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# taz.de -- Neue Unterkünfte für Geflüchtete: Das gibt noch Ärger
> 25 neue Standorte für Modulare Flüchtlingsunterkünfte hat der Senat am
> Dienstag bekannt gegeben. Um einige gibt es mit Bezirken oder Anwohnern
> Streit.
Bild: Eine MUF-Baustelle in Berlin-Marzahn
Nun ist sie raus: die lang erwartete Liste der Standorte, an denen die
nächste Runde Fertighäuser für Geflüchtete gebaut werden. Am Dienstag hat
der Senat 25 weitere Orte für „Modulare Unterkünfte für Flüchtlinge“ (M…
beschlossen, rund 12.000 Menschen sollen in den plattenbauartigen Gebäuden
unterkommen. Ende des Jahres soll an einzelnen Standorten Baubeginn sein.
„Es war ein langer und schwieriger Prozess“, erklärte Integrationssenatorin
Elke Breitenbach (Linke) im Anschluss an die Senatssitzung.
Seit vorigen Sommer waren die zuständigen Staatssekretäre durch die Bezirke
getourt, um geeignete Flächen zu finden. Dieser Punkt hatte sich schon bei
der MUF-Runde als heikel erwiesen, die 2015 noch unter Breitenbachs
Vorgänger Mario Czaja (CDU) geplant worden war. Damals hatten die Bezirke
gegen fast jeden Standort Einwände erhoben, in manchen Kiezen gab es
heftige Proteste von AnwohnerInnen gegen die Bauten.
Diesmal sollte es besser laufen. Zum einen bei der räumlichen Verteilung:
Waren beim ersten Mal die Belastungen sehr ungleich verteilt (siehe Karte),
musste dieses Mal jeder Bezirk zwei Adressen benennen. „Mit der zweiten
Tranche tragen wir daher vom Trend her eher zur Gleichverteilung bei“,
befand Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen (SPD).
## „Offener Dissens“
Zum anderen konnten die Bezirke nach der ersten Veröffentlichung der
Standorte im Februar noch Alternativen vorschlagen. Sieben hätten diese
Möglichkeit genutzt, so Kollatz-Ahnen, fünf Vorschläge seien aufgenommen
worden: etwa beim Standort Alt-Hellersdorf, wo der Bezirk um bestehendes
Gewerbe fürchtete. Stattdessen wird nun in der Zossener Straße gebaut.
„Alle Wünsche wurden berücksichtigt, sofern sie geeignet waren“, sagte
Breitenbach. Dennoch, räumte sie ein, gebe es teilweise noch „offenen
Dissens“. Etwa beim Waidmannsluster Damm in Reinickendorf, wo der Bezirk
einen Schulbau plane, sowie die Rheinpfalzallee in Lichtenberg. „Es wird
jetzt noch weitere Gespräche geben, wie die einzelnen Standorte bebaut
werden“, kündigte sie an.
Diese seien zudem nötig, weil einzelne Bezirke angekündigt hätten, sie
würden gerne „gemischte Wohnprojekte“ bauen – also keine reinen
Flüchtlingsunterkünfte, sondern Wohnhäuser für Geflüchtete und andere
Nutzergruppen. „Darüber freue ich mich sehr“, so Breitenbach. Hier nannte
sie als Beispiel die Salvador-Allende-Straße in Treptow-Köpenick, wo ein
maroder Plattenbau abgerissen werden soll. Auf dem Grundstück sei so viel
Platz, erklärte die Linke, dass dort mehrere Gebäude für über 600 Menschen
gebaut werden könnten. Und da die MUF selbst „nur“ rund 450 Plätze brauch…
könnten hier sofort auch andere Menschen untergebracht werden.
