# taz.de -- Wohnungslosenhilfe: 1,82 Euro pro Mensch | |
> An diesem Donnerstag wird der erste Doppelhaushalt von R2G verabschiedet. | |
> Wie sozial ist dieser Senat? Der taz-Check am Beispiel | |
> Wohnungslosenhilfe. | |
Bild: Zwischen 4.000 und 8.000 Obdachlose soll es in Berlin geben | |
Der Kampf gegen Armut und die Verbesserung der sozialen Infrastruktur ist | |
– neben Bildung, Mobilität/Ökologie und guter Arbeit – einer der | |
Schwerpunkte von Rot-Rot-Grün. Von den 460 Millionen Euro Mehrausgaben, die | |
die Regierungsfraktionen auf den Haushaltsentwurf des Senats draufgesattelt | |
haben, gehen rund 22 Millionen in diesen Bereich. Gut die Hälfte davon ist | |
für die Bekämpfung von Wohnungslosigkeit vorgesehen. | |
Mehr Geld gibt es etwa für Schuldner- und Insolvenzberatung, soziale | |
Wohnhilfen, Straßensozialarbeit für Obdachlose und Straßenkinder, | |
Frauen-Übernachtungsplätze und die Bahnhofsmission. Der Hauptteil dieser | |
Aufgaben wird über das Integrierte Sozialprogramm (ISP) finanziert. Waren | |
hierfür 2016/17 noch 4,1 Millionen Euro veranschlagt, werden es im neuen | |
Doppelhaushalt rund 8,1 Millionen Euro sein – nahezu eine Verdoppelung. | |
Entsprechend zufrieden zeigt sich Ulrike Kostka, Direktorin der Caritas | |
Berlin: „Die Koalition hat erkannt, dass Wohnungslosigkeit ein wachsendes | |
Thema ist“, lobt sie. Auch Robert Veltmann, Sprecher des sozialen Trägers | |
Gebewo, nennt die satte Aufstockung eine „gute Nachricht“. Sie sei aber | |
auch dringend nötig, da die ISP-Mittel für Wohnungslose seit vielen Jahren | |
nicht erhöht worden seien. | |
Auch Barbara Eschen, Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg, begrüßt | |
die Erhöhung der Mittel im Kampf gegen Wohnungslosigkeit. „Allerdings | |
beinhaltet das nur die notwendigsten Hilfen“, schränkt sie ein. „Der | |
Wohnungsnotstand ist fatal. Berlin braucht einen Masterplan aller | |
beteiligten Senatsbereiche zur Bekämpfung des Wohnungsmangels. Es muss | |
preiswerter Wohnraum für alle diejenigen geschaffen werden, die ihn | |
benötigen, ob sie nun arm sind oder alleinerziehend, viele Kinder haben, | |
Barrierefreiheit benötigen oder aus einer sozialen Einrichtung ausziehen | |
sollen.“ | |
Ein Novum und in Kostkas Augen das „entscheidende“ Plus ist, dass | |
Rot-Rot-Grün für 2018 und 2019 zusätzlich je 1,3 Millionen Euro zur | |
Verfügung stellt, deren Verwendung der Senat noch mit den | |
Wohlfahrtsverbänden abstimmen will. Mit diesen Mitteln „können wir noch | |
Schwerpunkte setzen“, freut sich die Caritas-Chefin. | |
## Gesucht: eine Gesamt-Strategie | |
Welche, werde hoffentlich auf der Strategie-Konferenz am 10. Januar | |
festgelegt, zu der der Senat die Wohlfahrtsverbände eingeladen hat. „Die | |
Mittel sind da, jetzt brauchen wir eine Gesamtstrategie, um die Ursachen | |
von Wohnungslosigkeit zu bekämpfen“, so Kostka. | |
Bis es so weit ist, werden erst einmal Fürsorgeprojekte wie die Kältehilfe | |
ausgebaut. Dafür, dass sie im nächsten Jahr schon im Oktober beginnt (statt | |
im November) und erst im April endet (statt im März), hat die Koalition pro | |
Jahr 510.000 Euro zusätzlich eingeplant. Die Kältehilfe wird von den | |
Bezirken vorfinanziert, sie bekommen die Ausgaben vom Land erstattet. 2016 | |
waren das rund 1,6 Millionen Euro, in diesem Jahr wird es mehr sein, da die | |
Zahl der Plätze von 800 auf 1.000 erhöht wurde. Und obwohl es jedes Jahr | |
schwieriger werde, diese Plätze zusammenzubekommen, habe man es für diesen | |
Winter fast erreicht, so Veltmann – „auch wegen des großen Engagements von | |
Senatorin Elke Breitenbach und ihrem Staatssekretär“. | |
Bevor nun aber jemand meint, die Obdachlosen bekämen zu viel: Rechnet man | |
die ISP-Mittel auf geschätzte 6.000 Obdachlose um, ergibt das pro Tag 1,82 | |
Euro pro Mensch. | |
13 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Susanne Memarnia | |
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