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# taz.de -- Kommentar GroKo-Familiennachzug: Koalition der Herzlosigkeit
> Tausende Familien werden in Unsicherheit leben, weil die CSU um ihr
> Ergebnis bei der Landtagswahl bangt. Trauriger kann eine Koalition nicht
> beginnen.
Bild: Geflüchtete in Friedland (Niedersachsen)
Die [1][Einigung von CDU, CSU und SPD beim Familiennachzug] ist engstirnig,
kaltherzig und kontraproduktiv. Die Herzlosigkeit ist vor allem den beiden
Parteien zu verdanken, die das Wort „christlich“ in ihrem Namen tragen. Nun
steht es fest: Nur 1.000 Ehepartner und Kinder von Flüchtlingen sollen pro
Monat nach Deutschland ziehen dürfen. Außerdem bleibt eine
Härtefallregelung bestehen, die wegen hoher Hürden kaum genutzt wird.
Dieser Deal wird Zehntausende Familien dauerhaft trennen.
Betroffen sind Menschen, denen der deutsche Staat nur subsidiären, also
zeitweisen Schutz gewährt – vor allem syrische Kriegsflüchtlinge. Seriöse
Schätzungen gehen davon aus, dass 50.000 bis 60.000 ihrer Angehörigen
darauf warten, nach Deutschland ziehen zu dürfen. Sie werden jetzt von der
künftigen Koalition in eine imaginäre Warteschlange gestellt.
Wer aber entscheidet, welches Kind zuerst nach Deutschland darf? Ist der
zwölfjährige Junge schutzbedürftiger, der mit seiner Mutter in den Ruinen
Aleppos lebt, ohne Heizung, Strom und sauberes Wasser? Oder ist es das
kranke achtjährige Mädchen, das es mit seiner Mutter in ein überfülltes
Flüchtlingslager in Jordanien geschafft hat? Die Einigung macht eine
Priorisierung notwendig. Und die wird fürchterlich sein, weil sich Leid
kaum messen lässt.
Die Integration der Flüchtlinge müsse „allerhöchste Priorität“ haben. D…
hat die Kanzlerin im Jahr 2015 persönlich verkündet. Merkel wies damals zu
Recht darauf hin, dass die lange währende Ignoranz gegenüber türkischen
Gastarbeitern und ihren Kindern in der Bundesrepublik ein Fehler war.
## Eine Zwischenwelt quälender Ungewissheit
Und nun? Beweist Merkel einmal mehr, dass sie eine 180-Grad-Wende in der
Flüchtlingspolitik hingelegt hat. Ein in Deutschland lebender Vater, der
seine Familie in Gefahr weiß, wird sich nicht auf den Spracherwerb oder
eine Ausbildung konzentrieren können. Er wird in eine Zwischenwelt
quälender Ungewissheit gestoßen. Das müsste jedem empathiefähigen Menschen
klar sein.
Wenn nun Konservative betonen, dass Flüchtlinge mit subsidiärem Schutz ja
irgendwann in ihre Heimat zurücksollten, ist das eine billige Ausflucht.
Frieden ist in Syrien nicht in Sicht. Auch der absehbare Sieg Baschar
al-Assads bedeutet nicht das Ende von Not und Verfolgung. Die CSU setzt
ihren Abschottungskurs in der angestrebten Koalition durch, Merkel lässt es
geschehen, und die SPD, die immerhin kämpfte, kann dem wenig
entgegensetzen.
Zehntausende Frauen und Kinder werden in Unsicherheit leben, weil eine
bayerische Regionalpartei um ein paar Prozentpunkte bei ihrer Landtagswahl
bangt. Einen traurigeren Start kann es für eine Koalition nicht geben.
30 Jan 2018
## LINKS
[1] /Koalitionsverhandlungen-zum-Streitthema/!5480553/
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
Flüchtlingspolitik
Schwarz-rote Koalition
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Subsidiärer Schutz
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