| # taz.de -- Flüchtlingsunterbringung in Berlin: Klasse statt Masse | |
| > Die Bezirke wollen lieber kleinere Flüchtlingsunterkünfte. Die Berliner | |
| > Sozialsenatorin zeigt sich gesprächsbereit. | |
| Bild: Modulare Flüchtlingsunterkunft im Märkischen Viertel | |
| Im Streit über die neuen Standorte für „Modulare Flüchtlingsunterkünfte“ | |
| (MUF) geht der Senat auf die Bezirke zu. Die bisherige Liste aktuell | |
| geplanter Standorte sei „nicht in Stein gemeißelt“, sagte | |
| Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) der taz. Da sei sie sich mit | |
| Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD) einig. „Wir brauchen pro Bezirk | |
| rund 1.000 Plätze, aber ob die auf zwei oder sieben Grundstücken stehen, | |
| ist uns schnuppe“, so die Senatorin. Eine Einschränkung gebe es aber: Es | |
| müsse „schnell und wirtschaftlich“ gebaut werden. | |
| Der Senat hatte am 27. März eine Liste mit 25 Adressen verabschiedet – zwei | |
| pro Bezirk beziehungsweise drei in Neukölln für etwas kleinere Gebäude. An | |
| diesen Orten sollen weitere MUF entstehen, zusätzlich zu den zwölf bereits | |
| fertiggestellten und den 17, die „in der Umsetzung“ sind. Die neuen MUF 2.0 | |
| sollen Gemeinschaftsunterkünfte für je rund 450 Geflüchtete sein. Im | |
| Unterschied zur ersten Baureihe sollen abschließbare Wohnungen mit eigenen | |
| Küchen und Bädern entstehen, damit die Häuser später einfacher auch für | |
| andere „sozial schwache“ Bevölkerungsgruppen geöffnet werden können. Es … | |
| nicht leicht gewesen, die neuen Grundstücke zu finden, so Breitenbach: „Wir | |
| hatten mit allen Streit.“ Aber am Ende habe man die Liste „mit den Bezirken | |
| beschlossen“, diese hätten auch bis zuletzt noch Alternativ-Standorte | |
| benennen können. | |
| Dennoch hatten sich einige Bezirke nach der Verkündung der Liste | |
| unzufrieden gezeigt; manche mit einzelnen Standorten, etwa Lichtenberg, das | |
| an der Rheinpfalzallee lieber eine Schule bauen will. Andere sorgten sich, | |
| woher die nötigen neuen Schul- und Kitaplätze für die vielen Menschen | |
| kommen sollen. Einige stellten sogar offen das Konzept an sich infrage, | |
| jeweils an einem Fleck Großgebäude für 450 Menschen zu bauen. | |
| ## Mitte plant Alternativkonzept | |
| In Mitte etwa arbeitet das Bezirksamt derzeit an einem „Alternativkonzept“, | |
| wie es in der Bezirksvorlage heißt, die der taz vorliegt. Das beinhaltet | |
| sechs – statt zwei – Standorte, die dafür jeweils maximal 250 Plätze groß | |
| sein sollen. „Das ist gut im Sinne der Integration“, erklärte Baustadtrat | |
| Ephraim Gothe (SPD) der taz. Zumal diese Gebäude teilweise – etwa in der | |
| Triftstraße oder beim ehemaligen Diesterweggymnasium, die beide auch auf | |
| der Senatsliste stehen – in größere Wohnungsbauprojekte eingebettet werden | |
| sollen. In der Summe ergebe das auch 1.050 Plätze, heißt es in dem | |
| Bezirksvorschlag. Zusätzlich könne der Senat ja bei „bereits baureifen | |
| Wohnungsbauprojekten der städtischen Wohnungsbaugesellschaften“ in Mitte 10 | |
| Prozent der Wohnungen an sogenannte statusgewandelte – also anerkannte – | |
| Flüchtlinge vergeben. | |
| In Friedrichshain-Kreuzberg hat Baustadtrat Florian Schmidt (Grüne) | |
| ähnliche Ideen. Er prüfe gerade die Eignung von sieben Adressen, sagte er | |
| der taz – neben den zweien von der Senatsliste seien darunter eine | |
| Teilfläche des Friedhofs Jüterboger Straße sowie ein Grundstück am | |
| Dragoner-Areal. „Klassische MUF-Standorte“ wolle man nicht errichten, so | |
| Schmidt. „Ziel ist die Integration der Geflüchteten-Unterbringung in | |
| anderen Wohnungsbauprojekten sowie eine Entwicklung in Abhängigkeit der | |
| örtlichen Gegebenheiten und der Ergänzung um weitere soziale | |
| Infrastrukturen.“ | |
| Für solche Ideen schien es beim Senat bislang wenig Gehör zu geben. Man | |
| habe sich „abschließend“ mit den Standorten befasst, die Liste sei | |
