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# taz.de -- Entkriminalisierung von Cannabis: Bremer SPD gegen Insellösung
> Eigentlich wollte die rot-grüne Koalition in Bremen den Cannabis-Besitz
> entkriminalisieren. Die Grünen wollen immer noch. Aber die SPD will nicht
> mehr.
Bild: Cannabis-Liberalisierung in Bremen: Verdampfen die ursprünglichen Pläne…
BREMEN taz | Bremens SPD-Fraktion torpediert aus Sicht ihres
Koalitionspartners die Liberalisierung des Cannabiskonsums. Ein von der
Grünenfraktion formulierter Antrag hätte den Senat dazu verpflichten
sollen, ein speziell auf junge Menschen abgestimmtes Präventionsprogramm zu
entwickeln und zugleich die Staatsanwaltschaft anzuweisen, bei einem Besitz
von bis zu zehn Gramm Hasch von weiteren Ermittlungen abzusehen. Das hätte
bedeutet, den 2015 im Koalitionsvertrag festgelegten drogenpolitischen Kurs
„weg von der Kriminalisierung und hin zu mehr Prävention und Aufklärung“ …
verwirklichen. Dagegen haben die Sozialdemokraten am Montag gestimmt.
Eine „Rolle rückwärts“ hat das Abstimmungsverhalten
Grünen-Gesundheitspolitker Nima Pirooznia genannt. Es kommt überraschend:
Bremens Bürgermeister Carsten Sieling (SPD) hatte sich persönlich
bundesweit für eine liberalere Drogenpolitik eingesetzt, bis Bremens Antrag
im Bundesrat vergangenen Sommer gescheitert war.
Das jetzige SPD-Nein wirkt fast, als wollte die Fraktion Sieling brüskieren
und das Regierungsbündnis gefährden: „Ich hoffe, das ist nicht das Ende
unseres Kurses“, so Pirooznia. Aus seiner Sicht müsse sich jetzt „der
Koalitionsausschuss darum kümmern.“
Den Vorwurf, man sei im Begriff, den Vertrag zu brechen, weist die
SPD-Vorsitzende Sascha-Karolin Aulepp brüsk zurück: „Das ist totaler
Quatsch“, sagt sie wörtlich. Aus ihrer Sicht ist der Vertrag mit der
erfolglosen Bundesratsinitiative erfüllt. Die gesetzgeberischen
Möglichkeiten des Bundeslandes auszuschöpfen, lehnt sie dagegen ab: „Bremen
ist zwar eine stolze Hansestadt“, so Aulepp, „aber wir sind trotzdem ein
sehr kleines Bundesland mitten in Niedersachsen.“ Deshalb mache „eine
Insellösung, ohne die niedersächsischen Nachbarn zu überzeugen, keinen
Sinn.“
Das Argument ist fragwürdig. Bereits jetzt handhaben beide Länder die Frage
unterschiedlich. So ist in Bremen die Staatsanwaltschaft angewiesen, die
Strafverfolgung beim Besitz einer geringen Menge von maximal sechs Gramm
Cannabis zu unterlassen: Sie soll das Verfahren einstellen. In
Niedersachsen kann sie das. Es wird ihr aber nicht weiter nahegelegt.
Und während die 16 Bundesländer Anfang des Jahrhunderts noch versucht
hatten, die vom Betäubungsmittelgesetz als straffrei benannte „geringe
Menge“ einheitlich auf sechs Gramm festzulegen, ist auch dieser Konsens
längst wieder Makulatur: Vier Bundesländer tolerieren den Besitz von zehn
Gramm, Berlin und Schleswig-Holstein erlauben sogar die
Verfahrenseinstellung bei bis zu 15 beziehungsweise 30 Gramm. Keines der
fünf norddeutschen Bundesländer geht auf gleiche Weise [1][mit dem Thema
um].
Entsprechend teilen nicht einmal alle SozialdemokratInnen Aulepps
Inselangst: Man erwarte „die Umsetzung der bestehenden Beschlüsse“, rügte
der Vize der Jusos Sören Böhrnsen den Sinneswandel der Fraktion. Auch ohne
Bundesratsmehrheit bleibe die im Koalitionsvertrag festgeschriebene
„Entkriminalisierung der Konsumentinnen und Konsumenten auf der Agenda“, so
Böhrnsen. „Innensenator und Justizsenator müssen sich nun auf den Weg
machen“.
## Bremens Polizei stigmatisiert junge Jointraucher
Die zwei gelten als Motoren der SPD-Rückwärtsbewegung. So hatte
Innensenator Ulrich Mäurer schon 2016 angekündigt, von ihm sei „kaum
Engagement“ in der Frage der Cannabis-Legalisierung zu erwarten. In diesem
Sinne macht auch Bremens Polizei über tendenziöse Pressemitteilungen
Politik: Gerne stigmatisiert sie, wie jetzt Anfang Januar, junge
Jointraucher als „Übeltäter“, die sich in „dickfälliger Dreistigkeit“
„dunkle Ecken für ihre Gelüste“ aussuchen würden.
Der Koalition droht eine Blamage: Die Liberalisierungspläne waren das
einzige Vorhaben, das Bremen bundesweite Wahrnehmung und dem unglamourösen
Bürgermeister Carsten Sieling zu etwas Glanz verholfen hatte.
Die Cannabis-Passagen hätten „zu den sehr wenigen innovativen Stellen im
Koalitionsvertrag“ gehört, bestätigte gestern auch Vorsitzende der
Linksfraktion Kristina Vogt. Nach drei Jahren habe die SPD nun den einzigen
auf Landesebene rechtlich möglichen Schritt einfach abgewiesen. „Die im
Koalitionsvertrag vereinbarte Entspannung in der Drogenpolitik ist damit
krachend gescheitert.“
24 Jan 2018
## LINKS
[1] https://hanfverband.de/inhalte/bundesland-vergleich-der-richtlinien-zur-anw…
## AUTOREN
Benno Schirrmeister
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