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# taz.de -- Kommentar Kabinettsbesetzung: Merkels Macht hat ein Verfallsdatum
> Wohin die CDU sich entwickelt, wird Merkel nicht mehr entscheiden. Das
> ist gewöhnungsbedürftig. Aber in Demokratien gibt es keine Erbfolge.
Bild: Dass ihr Kritiker Jens Spahn wohl bald am Kabinettstisch sitzen wird, ist…
Die Kanzlerin ist in der Disziplin der Machtverhüllung stets unschlagbar
gewesen. In entscheidenden Situationen unterschätzt zu werden, war in der
Vergangenheit oft ihre schärfste Waffe. Aber jedes Muster bleicht
irgendwann aus. Die Kabinettsliste zeigt, dass genau das jetzt passiert:
Angela Merkels Schwächung ist keine Finte, kein Trick. Sie ist echt, und
sie wird in den nächsten Monaten an der Oberfläche sichtbar werden. Denn
Merkels Macht hat ein Verfallsdatum. Das ändert vieles.
Dass der Merkel-Kritiker Jens Spahn wohl bald am Kabinettstisch sitzen
wird, ist eine Niederlage für die Kanzlerin. Denn die war in Sachfragen
immer diplomatisch und kompromissbereit bis zur Unkenntlichkeit. Aber wo es
um Personen ging, war sie entschieden und meist, sieht man von den
Bundespräsidenten ab, durchsetzungsstark.
Aber das ist vorbei, das Modell von gestern. [1][Dass Spahn
Gesundheitsminister wird], ist ein Zugeständnis an jene, die eine andere,
kantige CDU wollen. Die Union der Zukunft soll auf keinen Fall mehr so
mittig liberal wirken, sie soll mal knallig neoliberal sein, auch mal hart
gegen Migranten. Spahn ist die Figur, die dies repräsentiert.
Er ist jung und versteht das Geschäft der Selbstinszenierung. Welche
Überzeugungen echt sind und was Politmarketing, ist schwer zu erkennen.
Spahn ist auftrumpfend, schneidend, laut – habituell noch mehr als in den
politischen Inhalten das Gegenteil von Merkel.
## Merkels Einfluss schwindet
Hier erkennt man bereits das Szenario für die Zeit danach. Annegret
Kramp-Karrenbauer ist die Fortsetzung des Merkelismus mit einer anderen
Tönung. Sie würde eine Union verkörpern, die kulturell vorsichtig skeptisch
gegen Modernisierungen ist, aber sozialpolitisch eher links tickt. Diese
Mischung dürfte der SPD, die ohnehin in Schwierigkeiten steckt, noch mal
zusetzen.
Die Alternative ist nun sichtbar: Kramp-Karrenbauer oder Spahn, konservativ
mit menschlichem Antlitz oder schwungvoll populistisch und hart am Rand des
Ressentiments. Wohin es geht, ist offen. Die Union hat zwar mehr in der
Mitte zu verlieren als rechts zu gewinnen.
Aber die Zeiten sind volatil, das diffuse Gefühl von Unsicherheit kann auch
einen autoritären, markigen Stil attraktiv erscheinen lassen. Wie robust
Kramp-Karrenbauer in Machtkämpfen aufzutreten weiß, wird sich zeigen. Dass
sie in der Bundestagsfraktion keine Verankerung hat, ist ein Malus.
Es gibt in Demokratien keine Erbfolge und Macht nur auf Zeit. Merkel wird
nicht bestimmen, wer ihr nachfolgt. Sie moderiert nur noch das Verfahren.
Auch wohin die CDU sich entwickelt, wird Merkel nicht mehr entscheiden. Ihr
Einfluss schwindet. Das ist noch gewöhnungsbedürftig, gerade weil sie
Stabilität bis zur Langeweile zu garantieren schien.
25 Feb 2018
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## AUTOREN
Stefan Reinecke
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