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# taz.de -- Kommentar SPD-Parteitag: Eine Brücke ins Nirwana
> Die NRW-Delegation will auf dem SPD-Parteitag eine neue Hürde für
> Koalitionsgespräche festschreiben. Käme es dazu, stünde Martin Schulz
> nackt da.
Bild: Will man im Moment nicht sein: Martin Schulz
Man kann gerade in Echtzeit beobachten, wie die Autorität von SPD-Chef
Martin Schulz zerfällt. Der SPD-Parteitag könnte am kommenden Sonntag eine
neue Hürde für Koalitionsverhandlungen aufbauen. Denn der wichtige
Landesverband Nordrhein-Westfalen drängt darauf, die Abschaffung der
sachgrundlosen Job-Befristung zur Bedingung für eine Große Koalition zu
machen. Käme es dazu, stünde SPD-Chef Schulz ein weiteres Mal nackt da. Er
hat die Sondierungsergebnisse mit der Union bekanntlich als „hervorragend“
bezeichnet, obwohl darin von dieser arbeitsmarktpolitischen Reform keine
Rede ist.
Martin Schulz ist nicht mehr in der Lage, seinen Laden hinter sich zu
bringen und durch die komplizierte Gemengelage zu führen. Kurz nach seinem
überschwänglichen Lob für das Sondierungsergebnis haben wichtige SPDler
ohne Not eine Debatte über Nachbesserungen angezettelt. Damit machten sie
nicht nur ihren eigenen Chef klein, sie weckten auch unrealistische
Erwartungen der skeptischen SPD-Basis.
Man muss keine Sympathien für die Union hegen, aber in diesem Fall kann man
die Irritation ihrer Spitzenleute durchaus nachvollziehen. Erst ein
Ergebnis aushandeln, aber dann ein Wünsch-dir-was nachliefern? Wie würde
die SPD reagieren, wenn Jens Spahn plötzlich Steuersenkungen für Reiche
forderte? Nein, die Strategie der verunsicherten SPD-Spitze, die ja von
Anfang an keine Strategie war, hat etwas Unseriöses. Schulz wirkt wie ein
unrasierter Autohändler mit Seidenkrawatte, der seinen Kunden mit immer
neuen Versprechen Deals aufschwatzen will.
Er kündigt eine Evaluation der Großen Koalition nach zwei Jahren samt
Nachbesserungen an, er will, dass die Bundesminister den Kontakt mit der
Bevölkerung suchen. Solche Luftbuchungen sollen vergessen machen, worum es
eigentlich geht: Die Groko wäre als Regierungsbündnis für das Land nicht
das schlechteste, aber sie bedeutet für die SPD ein existenzielles Risiko.
Das aber weiß jeder in der Partei.
Ängstliches Taktieren bringt in solch einer Klemme nichts. Die SPD-Spitze
hätte sich ohne Wenn und Aber hinter das ausgehandelte Sondierungsergebnis
stellen müssen – ihre Zweifel machen sie unglaubwürdig. Wie der Vorstoß aus
Nordrhein-Westfalen ausgeht, ist dabei unvorhersehbar. Das Ende der
sachgrundlosen Befristungen könnte eine Brücke für zweifelnde Delegierte
sein. Aber diese Brücke führt ins Nirwana. Denn wenn die SPD eine neue
Bedingung stellt, wird das auch die Union tun. Die Koalitionsverhandlungen
würden mit einer Hypothek starten.
19 Jan 2018
## AUTOREN
Ulrich Schulte
## TAGS
SPD-Parteitag
Sondierungsgespräche
Koalitionsverhandlungen
Befristung
Martin Schulz
Abschiebung
Schwarz-rote Koalition
Verdi
NRW-SPD
Ralf Stegner
Befristete Beschäftigung
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