# taz.de -- Der Berliner Wochenkommentar II: Sozial? Vor allem rhetorisch | |
> Der rot-rot-grüne Senat hat den neuen Doppelhaushalt verabschiedet. | |
> Sozialpolitik ist dabei der kleinste der fünf Themenbereiche. | |
Bild: Auch wenn sich insbesondere die Linkspartei für sozialpolitischen Vorhab… | |
Es scheint ja so naheliegend: Kaum darf eine rot-rot-grüne Koalition über | |
den Haushalt entscheiden – und ist dann auch noch, anders als in den | |
letzten Jahren, ein bisschen Geld da – geht es voran mit der | |
Armutsbekämpfung in dieser Stadt. Sozialpolitik wird ein Schwerpunkt, die | |
Lage der Armen und Ausgegrenzten deutlich verbessert, die Millionen fließen | |
in Projekte, die die auch in Berlin gewaltig klaffende Schere zwischen Arm | |
und Reich schließen soll. Mietobergrenzen im ehemaligen sozialen | |
Wohnungsbau, ein günstigeres Sozialticket für die BVG, mehr Schlafplätze | |
für Obdachlose – sind das nicht die Vorhaben, die in den letzten Monaten | |
besonders viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen haben? | |
Ja, sie sind es. Dass die aktuelle Regierung einen Schwerpunkt auf | |
Sozialpolitik setzt und diesen vor allem auch finanziell unterfüttert, ist | |
trotzdem höchstens die halbe Wahrheit. Zwar ist der Bereich Soziale | |
Infrastruktur/Armutsbekämpfung einer von fünf Schwerpunkten des neuen | |
Doppelhaushalts, den das Abgeordnetenhaus am vergangen Donnerstag | |
beschlossen hat. | |
Doch er ist auch der kleinste dieser fünf Themenbereiche: Rund 22,5 | |
Millionen Euro sind hier für die nächsten beiden Jahre eingestellt – | |
insgesamt hat der Doppelhaushalt ein Volumen von fast 60 Milliarden Euro. | |
Zum Vergleich: Der größte der Schwerpunkte, der Bereich Mobilität/Ökologie | |
bekommt fast 154 Millionen Euro, gefolgt von Bildung mit rund 150 Millionen | |
Euro. Selbst wenn man argumentieren kann, dass Soziales ein | |
Querschnittthema ist und auch Investitionen in anderen Bereichen die Lage | |
armer Menschen verbessern können – eine Priorität auf diesem Thema sieht | |
anders aus. | |
Insbesondere die Linkspartei versteht es, für die sozialpolitischen | |
Vorhaben der Koalition viel Aufmerksamkeit zu gewinnen. Leicht | |
verständliche Projekte wie das günstigere Sozialticket oder die Erhöhung | |
der Plätze für die Kältehilfe sind dafür besonders gut geeignet. Das ist | |
nicht falsch, darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieser | |
Schwerpunkt bisher vor allem ein rhetorischer ist – von einer echten | |
Priorität auf Armutsbekämpfung ist auch dieser Senat weit entfernt. | |
16 Dec 2017 | |
## AUTOREN | |
Malene Gürgen | |
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