# taz.de -- Olaf Scholz kassiert Klatsche in der SPD: Das war wohl nix | |
> Olaf Scholz ist mit dem schlechtesten Ergebnis von allen in den | |
> SPD-Bundesvorstand wiedergewählt worden. Dabei hatte er versucht, sich | |
> als Erneuerer zu profilieren. | |
Bild: Manchmal wie von einem anderen Stern: Olaf Scholz auf der Suche nach der … | |
Hamburg taz | Eine mitreißende Rede war das nicht, die Olaf Scholz am | |
Freitag bei der Bewerbung für den stellvertretenden Parteivorsitz der SPD | |
gehalten hat. Hamburgs Bürgermeister sprach von Europa als wichtigstem | |
nationalem Anliegen; die Partei müsse Konzepte für eine Zukunft in Zeiten | |
verschärften technischen Wandels finden und Anerkennung und Respekt | |
organisieren für die Leute, „die nicht so gut bezahlte Berufe haben“. | |
Alles richtig, aber eben keine emotional mitreißende Vision davon, was die | |
SPD aus Deutschland machen könnte. „Wenn du ein Schiff bauen willst, dann | |
trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben | |
und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem | |
weiten, endlosen Meer“, schrieb Antoine de Saint-Exupéry. Aber Emotionen | |
sind nicht Scholzens Ding. | |
## Noch schlechter als Ralf Stegner | |
Und weil er auch auf den ihm durchaus zur Verfügung stehenden Witz | |
verzichtet und rhetorische Kniffe weglässt, erhält er halt ein bisschen | |
plätschernden Beifall und am Ende das schlechteste Ergebnis aller sechs | |
stellvertretenden Parteivorsitzenden: 59,2 Prozent, weniger noch als der | |
umstrittene Schleswig-Holsteiner Ralf Stegner mit 61,6 Prozent. Als | |
Kanzlerkandidat fällt er damit erst mal aus. | |
Doch die vierminütige Rede wird es nicht allein gewesen sein, die Scholz im | |
Vergleich zur Vorstandswahl vor zwei Jahren um 20 Prozentpunkte abstürzen | |
ließ. Scholz hat sich nach dem katastrophalen Ergebnis der SPD bei der | |
Bundestagswahl im Oktober nur halb aus der Deckung getraut, hat unmittelbar | |
nach der Wahl eine Gelegenheit versäumt. | |
Zwar stichelte er gegen den SPD-Vorsitzenden und Spitzenkandidaten Martin | |
Schulz, meldete aber nicht offen seinen Anspruch auf den Parteivorsitz und | |
damit die nächste Kanzlerkandidatur an. Damit wurde er zum verhinderten | |
Königsmörder, was ihm einige Delegierten übel genommen haben dürften. | |
## Verhinderter Königsmörder | |
Scholz hat es nicht geschafft, seine Vorstellungen überzeugend zu | |
präsentieren, die er Ende Oktober in einem Strategiepapier und sogar in | |
einem ganzen Buch formuliert hat und mit denen er wochenlang durch die | |
Talkshows getingelt ist. Er hat nicht das Gemüt der versammelten Sozis | |
gehätschelt, konnte aber auch nicht mehr uneingeschränkt von seinem Image | |
als Macher profitieren. | |
Dafür ist in den vergangenen Jahren zu viel schief gegangen. Im | |
Zweijahresrhythmus sind ihm als Hamburger Bürgermeister große Projekte | |
missraten: 2013 stimmte eine knappe Mehrheit gegen Scholzens Vorschlag, die | |
Energienetze nur teilweise zurückzukaufen; 2015 lehnte das Volk seine | |
Bewerbung für die Olympischen Spiele ab und 2017 scheiterte er mit seinem | |
Versprechen, einen G20-Gipfel mitten in der Stadt ohne großen Krawall über | |
die Bühne zu bringen. | |
Die Fernsehbilder mit Rauchwolken über die Stadt dürften viele in der | |
Republik nachhaltig beeindruckt haben. Ein Effekt wie 1962, als Helmut | |
Schmidt die Hochwasserkatastrophe managte, konnte sich so nicht einstellen, | |
eher der Eindruck des Managementversagens. Seine Sicherheitsgarantie vor | |
dem G20-Gipfel schien ebenso von einem anderen Stern zu sein wie seine | |
Behauptung nach dem Gipfel, es habe keine Polizeigewalt gegeben. | |
Mag sein, dass sich Scholz und seine Mannen einfach zu stark und sicher | |
gefühlt haben, nachdem sie eine Weile „ordentlich regiert“, den Wohnungsbau | |
angekurbelt, das Elphi-Problem gelöst und die HSH Nordbank verkaufsfertig | |
gemacht hatten – die beiden letzteren allerdings unter Zücken der | |
Kreditkarte. Die HamburgerInnen honorierten das mit zwei Wahlergebnissen | |
über der 40-Prozent-Marke. | |
Scholz gibt sich überzeugt, dass Ähnliches auch auf Bundesebene zu | |
erreichen wäre: Das hätten die plötzlich ansteigenden Umfragewerte Anfang | |
2017 gezeigt. „Es war eine hoffnungsvolle Projektion der Wählerinnen und | |
Wähler, die erneut möglich ist, wenn sie es plausibel finden, dass die SPD | |
diese Erwartungen erfüllt“, schreibt er in seinem Strategiepapier. | |
Die SPD habe es vermocht, die Vorstellungen von einer solidarischen | |
Gesellschaft und von lebensweltlicher Liberalität in einem politischen | |
Projekt zu vereinen. Sie müsse „für mutige Reformen stehen, die vernünftig | |
sind und an deren Umsetzung man glauben kann“, schreibt Scholz. Ob er das | |
jemals rüberbringt, ist die Frage. | |
9 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Gernot Knödler | |
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