# taz.de -- Pro und Kontra Große Koalition: Soll die SPD wieder in die Groko? | |
> Die SPD ringt mit sich selbst. Parteichef Schulz will ein Mandat für | |
> Gespräche. Das Ziel ist umstritten – auch in der taz. | |
Bild: Martin Schulz möchte vom Parteitag ein Mandat für Groko-Verhandlungen | |
## Ja | |
Die SPD sollte sich ein Herz fassen. Eine Große Koalition ist die beste | |
politische Alternative, die noch auf dem Tisch liegt. Der Groko hängt ja | |
das Image einer feuchten Hundedecke an – müffelnd und verfilzt. Das ist | |
schwer zu ändern, aber Politik misst sich am Konkreten. Und da gilt: Ein | |
neues Bündnis zwischen Union und SPD könnte erstaunlich progressiv sein und | |
in Deutschland einiges zum Besseren verändern. Die Groko stünde für | |
ordentliche Sozialpolitik, für mehr Gleichstellung von Frauen und für | |
nötige Investitionen in Europa. Die SPD ist dabei in einer starken | |
Verhandlungsposition. Sie könnte echte Erfolge herausschlagen, weil Merkel | |
eine Minderheitsregierung oder Neuwahlen vermeiden will. | |
Wer über die bräsige Groko lästert, sollte sich in die Lage hart | |
arbeitender Leute versetzen, für die sie etwas tun könnte. Ein Mindestlohn | |
von 12 Euro, den Olaf Scholz fordert, wäre für Millionen Niedrigverdiener | |
ein satter Gehaltsaufschlag. Die Parität bei den Krankenkassenbeiträgen | |
würde Arbeitnehmer entlasten. Und ein Rückkehrrecht in Vollzeit würde | |
vielen Müttern aus der Teilzeitfalle helfen. | |
Die Große Koalition böte mehr soziale Gerechtigkeit als das scheinbar | |
glamouröse Jamaika-Bündnis. Denn die SPD, die Gewerkschaften im Rücken, ist | |
beim Sozialen allemal schlagkräftiger als die Grünen. Das ist nicht alles, | |
aber auch nicht wenig. Im Aufstieg der Rechtspopulisten spiegelt sich auch | |
die Wut über Ungleichheit. | |
Und das Argument, die Dauer-Groko stärke die Ränder? Ist nicht von der Hand | |
zu weisen. Aber eine Minderheitsregierung ist auch keine Frischzellenkur | |
für die Demokratie. Die AfD würde in der Flüchtlingspolitik oft mit der | |
Union stimmen und bei jeder Kompromisssuche auf unfähige Altparteien | |
schimpfen. Eine Groko mit einer schärfer links konturierten SPD ist auch | |
hier die bessere Alternative. Ulrich Schulte | |
******************** | |
## Nein | |
Denn wer immer wieder den gleichen Fehler macht, wird zu Recht für | |
Lernunfähigkeit bestraft. Die SPD ist zweimal als Juniorpartner der Union | |
bei Wahlen gescheitert. Und das, obwohl sie in der letzten Koalition viel | |
durchsetzte. Doch auch treibende Kraft in der Regierung zu sein, hilft der | |
SPD nicht. 20,5 Prozent waren kein Lackschaden. | |
Auch in der nächsten Großen Koalition würde die SPD ein paar wichtige | |
sozialpolitische Forderungen umsetzen und brav und vertragstreu bis zum | |
Ende mitregieren. Und sich dann in einen aussichtslosen Wahlkampf | |
schleppen, den sie wieder halb gegen sich selbst führen müsste und nur | |
verlieren könnte. | |
Die nächste Groko wird für die SPD allerdings noch übler enden als die | |
letzte. Denn die Stimmung ändert sich. Die Ära Merkel geht zu Ende. Das | |
Klima wird rauer. Moderieren statt polarisieren ist vorbei. Das ausgewogene | |
„Ja, aber“, der Verweis auf Sachzwänge, der Stil des Technokratischen haben | |
keine Konjunktur mehr. Gefragt sind deutliche Ansagen. Die SPD muss sich, | |
gerade mit Blick auf die AfD, sozialpolitisch nach links und innenpolitisch | |
eher nach rechts bewegen. In Regierungszwänge eingebunden wird sie das | |
nicht tun können. | |
Mit einem Bündnis der schrumpfenden Volksparteien würde die Groko von der | |
Ausnahme zum Normalfall. Sie würde die Rechte stärken – nicht nur die AfD, | |
sondern auch die populistisch blinkende FDP. Diese Koalition der Mitte | |
hätte etwas vom letzten Aufgebot. Sie würde die politische Mitte nicht | |
stärken, sondern entkernen. Und der Demokratie schaden. | |
Die SPD sollte der Union daher die Duldung einer Minderheitsregierung | |
anbieten. Mehrheiten dürfen dabei nie von der AfD abhängen. Das geht, wenn | |
man es will. Und es ist das kleinere Übel. Stefan Reinecke | |
6 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Ulrich Schulte | |
Stefan Reinecke | |
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