Berlinale
Orientierung
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