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# taz.de -- Kennzeichnungspflicht für Polizisten: Nur eine Nummer
> Am Mittwoch diskutiert die Bürgerschaft auf Antrag der FDP und der Linken
> eine Kennzeichnung von Polizisten. Rot-Grün hat das Thema drei Jahre lang
> liegen lassen.
Bild: In ihrer Kampfmontur sind Hamburger Polizist*innen oft schwer zu untersch…
HAMBURG taz | Eigentlich ist es ein Thema aus dem [1][Koalitionsvertrag]
von SPD und Grünen aus dem Jahr 2015. Doch jetzt machen die FDP und die
Linke den Regierungsparteien Beine: Für die Bürgerschaftssitzung am
Mittwoch haben beide [2][beantragt], dass Polizisten im Einsatz künftig
gekennzeichnet sein sollen. Die Gewerkschaft der Polizei hält diese
Forderung für „sachlich unbegründet“.
Dass Polizisten Namensschilder oder Nummern tragen sollen, wird immer
wieder diskutiert und ist in anderen Bundesländern sowie in manchen
Nachbarstaaten Praxis. Auftrieb bekommen hat die Diskussion durch die
vielen Beschwerden über die Polizei wegen ihres Einsatzes beim G20-Gipfel.
Überdies hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) im
November 2017 Deutschland [3][verurteilt], weil behelmte Polizisten bei
einem Einsatz in München keine Namensschilder trugen.
Der Gerichtshof kritisierte, dass die Anschuldigungen gegen die Polizisten
nicht in angemessener Weise untersucht wurden: Diese hätten keine
individuellen Erkennungszeichen getragen. Die Strafverfolger hätten sich
aber auch nicht bemüht, diesen Mangel durch besondere
Ermittlungsanstrengungen zu beheben.
Sowohl die FDP als auch die Linke beziehen sich in ihren Anträgen auf
dieses Urteil. Die FDP fordert, Polizisten sollten bei Einsätzen in
geschlossener Formation „eine chiffrierte Kennzeichnung tragen, die sich
mit jedem Einsatz nach dem Zufälligkeitsprinzip ändert“. Wegen des
staatlichen Gewaltmonopols müssten Bürger darauf vertrauen können, dass die
Polizei im Rahmen der Gesetze agiere und staatliches Handeln jederzeit
juristisch überprüfbar sei.
Das gebiete die Gewaltenteilung argumentiert die Linke. Alle Dienstkräfte
der Verwaltung und Polizei, müssten sich ausweisen, fordert die Linke. Auf
Verlangen müssten sie ihre Dienstkarte und Dienstnummer aushändigen. Alle
müssten gut sichtbar ein Namensschild tragen, bei geschlossenen Einsätzen
eine Buchstaben-Ziffern-Kombination.
Der Antrag wird in der Bürgerschaft debattiert werden. SPD und Grüne wollen
ihn mit ihrer Mehrheit in den Innenausschuss überweisen. „Das zeigt, dass
es ein wichtiges Thema bleibt“, sagt Renate Pinzke, Fraktionssprecherin der
Grünen. „Die Koalition hat das Thema auf dem Schirm und wir werden das in
den nächsten Monaten abarbeiten“, versichert Sören Schumacher, der
innenpolitische Fachsprecher der SPD-Fraktion. Sachverständige würden
gehört, alle Aspekte würden sorgfältig abgewogen.
Antje Möller, die Fachsprecherin der Grünen, hatte in der taz angekündigt,
die Koalition werde sich im ersten Quartal 2018 über eine Kennzeichnung
einigen und vorher mit den Gewerkschaften sprechen. „Bis jetzt ist noch
niemand an uns herangetreten“, sagt Gerhard Kirsch, der Landeschef der GDP.
Nach Angaben der Dienststelle für interne Ermittlungen sei in Hamburg „kein
Fall bekannt geworden, dass ein Beamter, der einer Straftat beschuldigt
wurde, nicht ermittelt werden konnte“.
Die Innenbehörde erinnert daran, dass der EGMR eine
Menschenrechtsverletzung nicht allein aus einer fehlenden Kennzeichnung
ableite. Vielmehr müssten die Behörden ihre Aufklärungspflicht vollständig
erfüllen und die Beamten identifizierbar sein. „Das ist uns bisher auch
gelungen“, sagt Behördensprecher Frank Reschreiter.
27 Mar 2018
## LINKS
[1] https://www.hamburg.de/contentblob/4479010/data/download-koalitionsvertrag-…
[2] https://www.buergerschaft-hh.de/ParlDok/index
[3] https://hudoc.echr.coe.int/eng-press
## AUTOREN
Gernot Knödler
## TAGS
Schwerpunkt Polizeikontrollen in Hamburg
Kennzeichnungspflicht
Hamburger Senat
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