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# taz.de -- Verkauf der HSH Nordbank: Verhandlungen kurz vor Abschluss
> Trotz eines möglichen Erlöses von 700 Millionen Euro drohen Hamburg und
> Schleswig-Holstein Verluste in Höhe von 27 Milliarden Euro.
Bild: Kennt sich aus mit Schieflagen: Die HSH Nordbank
HAMBURG taz | Die Sondierungsverhandlungen stehen kurz vor dem
erfolgreichen Abschluss. „Der Verkauf der HSH Nordbank wird wohl gelingen,
sogar zu einem unerwartet hohen Preis“, sagt ein mit den
Verkaufsverhandlungen vertrauter Insider der taz.
Bis zum 28. Februar läuft die Frist für das sogenannte Signing, dann muss
der Vorvertrag mit den wichtigsten Klauseln unterschrieben werden. Der
offizielle Vertrag dürfte nach Prüfung durch die Europäische Kommission im
Herbst unterzeichnet werden. Dann wären die Länder Hamburg und
Schleswig-Holstein ihre Verantwortung für die HSH Nordbank los – und um
einen zweistelligen Milliardenbetrag ärmer.
Rund 700 Millionen Euro bieten die beiden US-Finanzinvestoren Cerberus und
Flowers für die krisengeschüttelte HSH Nordbank, bestätigte der Insider.
Hamburg und Schleswig-Holstein führten jetzt Verhandlungen über
Detailfragen mit den beiden Interessenten. Zwei weitere Anbieter, Apollo
aus den USA und Socrates Capital aus Großbritannien, seien demnach aus dem
Rennen.
Offizielle Stellen in Hamburg und Schleswig-Holstein hüllen sich in
beredtes Schweigen. Lediglich die Kieler Finanzministerin Monika Heinold
(Grüne) ließ sich vorige Woche den Satz entlocken, „das
Privatisierungsverfahren läuft gut“.
Und das liegt dem Vernehmen nach daran, dass die Aufteilung des Instituts
in eine Kernbank und eine Abbaubank besser funktioniert als erhofft. Danach
machte die „good bank“ im vorigen Jahr mit erneuerbaren Energien einen
Umsatz von mehr als einer Milliarde Euro, in diesem Jahr soll es ähnlich
gut aussehen. Das Volumen der mehr als 250 Projekte im Wind- und
Solarbereich beläuft sich auf rund fünf Milliarden Euro: „Damit stehen
wir bei Erneuerbaren Energien in der ersten Reihe“, heißt es dazu auf der
Website der Bank.
Denn Wind- und Solarprojekte gelten nicht als windige Geschäfte. Sie boomen
ungebrochen, auf einen Einbruch wie vor einem Jahrzehnt in der
Weltschifffahrt deutet nichts hin: Die Schuldner können ihre Kredite
bedienen, das Risiko für die Bank tendiert gegen Null.
Auch das trug dazu bei, dass die HSH Nordbank positive Zahlen für 2016
vorlegen konnte. Auch in den ersten neun Monaten des Jahres 2017 sah es gut
aus. Der Gewinn vor Steuern stieg gegenüber dem Vorjahr um weitere zehn
Prozent auf 201 Millionen Euro, das Konzernergebnis um acht Prozent auf 176
Millionen Euro. Die Kernbank machte mit Neugeschäften einen Umsatz von 6,4
Milliarden Euro, was einem Plus von elf Prozent entspricht.
„Die Bank entwickelt sich positiv, ist mittlerweile robust aufgestellt und
hat die Basis für eine erfolgreiche Zukunft in privater Eigentümerstruktur
geschaffen“, kommentierte HSH-Vorstandschef Stefan Ermisch die Zahlen nach
dem dritten Quartal 2017.
Insgesamt ist die HSH Nordbank seit dem Beginn der Krise um mehr als die
Hälfte geschrumpft und beschäftigt jetzt erstmals weniger als 2.000
Vollzeit-Mitarbeiter. Aus Sicht möglicher Investoren ist das durchaus
verlockend, zumal nach einem Eigentümerwechsel etliche Arbeitsplätze
entfallen dürften. Der neben Hamburg zweite HSH-Sitz in Kiel mit seinen
knapp 800 Beschäftigten dürfte nur in deutlich reduzierter Form erhalten
bleiben.
Im jüngsten Mitarbeiter-Magazin erklärt Bankchef Ermisch, er habe „keinen
Zweifel an einer erfolgreichen Privatisierung. Auch werde in der Bank „ein
anderer Wind wehen“, wenn ein New Yorker Finanzinvestor das Sagen habe. „Er
wird das Rad nicht neu erfinden, aber das Rad wird sich schneller drehen“,
glaubt Ermisch. „Diese neue Situation wird uns fordern, aber sie wird uns
auch Spaß machen.“
Aber nicht allen, auch nicht in den beiden Landesparlamenten und
Landesregierungen. Denn neben der aufgehübschten Kernbank steht weiterhin
die Abbaubank, und die verbleibt bei den Ländern. In dieser „bad bank“ sind
die faulen Schiffskredite gebündelt worden, an denen selbstredend kein
Investor interessiert ist. Zwar ist es offenbar gelungen, diese Altlasten
deutlich zu reduzieren, richtig attraktiv indes klingt es dennoch nicht.
Vor einem Jahr lag die Belastung noch bei 21 Milliarden Euro, zurzeit sind
es angeblich nur noch rund zehn Milliarden Euro, für die die Länder haften.
Aber auch hier steckt der Teufel im Detail. Zum einen verzichtete die HSH
Nordbank zur Bilanzbereinigung bei einigen Großkunden auf Tilgung der
Kredite. So wurden zwei Hamburger Reedern voriges Jahr mal so eben rund 1,3
Milliarden Euro erlassen. Die Schulden sind weg, das Geld aber ebenfalls.
2016 kauften Hamburg und Schleswig-Holstein der Nordbank einen weiteren
Packen fauler Kredite für 2,45 Milliarden Euro ab. Jetzt wurde bekannt,
dass deren Wert nur noch bei knapp 1,7 Milliarden Euro liege: Der Verlust
von mindestens 700 Millionen Euro geht zu Lasten der beiden Staatskassen.
## Die Zeche zahlen die Steuerzahler
Die Zeche zahlen also die Steuerzahler. Hamburg und Schleswig-Holstein
werden nach dem Verkauf der HSH Nordbank mindestens 13 Milliarden Euro
verlieren, die sie als Eigenkapital in die Bank gepumpt haben oder als
Verlustgarantie zu tragen haben. Der Haushaltsexperte der Hamburger
Linksfraktion, Norbert Hackbusch, befürchtet sogar ein Minus von bis zu 27
Milliarden Euro.
„Wir sprechen hier über den größten Finanzskandal für Hamburg und
Schleswig-Holstein“, sagt Hackbusch. Gern würde er mit einem
Parlamentarischen Untersuchungsausschuss in der Bürgerschaft „die miesen
Nordbank-Deals“ unter die Lupe nehmen. Das aber geht erst nach dem Verkauf.
„Das Ganze“, sagt Hackbusch, „ist ein Blindflug.“
22 Jan 2018
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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Schwerpunkt Finanzkrise
Banken
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EU-Finanzpolitik
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