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# taz.de -- Beate Zschäpe ist krank: Wieder nix mit Plädoyer
> Der NSU-Prozess gerät mal wieder ins Stocken: Nun ist es Zschäpes
> Gesundheit, die ihr Plädoyer verhindert. Ein Urteil rückt damit wieder in
> die Ferne.
Bild: Zschäpe verschleppt den Prozess
München taz | Eigentlich sollte es schon am Vortag soweit sein. Am
Mittwochnachmittag hatte Richter Manfred Götzl Hermann Borchert, den
Zschäpe-Verteidiger, bereits ans Pult gebeten, um sein Plädoyer zu halten.
Borchert war auch gewillt. Dann indes tat er kund: Zschäpe habe
Kopfschmerzen und Übelkeit, es gehe nicht. Also Pause, ein Amtsarzt wurde
gerufen, der Prozesstag schließlich beendet.
Nun also sollte es am Donnerstag losgehen. Seit fast fünf Jahren wird vor
dem Oberlandesgericht München über die rechtsextreme Terrorserie des
„Nationalsozialistischen Untergrunds“ verhandelt. Über deren zehn Morde,
zwei Sprengstoffanschläge, 15 Raubüberfälle. Mit dem Plädoyer der
Hauptangeklagten Beate Zschäpe sollte nun, endlich, eine der letzten
Schlussetappen im Prozess aufgeschlagen werden.
Jetzt erscheint Beate Zschäpe am Donnerstag nicht mal mehr im Gerichtssaal.
Zuhörer und Journalisten hatten sich dort schon am Morgen versammelt. Dann
die Ansage: Der Prozesstag wird kurzfristig abgesagt. Dem Vernehmen nach
ist Zschäpe immer noch oder wieder krank. Also wieder nichts. Wie so oft
zuletzt.
Damit zieht sich [1][der NSU-Prozess] immer weiter in die Länge. Schon
jetzt hat er eine rekordträchtige Dimension angenommen: Seit 416
Prozesstagen wird in München verhandelt, mehr als 600 Zeugen wurden
befragt. Seit Wochen aber liegt das Verfahren praktisch lahm.
## Zschäpes alte und neue Anwälte plädieren getrennt
Zuletzt sorgten Befangenheitsanträge und neue Beweisanträge des
[2][Mitangeklagten Ralf Wohlleben], der als Waffenlieferant des NSU
beschuldigt wird, für Verzögerungen und ausgefallene Prozesstage. Richter
Götzl kritisierte dies offen als „Prozessverschleppung“. Dann wollten
Zschäpes Alt-Verteidiger – Anja Sturm, Wolfgang Heer und Wolfgang Stahl –
mehrmals ihr Mandat niederlegen. Zschäpe hatte sich schon vor geraumer Zeit
mit ihnen überworfen. Zuletzt noch beantragte ein anderer Mitangeklagter,
[3][André E.], einen dritten Verteidiger zu bekommen: Björn Clemens, einst
Funktionär der rechtsextremen „Republikaner“. Und nun sorgt Zschäpes
Gesundheit für eine Auszeit.
Dabei hatte die Bundesanwaltschaft schon im September 2017 ihr Plädoyer im
Prozess beendet – und die Höchststrafe für Zschäpe gefordert: lebenslange
Haft, mit anschließender Sicherungsverwahrung. Auch wenn die 43-Jährige bei
keinem der Morde, Anschläge und Überfälle des NSU gesehen wurde, habe sie
von allen Taten gewusst und diese auch gewollt. Sie habe Tarnung und
Finanzen der Terroristen übernommen, habe Papiere und Wohnungen organisiert
und noch nach dem Tod ihrer Begleiter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt
selbständig das NSU-Bekennervideo verschickt. Deshalb, so die Ankläger, sei
Zschäpe voll mitschuldig an der Terrorserie.
Im Anschluss plädierten mehrere Wochen lang die Nebenklage-Anwälte. Dann
folgten die besagten Verzögerungen. Und nun sind bereits weitere absehbar.
Denn jetzt legt der Prozess erstmal eine zweiwöchige Oster-Pause ein.
Sollte danach tatsächlich Zschäpes Verteidiger Hermann Borchert, zusammen
mit seinem Kompagnon Mathias Grasel, plädieren, ist auch das nur ein
Auftakt. Denn auch Zschäpes Alt-Verteidiger Sturm, Stahl und Heer wollen
ein Plädoyer für die Angeklagte halten, ein eigenes. Da Grasel und Borchert
erst im Sommer 2015 in den Prozess kamen, hätten sie zentrale Teile der
Beweisaufnahme verpasst. Das Problem: Beide Anwaltsseiten reden nicht
miteinander. Deshalb haben sich Sturm, Stahl und Heer schon jetzt eine
weitere Pause erbeten, um die Schlussworte von Grasel und Borchert in ihren
Vortrag einarbeiten zu können.
Danach werden dann auch die anderen vier Mitangeklagten plädieren. Für sie
fordert die Bundesanwaltschaft bis zu zwölf Jahre Haft, weil sie dem
NSU-Trio Waffen, Papiere oder Wohnungen beschafft haben sollen. Und dann,
ja dann, könnte es tatsächlich ein Urteil geben.
22 Mar 2018
## LINKS
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## AUTOREN
Konrad Litschko
## TAGS
Schwerpunkt Rechter Terror
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