| „verbindlich“, jeder Standort „soll bis zu 500 Geflüchtete aufnehmen“,… | |
| es im Senatsbeschluss von Ende März. | |
| Ganz so abgeschlossen ist die Sache wohl doch nicht. „Wir sind für alle | |
| guten Ideen der Bezirke offen“, so Breitenbach zur taz – wenn sie denn | |
| verbindlich und schnell umsetzbar seien. Schließlich brauche sie laut einer | |
| Prognose bis 2021 rund 19.000 Plätze für Geflüchtete – unabhängig von dem, | |
| was die Wohnungsbaugesellschaften für den normalen Wohnungsmarkt bauen. | |
| Aber sie habe auch „ein sehr großes Interesse daran, schnell zu | |
| unterschiedlichen Wohnformen zu kommen“ und die MUF an die jeweiligen | |
| Standorte anzupassen. „Wir wollen keine Fremdkörper.“ | |
| ## Platz für alle | |
| Erstes Resultat dieser neuen Linie: Vorigen Donnerstag besuchte Breitenbach | |
| zusammen mit Schmidt das Areal Ratiborstraße 14 in Kreuzberg. Das Gelände, | |
| das noch dem Bund gehört, steht auf der Senatsliste, weshalb die aktuellen | |
| Nutzer – ein Bauwagenplatz, Handwerksbetriebe, eine Kita – um ihre Zukunft | |
| fürchten. Zusammen mit Schmidt wollen sie ein Konzept erarbeiten, das | |
| „Wohnen für Geflüchtete“ und ihre Projekte gleichermaßen möglich macht. | |
| Auch sie wolle nicht, dass jemand vertrieben wird, bekräftigt Breitenbach. | |
| Der Senat werde das Gelände jetzt kaufen und dann jeden Vorschlag prüfen. | |
| „Wir versuchen, für alle eine Lösung zu finden.“ | |
| Was Friedrichshain-Kreuzberg insgesamt angehe, habe man bei dem Treffen | |
| vereinbart, dass der Bezirk bis Sommer „ein eigenes Konzept“ erarbeiten und | |
| dem Senat vor der Sommerpause ein „Zwischenergebnis“ präsentieren werde, | |
| sagte Schmidt zur taz. Und: „Es wurde verabredet, dass zur Vermeidung von | |
| Missverständnissen die Konzeptentwicklung unter Beteiligung aller | |
| relevanten Akteure erfolgt.“ | |
| 16 Apr 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Susanne Memarnia | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin | |
| Wohnungsbau | |
| Unterbringung von Geflüchteten | |
| Geflüchtete | |
| Niedersachsen | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Schwerpunkt Flucht | |
| Flüchtlinge | |
| Unterbringung von Geflüchteten | |
| Unterbringung von Geflüchteten | |
| Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Flüchtlingspolitik in Niedersachsen: Schulden bis zur Rente | |
| Der Flüchtlingsrat kritisiert weitreichende Abtretungserklärungen. Mit | |
| denen sichern sich Städte die überhöhten Gebühren für die Unterkünfte. | |
| Unterbringung von Flüchtlingen: Beschweren soll einfacher werden | |
| Eine unabhängige Beschwerdestelle soll das Leben in Flüchtlingsheimen | |
| leichter machen. Klar ist: bei vielen Problemen wird sie nicht helfen | |
| können. | |
| Neues Wohnkonzept für Flüchtlinge: Man darf ruhig kleiner denken | |
| Friedrichshain-Kreuzberg hat eine Machbarkeitsstudie vorgestellt, wie | |
| Flüchtlingswohnen und Integration zusammengehen können. Ein | |
| Wochenkommentar. | |
| Kölner Hotel als Flüchtlingsunterkunft: Millionenvertrag mit Lokalpolitikerin | |
| Kaum noch Flüchtlinge, aber viel Geld für deren Unterbringung. Köln | |
| streitet über den Vertragsabschluss mit einer Hotelbetreiberin aus den | |
| Reihen der CDU. | |
| Wohnraum für Geflüchtete: Bezirke wollen es eine Nummer kleiner | |
| Die Senatsliste für neue Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge (MUF) stößt | |
| auf Bedenken. Die Infrastruktur sei nicht mitgedacht worden. | |
| Neue Unterkünfte für Geflüchtete: Das gibt noch Ärger | |
| 25 neue Standorte für Modulare Flüchtlingsunterkünfte hat der Senat am | |
| Dienstag bekannt gegeben. Um einige gibt es mit Bezirken oder Anwohnern | |
| Streit. | |
| Berliner Wochenkommentar I: Kreuzberg sucht Königsweg | |
| Das Areal am Landwehrkanal , die Ratiborstraße 14, soll Standort für eine | |
| „Modulare Flüchtlingsunterkunft“ werden. Das gibt Diskussionen – und wir… | |
| Fragen auf. |