## 19.000 Plätze benötigt
Ohnehin sollen die Modularbauten nicht auf Dauer Flüchtlingsheime bleiben,
sondern perspektivisch allen BerlinerInnen, vor allem sozial schwachen
Bevölkerungsgruppen, zur Verfügung stehen. Dies sei im „Typenentwurf“ des
Senats berücksichtigt, erklärte Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Die
„MUF 2.0“ werden verschieden große Wohnungen mit abgeschlossenen Küchen u…
ebensolchen Sanitärräumen haben. Erst einmal brauche man sie aber für
Geflüchtete, betonte Breitenbach. Prognosen des Senats hätten ergeben, dass
die Stadt bis zum Ende der Legislatur 2021 rund 19.000 Plätze für diese
Gruppe benötige: für die rund 2.000 Menschen, die noch in Notunterkünften
seien, aber vor allem für absehbaren Familiennachzug und künftige
Asylsuchende. Derzeit kommen monatlich rund 800 Flüchtlinge neu nach
Berlin.
Befragt zu der Lücke zwischen den erwarteten 19.000 und den nun geplanten
12.000 Plätzen erklärte Finanzsenator Kollatz-Ahnen, dies seien ja
„bewegliche Ziele“. Man werde abwarten, wie sich der „Zustrom“ weiter
entwickele und wie viele Geflüchtete unterdessen selbst eine Wohnung auf
dem freien Markt fänden. „Aber die Differenz besteht“, gab er zu, „man m…
sehen, wie wir die Lücke schließen.“
Zumal bei der nun beschlossenen Liste auch noch nicht das allerletzte Wort
gesprochen ist. Erstens, weil nicht alle Grundstücke dem Senat gehören und
erst erworben werden müssen – von der Bundesanstalt für Immobilien-Aufgaben
(BIMA), der sechs gehören, von landeseigenen Betrieben, eines sogar von
einem privaten Eigentümer. Es habe zwar Vorgespräche gegeben, so
Kollatz-Ahnen, aber noch sei nichts unterzeichnet. Zweitens müsse die
Bauverwaltung nun erst einmal „vertieft“ die Eignung der Grundstücke
prüfen, erklärte Lüscher. Dabei gehe es um den Baugrund, aber auch um
Natur- und Artenschutz und Lärmbelastung. Dabei könne sich natürlich
herausstellen, dass ein Grundstück gar nicht geeignet ist. Aber dann müsse
eine Alternative her.
## 16 Millionen Euro pro MUF
Was die Kosten anbelangt, erklärte Kollatz-Ahnen, man müsse mit rund 16
Millionen Euro pro MUF rechnen. Allerdings hoffe er, dass wenigstens ein
Teil davon über die Flüchtlingshilfe des Bundes refinanziert werden kann.
Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Länder für die Unterbringung
Geflüchteter. Diese, so Kollatz-Ahnen, würden durch den Bau der MUF auf
jeden Fall sinken – im Vergleich etwa mit einer Unterbringung von
Geflüchteten in Hostels oder Pensionen. Neu an den MUF 2.0 ist, dass der
Senat plant, Infrastruktur wie Kitas und Schulen dort, wo es auf den
Grundstücken möglich ist, mitzubauen. „Diese werden dann natürlich für al…
gebaut, nicht nur für die Geflüchteten“, betonte Breitenbach. Daran gebe es
ja ohnehin mancherorts großen Mangel. So habe Charlottenburg etwa
vorgeschlagen, auf dem Dach einer neuen MUF eine Kita einzurichten.
Im nächsten Schritt sollen nun die AnwohnerInnen in Veranstaltungen über
die Pläne informiert werden. Dabei werde es sicher zu vielen Einwänden
kommen, zeigte sich Breitenbach gewappnet. Sie bekomme schon jetzt
„körbeweise Post von besorgten BürgerInnen und anderen“. Aber sie habe au…
den Bezirken schon gesagt: „Das ist hier kein Ponyhof.“
27 Mar 2018
## AUTOREN
Susanne Memarnia
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Schwerpunkt Flucht
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