# taz.de -- Subventionen für fossile Energien: Problem erfolgreich wegdefiniert | |
> Eigentlich wollte die Regierung umweltschädliche Subventionen – etwa für | |
> Diesel – abbauen. Stattdessen bestreitet sie nun deren Existenz. | |
Bild: Diesel wird deutlich niedriger besteuert als Benzin. Doch das sieht die R… | |
BERLIN taz | Es war ein Beschluss, der Hoffnung weckte: In Pittsburgh haben | |
sich die G20-Staaten im Jahr 2009 darauf geeinigt, dass sie „ineffiziente | |
Subventionen für fossile Energien auslaufen lassen“ wollen, und zwar | |
„mittelfristig“. Schließlich gibt es viele Bereiche, in denen | |
umweltschädliche Energieträger durch die Gestaltung von Steuern und Abgaben | |
bevorzugt werden, von den niedrigen Diesel-Steuern bis zur Abgabenbefreiung | |
des Braunkohle-Tagebaus. | |
Doch in Deutschland ist seitdem wenig passiert, und daran wird sich künftig | |
auch nicht viel ändern. Das geht aus der Antwort des Bundesregierung auf | |
eine Anfrage der Grünen hervor, die der taz vorliegt. Das Finanzministerium | |
macht darin deutlich, dass es bei umweltschädlichen Subventionen keinen | |
Handlungsbedarf sieht – weil es diese in Deutschland entweder nicht gibt | |
oder sie gut begründet sind. So erklärt das Ministerium, beim im Vergleich | |
zu Benzin deutlich niedrigeren Steuersatz auf Diesel handele es sich „nicht | |
um eine Subvention“. Denn formal liege dort keine Steuerermäßigung vor, | |
sondern zwei verschiedene Steuersätze. | |
Auch die steuerliche Privilegierung von Dienstwagen mit hohem CO2-Ausstoß | |
ist laut Finanzministerium „keine Subvention“ im Sinne des | |
Stabilitätsgesetzes. Die zahlreichen Industrie-Ausnahmen bei der | |
Energiesteuer werden mit dem „Schutz der internationalen | |
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen“ gerechtfertigt; ähnlich | |
argumentiert das Finanzministerium bei der Steuerfreiheit für den | |
Luftfrachtverkehr. | |
Noch enger gefasst hat die Bundesregierung die Definition umweltschädlicher | |
Subventionen in einem [1][Bericht], den sie Ende letzten Jahres im Rahmen | |
des G20-Prozesses erstellt, aber interessanterweise nicht selbst | |
veröffentlicht oder kommuniziert hat. Darin werden ausschließlich die | |
direkten Zahlungen für den Steinkohlebergbau, deren Auslaufen ohnehin seit | |
Langem beschlossen ist, als Subventionen aufgeführt. Denn als solche werden | |
dort nur staatliche Maßnahmen gewertet, durch die der Preis von fossilen | |
Rohstoffen „unter den Weltmarktpreis“ gedrückt wird. | |
## Umweltbundesamt für „weiten Subventionsbegriff“ | |
Damit stellt sich das Finanzministerium klar gegen Deutschlands oberste | |
Umweltbehörde, das Umweltbundesamt (UBA). „Um die Begünstigungen für | |
umweltschädigende wirtschaftliche Aktivitäten voll erfassen zu können, ist | |
es sinnvoll, einen weiten Subventionsbegriff zu verwenden“, [2][heißt es | |
dort]. Die Definition des Finanzministeriums hält man beim UBA für | |
ungeeignet. „Es ist auch dann eine umweltschädliche Subvention, wenn die | |
öffentliche Hand bestimmte Konsumweisen begünstigt“, sagte ein Sprecher zur | |
taz. „Beim günstigeren Steuersatz für Diesel oder beim Dienstwagenprivileg | |
ist das sicherlich gegeben.“ | |
Das Bundesumweltministerium, in dessen Zuständigkeitsbereich das UBA | |
gehört, stellt sich in dieser Frage nicht hinter seine Experten. Man mache | |
sich die UBA-Definition des Subventionsbegriffes „nicht automatisch zu | |
eigen“, erklärte ein Sprecher. Die Antwort des Finanzministeriums auf die | |
Grünen-Anfrage sei „innerhalb der gesamten Bundesregierung abgestimmt | |
worden“. | |
Scharfe Kritik kommt vom haushaltspolitischen Sprecher der Grünen, Sven | |
Kindler. „Es ist krass, wie die Bundesregierung die wissenschaftlichen | |
Erkenntnisse ihres eigenen Bundesamts leugnet“, sagte er der taz. Mit den | |
klimaschädlichen Subventionen würden nicht nur die Lebensgrundlagen | |
zerstört; zugleich verzichte der Staat damit auch auf Geld, „um in einen | |
guten öffentlichen Nahverkehr und ökologische, bezahlbare Wohnungen in | |
unseren Städten zu investieren“, so Kindler. | |
Wenig Hoffnung in Sachen Subventionsabbau macht derweil auch der | |
Koalitionsvertrag. Dort findet sich zwar ein vielversprechender Satz: „Wir | |
werden alle Subventionen – neue und alte – gemäß den subventionspolitisch… | |
Leitlinien und dem Prinzip der Nachhaltigkeit einer stetigen Überprüfung | |
unterziehen.“ | |
Doch das stand – mit exakt denselben Worten – auch schon im | |
Koalitionsvertrag von 2013. Praktische Konsequenzen hatte es bisher nicht. | |
16 Apr 2018 | |
## LINKS | |
[1] https://www.oecd.org/site/tadffss/German-Self-Report.pdf | |
[2] https://www.umweltbundesamt.de/themen/wirtschaft-konsum/wirtschaft-umwelt/u… | |
## AUTOREN | |
Malte Kreutzfeldt | |
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