Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Diesel-Fahrverbote vor Gericht: Streitfrage bleibt offen
> Das Bundesverwaltungsgericht hat die Urteilssprechung zu Fahrverboten
> vertagt. Es sieht zwar Handlungsbedarf, will aber auch
> Verhältnismäßigkeit wahren.
Bild: In Stuttgart sind die Luftwerte besonders schlecht
Am kommenden Dienstag wird das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG)
entscheiden, ob Diesel-Fahrverbote ohne spezielle gesetzliche Grundlage
möglich sind. Die Entscheidung ist auch nach der viereinhalbstündigen
Verhandlung an diesem Donnerstag immer noch offen.
Ausgangspunkt des Streits sind die schlechten Luftwerte in vielen deutschen
Städten. Schon seit Jahren werden die Grenzwerte für Stickoxide (NOx)
weithin überschritten. Die jeweiligen Bundesländer mussten
Luftreinhaltepläne aufstellen. Doch obwohl klar ist, dass [1][alte
Dieselfahrzeuge einen großen Anteil an der Stickoxidbelastung haben,] sieht
keiner der Pläne entsprechende Fahrverbote vor. Die Deutsche Umwelthilfe
(DUH) führt deshalb bereits 19 Prozesse, um eine Verschärfung der
Luftreinhaltepläne zu erreichen.
Bei den Verwaltungsgerichten Düsseldorf und Stuttgart hatte die DUH Erfolg.
Den Ländern Nordhein-Westfalen und Baden-Württemberg wurde die Einführung
von Fahrverboten für ältere Diesel nahegelegt, weil dies die einzige
effektive Maßnahme zur Einhaltung der Grenzwerte sei. Auch rechtlich
könnten die Länder solche Fahrverbote einführen, solange der Bund untätig
bleibt.
## Bund muss die Frage klären
Beim BVerwG geht es nun ausschließlich um die Frage, ob die Länder solche
Diesel-Fahrverbote einführen können. Die beiden Landesregierungen
argumentierten, es sei ihnen aus rechtlichen Gründen unmöglich, die Urteile
der Gerichte in Düsseldorf und Stuttgart umzusetzen. Es gebe weder eine
gesetzliche Grundlage für solche Fahrverbote noch gebe es passende
Verkehrsschilder.
Beide Länder verwiesen auf den Bund. Nach der Konzeption des
Bundesimmissionsschutzgesetzes müsse der Bund die Frage von Fahrverboten
bundeseinheitlich klären. So wie er 2005 Umweltzonen eingeführt habe, die
man nur mit roten, gelben oder grünen Plaketten befahren darf, müsse er
jetzt eine blaue Plakette für Fahrzeuge einführen, die auch aktuellen
Anforderungen genügen.
Die Deutsche Umwelthilfe will den Bund zwar auch nicht aus der politischen
Pflicht entlassen. „[2][Aber es kann nicht sein, dass gar nichts passiert],
weil der Bund untätig bleibt“, so DUH-Anwalt Remo Klinger, dann müssten
eben die für Luftreinhaltung zuständigen Länder handeln. Das deutsche Recht
müsse im Licht des EU-Rechts ausgelegt werden, weil die Luftgrenzwerte auf
einer EU-Richtlinie beruhen. „Der Europäische Gerichtshof würde es nicht
akzeptieren, wenn Deutschland weiter die Gesundheit der Bürger
beeinträchtigt, weil es noch kein passendes Verkehrsschild gibt“, so
Klinger.
## Weiterhin Diskussionsbedarf
Dieser Argumentation wird wohl auch das Bundesverwaltungsgericht folgen.
Dennoch ist noch nicht sicher, ob die Düsseldorfer und Stuttgarter Urteile
bestehen bleiben. Der Vorsitzende Richter Andreas Korbmacher stellte die
Frage, ob die solche Fahrverbote die Verhältnismäßigkeit wahren.
Nach Ansicht der Länder sind Fahrverbote jedenfalls dann unverhältnismäßig,
wenn sie [3][auch neuere Dieselfahrzeuge erfassen]. „Wenn ein drei Jahre
altes Fahrzeug völlig entwertet wird, muss eine Entschädigung gezahlt
werden“, so Wolfram Sandner, Anwalt von Baden-Württemberg. Immerhin wolle
das VG Stuttgart auch Diesel-Pkws in das Fahrverbot einbeziehen, die die
bis 2015 geltenden Zulassungsnorm Euro 5 erfüllen. „Allerdings gibt es
bisher keine Entschädigungsregelung“, so der Landes-Anwalt.
Richter Korbmacher will die Verhältnismäßigkeit eventuell durch eine
zeitliche Staffelung des Fahrverbots sichern. Es würde dann zunächst nur
ältere Fahrzeuge treffen. Das Gericht hat aber noch Diskussionsbedarf und
verschob daher sein Urteil.
22 Feb 2018
## LINKS
[1] /!5486538
[2] /!5482940/
[3] /!5486671/
## AUTOREN
Christian Rath
## TAGS
Diesel
Fahrverbot
Luftverschmutzung
Feinstaub
Gericht
Fahrverbot
Verkehrswende
Fahrverbot
Diesel
Diesel
Schwerpunkt Radfahren in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Änderung der Straßenverkehrsordnung: Bund plant Fahrverbote für Diesel
Für Dieselautos sollen besonders betroffene Strecken gesperrt werden
können. Die FDP spricht von einer Enteignung von Autofahrern.
Mobilitätsexperte über Verkehrswende: „Verkehr muss Chefsache werden“
Geht es nur um Fahrverbote für Diesel-Pkw? Nein, sagt Christian Hochfeld.
Wichtig seien ein Verkehr ohne fossilen Treibstoff, neue Märkte und
lebenswerte Städte.
Diesel-Fahrverbote im Norden: Es bleibt spannend
Fahrverbote für Dieselstinker in Innenstädten werden wahrscheinlicher. In
der kommenden Woche will das Bundesverwaltungsgericht ein Grundsatzurteil
sprechen.
Kommentar Fahrverbote vor Gericht: Reizgas und Reizworte
Das Urteil zu möglichen Fahrverboten wurde vertagt. Dass Richter darüber
entscheiden müssen, zeigt den Bankrott der Verkehrspolitik im Bund.
Fahrverbote für Dieselfahrzeuge: Städte in Angst vor Diesel-Urteil
Das Bundesverwaltungsgericht könnte Fahrverboten den Weg ebnen. Kommunen
wollen das vermeiden, die Folgen seien „gravierend“.
Luftverschmutzung in Berlin: Senat gegen Diesel-Fahrverbot
Mit einem Zehn-Punkte-Plan will der Berliner Senat für sauberere Luft
sorgen. Der soll außerdem drohende Fahrverbote für Dieselfahrzeuge
verhindern.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.