| # taz.de -- Regierungserklärung von Merkel: „Menschen in Not aufgenommen“ | |
| > Bundeskanzlerin Angela Merkel hat am Mittwoch ihr Programm für die | |
| > nächsten vier Jahre vorgestellt. Vor allem Thema: Würde und Angst. | |
| Bild: Gab am Mittwoch die erste Erklärung zur neuen Regierung ab: Kanzlerin An… | |
| Berlin dpa/taz | Die „Flüchtlingskrise“ hat die Gesellschaft in Deutschland | |
| nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gespalten. Merkel | |
| sagte am Mittwoch im Bundestag in der ersten Regierungserklärung ihrer | |
| vierten Amtszeit, die Debatte habe das Land bis heute gespalten und | |
| polarisiert. Der Ton sei rauer geworden. Obwohl es Deutschland | |
| wirtschaftlich so gut gehe wie noch nie seit der Wiedervereinigung, bewege | |
| viele Menschen, wie gut der Rechtsstaat funktioniere. | |
| Die Gesellschaft sei so sehr polarisiert, dass ein so banaler Satz wie „Wir | |
| schaffen das“, den sie zuvor schon häufig gesagt habe, im Herbst 2015 zum | |
| Kristallisationspunkt der Debatte geworden sei, sagte Merkel. Diese | |
| Verunsicherung hätten auch die Koalitionsparteien bei der Bundestagswahl im | |
| September 2017 zu spüren bekommen. Die längste Regierungsbildung in der | |
| Bundesrepublik sei ein Zeichen dafür. | |
| Daher hätten sich CDU, CSU und SPD in den Koalitionsverhandlungen immer | |
| wieder die Frage gestellt, was die richtige Antwort auf diese Situation | |
| sei. Klar sei, dass die Vorzeichen der Flüchtlingskrise völlig unterschätzt | |
| worden seien. Man habe nur halbherzig auf diese Anzeichen reagiert. | |
| Trotz allem hat Merkel den Islam als einen Teil Deutschlands bezeichnet. | |
| „Es steht völlig außer Frage, dass die historische Prägung unseres Landes | |
| christlich und jüdisch ist“, sagte sie. „Doch so richtig das ist, so | |
| richtig ist es auch, dass mit den 4,5 Million bei uns lebenden Muslimen | |
| ihre Religion, der Islam, inzwischen ein Teil Deutschlands geworden ist.“ | |
| Viele hätten ein Problem damit, „diesen Gedanken anzunehmen – und das ist | |
| auch ihr gutes Recht“, sagte Merkel. Die Bundesregierung habe aber die | |
| Aufgabe, alle Diskussionen so zu führen, dass am Ende durch konkrete | |
| Entscheidungen der Zusammenhalt aller dauerhaft in Deutschland lebenden | |
| Menschen größer und nicht kleiner werde. Die große Mehrzahl der Muslime in | |
| Deutschland lehne Radikalismus und islamistischen Terror ab. „Viele von | |
| ihnen leben ihren Glauben, den Islam, friedlich, verfassungs- und | |
| gesetzestreu“, sagte Merkel. | |
| ## Merkel zitiert Artikel 1 | |
| Damit reagierte die Bundeskanzlerin auf Bundesinnenminister Horst Seehofer | |
| (CSU), der gesagt hatte, der Islam gehöre nicht zu Deutschland, wohl aber | |
| die hier lebenden Muslime. Die Debatte wird seit Jahren immer wieder | |
| geführt. | |
| Weiterhin zitiert Merkel den Artikel 1 des Grundgesetzes: „Die Würde des | |
| Menschen ist unantastbar.“ Dieser Satz sei „Kern unseres Zusammenlebens“. | |
| Gewalt, Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus hätten demgemäß „in unserem | |
| Rechtsstaat keinen Platz“. | |
| Merkel sprach außerdem unter anderem über die prekäre Lage der Kinderarmut | |
| und in der Pflege, über Probleme im Datenschutz, sowie über die geplanten | |
| Schutzzölle der USA. | |
| Als Bilanz für 2021 sagt sie: „Ich möchte alles dafür tun, dass am Ende | |
| dieser Legislaturperiode die Menschen sagen: Die in Berlin haben aus dem | |
| Wahlergebnis von September 2017 etwas gelernt. Die haben wirklich etwas | |
| verstanden und viel Konkretes und Gutes für uns erreicht. Ich möchte, dass | |
| am Ende dieser Legislaturperiode diese Bilanz gezogen wird: Unsere | |
| Gesellschaft ist menschlicher geworden, Spaltungen und Polarisierung | |
| konnten verringert, vielleicht sogar überwunden werden, und Zusammenhalt | |
| ist neu gewachsen.“ | |
| AfD-Fraktionschef Alexander Gauland eröffnet die Generalaussprache über die | |
| Regierungserklärung. Er hätte sich ein bisschen mehr Pathos oder Tiefgang | |
| gewünscht, sagt Gauland. „Aber Sie haben das erste Mal wieder von Deutschen | |
| gesprochen. Das ist der Erfolg der AfD.“ | |
| Für die Generalaussprache zur Rede Merkels sind zweieinhalb Stunden | |
| vorgesehen. Mit Spannung wird erwartet, wie sich die AfD positioniert. Die | |
| Rechtspopulisten können als größte Oppositionsfraktion als erste auf die | |
| Kanzlerin reagieren. In der bis Freitag dauernden Plenarwoche sollen auch | |
| die Ministerinnen und Minister des neuen Kabinetts Merkel in eigenen | |
| Regierungserklärungen ihre zentralen Vorhaben vorstellen. | |
| 21 Mar 2018 | |
| ## TAGS | |
| Schwerpunkt Bundestagswahl 2025 | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Schwarz-rote Koalition | |
| Bundestag | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Bundestag | |
| Schwerpunkt Angela Merkel | |
| Jens Spahn | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Ministerreden im Bundestag: Wer hat noch nicht, wer will noch mal | |
| Nicht nur die Kanzlerin, sondern auch jeder neue Minister darf eine | |
| Regierungserklärung abgeben. Dafür geht jede Menge (Lebens-)Zeit drauf. | |
| Regierungserklärung von Merkel: Du bist Deutschland | |
| Kanzlerin Angela Merkel klingt in ihrer Rede fast wie Andrea Nahles. Nur | |
| für Horst Seehofer hat sie einen kleinen Seitenhieb parat. | |
| Bundestag wählt Kanzlerin: Bitte, Merkel! | |
| Der Bundestag wählte in geheimer Abstimmung Angela Merkel zur | |
| Bundeskanzlerin. Sie erhielt dabei nicht alle Stimmen aus den | |
| Koalitionsfraktionen. | |
| Große Koalition besiegelt: Merkels selbstbewusster Scholz | |
| Wie wird die neue GroKo? Wie die alte. Nur Merkel kann nach 12 Jahren auch | |
| mal gereizt sein. Ihr Vizekanzler macht erstmal Werbung für sein Buch. | |
| Kommentar Kabinettsbesetzung: Merkels Macht hat ein Verfallsdatum | |
| Wohin die CDU sich entwickelt, wird Merkel nicht mehr entscheiden. Das ist | |
| gewöhnungsbedürftig. Aber in Demokratien gibt es keine Erbfolge. |