| # taz.de -- Kulturpolitik und die Große Koalition: Respekt vor dem Anderen | |
| > Die Große Koalition hat einen erstaunlich offenen Kulturbegriff. Und auch | |
| > „Heimat“ wird nicht homogen, sondern divers gedacht. | |
| Bild: Die kulturpolitischen Abschnitte im Vertrag haben mit einem provinziellen… | |
| Eine der lustigeren Reaktionen auf den Koalitionsvertrag war in den | |
| sozialen Medien die Frage, ob die Große Koalition mit ihrem „Heimat- und | |
| Innenministerium“ Heimat tatsächlich gendern wolle. Aber auch besorgte | |
| Aufmerksamkeit bis hin zu Backlash-Vermutungen hat das auf Horst Seehofer | |
| zugeschnittene Superinnenministerium samt Heimat-Ergänzung in den | |
| vergangenen Tagen erfahren, auch einige Häme. | |
| Wirklich interessant wird das Ganze aber erst, wenn man die | |
| kulturpolitischen Abschnitte weiter hinten im Vertrag mit beachtet. Die | |
| haben mit einem reaktionären oder auch nur provinziell klebrigen | |
| Heimatbegriff nämlich erstaunlich wenig zu tun. | |
| Unter den Beobachtern der Kulturpolitik ist dieser Tage jedenfalls ein | |
| Staunen darüber greifbar, wie fortschrittlich dieses Papier in Sachen der | |
| Kulturförderung insgesamt geraten ist. Klar, das unvermeidliche Bekenntnis | |
| zu „gemeinsamen Werten“ fehlt keineswegs. | |
| Aber als ganzes lautet der Satz dann eben so: „Gemeinsame Werte, Respekt | |
| vor dem Anderen und die Bereitschaft, Widersprüche auszuhalten, sind | |
| Voraussetzungen für ein friedliches gesellschaftliches Miteinander.“ Was | |
| explizit heißt, dass von der zukünftigen Großen Koalition unsere | |
| Gesellschaft beziehungsweise, wenn man denn so will, Heimat keineswegs | |
| homogen, sondern divers gedacht wird. Schlüsselwörter wie „modern“ und | |
| „vielfältig“ tauchen auch immer wieder auf. | |
| Und es gibt noch viel mehr Hinweise auf einen offenen Kulturbegriff. So | |
| soll die kulturelle Zusammenarbeit mit Afrika ausdrücklich gefördert | |
| werden, und zwar, jetzt kommt’s, „insbesondere durch die Aufarbeitung des | |
| Kolonialismus sowie den Aufbau von Museen und Kultureinrichtungen in | |
| Afrika“. Wohlgemerkt: in Afrika. | |
| Bei solchen Vorhaben kommt es immer noch auf die konkrete Umsetzung an, | |
| aber vom Grundsatz her wird Kulturförderung eben keineswegs als Mittel zur | |
| Bewahrung deutscher Identität gedacht – wie es, und das sollte man derzeit | |
| immer im Hinterkopf behalten, die AfD anstrebt –, sondern als Ermöglichung | |
| von Dialog und Austausch. Und in derselben Logik soll das Berliner Humboldt | |
| Forum zu einer „internationalen Dialogplattform für globale kulturelle | |
| Ideen“ werden. Im Klartext: Mit einem ethnologischen Takatuka-Land im | |
| Zentrum der Hauptstadt will sich diese Koalition nicht zufrieden geben. | |
| Wie viel Kritik an der Großen Koalition man auch immer haben wird, | |
| kulturpolitisch wird sie auf einer ziemlich guten Arbeitsgrundlage | |
| errichtet. | |
| 10 Feb 2018 | |
| ## AUTOREN | |
| Dirk Knipphals | |
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