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# taz.de -- Reform von Hartz IV: Neue Waschmaschine nur mit der CDU
> Arbeitsminister Heil (SPD) spricht über Erleichterungen für
> Hartz-IV-Empfänger. Allein kann der Arbeitsminister aber nichts ändern.
Bild: Für ALG-II-Empfänger kann eine kaputte Waschmaschine schnell die Finanz…
Hubertus Heil möchte sich dieser Tage einiges anschauen. Zum Beispiel, „was
wir bei den Grundsicherungssätzen tun können“, oder auch „die Frage von
besonderen Bedarfen – wenn etwa eine kaputte Waschmaschine ersetzt werden
muss“. Das ließ der Bundesarbeitsminister in Interviews mit der Zeit und
dem Handelsblatt wissen. Damit signalisiert der SPD-Politiker in Sachen
Hartz IV Gesprächsbereitschaft – und das bei Punkten, die Kritiker seit
Jahren am vehementesten kritisieren.
Da wäre zum Beispiel die Frage größerer Anschaffungen. ALG-II-Empfängern
fehlt häufig das Geld, um defekte Haushaltsgeräte zu ersetzen. In diesem
Fall übernimmt zwar auf Antrag das Jobcenter die Kosten für einen neuen
Kühlschrank oder eine neue Waschmaschine – die Betroffenen müssen den
Betrag aber beim Amt abbezahlen. Dazu wird monatlich zehn Prozent des
Regelsatzes von 416 Euro einbehalten. Eine empfindliche Kürzung für
Menschen, die am Existenzminimum leben. Arbeitsminister Heils vage
Ankündigung könnte darauf hinauslaufen, derlei Anschaffungen zum
Sonderbedarf zu erklären. In diesem Fall müssten Betroffene die
Anschaffungskosten nicht zurückzahlen.
Ulrich Schneider, Geschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, würde
das begrüßen: „Die Kreditvergabe der Jobcenter für lebensnotwendige
Anschaffungen sorgt dafür, dass Menschen unverschuldet das Existenzminimum
gekürzt wird. Wir fordern die Wiedereinführung der einmaligen Leistungen,
wie sie vor der Einführung von Hartz IV üblich waren.“
Auch beim Thema Regelsätze hat Heil Gesprächsbereitschaft signalisiert. Die
Sanktionen für unter 25-Jährige will der Minister denen der älteren
Grundsicherungsbezieher angleichen. Bisher ist es möglich, Jugendlichen
bereits beim ersten Verstoß den gesamten Regelsatz zu kürzen. Bei älteren
Erwerbslosen ist das nur anteilig möglich.
## Gesetzesänderung notwendig
Nun heißt anschauen noch nicht gleich verändern – zumal auch der Einfluss
des Ministers begrenzt ist. Die Regelungen zu Sanktionen und Sonderbedarf
sind detailliert im Sozialgesetzbuch II geregelt, die Berechnung der
Grundsicherung im Regelbedarf-Ermittlungsgesetz. Diese kann der Minister
nicht einfach verändern. „Grundsätzlich bedürfen Änderungen im
Sozialgesetzbuch II der Gesetzesform“, teilte das Arbeitsministerium der
taz auf Anfrage mit.
Heißt also: Etwaige Neuregelungen müssten vom Bundestag beschlossen werden.
Und der Koalitionspartner Union hat bereits klargestellt, dass er keinen
Änderungsbedarf bei Hartz IV sieht. Deren stellvertretender
Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Hermann Gröhe (CDU), sagte der
Rheinischen Post vergangenen Donnerstag: „Wir halten an den Sanktionen im
SGB II fest.“ Wer die Solidarität der Gesellschaft zur Sicherung seiner
Lebenshaltungskosten in Anspruch nehme, habe auch die Pflicht zur
Mitwirkung.
Sollte sich die Koalition trotzdem einigen, müssten etwaige
Gesetzesänderungen auch noch im Bundesrat beschlossen werden. Dort müsste
man Länder mit Regierungsbeteiligung der Grünen ins Boot holen – die sich
zuletzt immerhin öffentlichkeitswirksam für eine Umarbeitung der
Hartz-IV-Gesetzgebung ausgesprochen hatten. Solange die Union nicht
mitzieht, bleiben die Chancen auf Veränderung dennoch gering – selbst wenn
Heil konkrete Maßnahmen präsentieren sollte.
Ulrich Schneider kann den vorsichtigen Vorstößen des Arbeitsministers
dennoch etwas Positives abgewinnen: „Herr Heil hat beim Thema Hartz IV
einen Tonfall, der so etwas wie Zugewandtheit ausdrückt. Das habe ich bei
seiner Vorgängerin Andrea Nahles vermisst.“ Der SPD-Politiker erkenne an,
dass Hartz IV Armut bedeutet, und spreche von Respekt für Betroffene. „Das
ist wohltuend.“
17 Apr 2018
## AUTOREN
Jörg Wimalasena
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