# taz.de -- Auslieferung von Carles Puigdemont: Gericht vertagt Entscheidung | |
> Muss Kataloniens Ex-Ministerpräsident in spanische Haft? Die Brüsseler | |
> Staatsanwälte wollen das. Man habe sie vor „Toten auf den Straßen“ | |
> gewarnt, sagen die Separatisten. | |
Bild: Auch die gerichtliche Anhörung am Freitag in Brüssel ist vom Protest ge… | |
BRÜSSEL ap/afp/dpa | Die Entscheidung über eine Auslieferung des früheren | |
katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont und vier seiner Minister | |
von Belgien nach Spanien ist vertagt worden. Das zuständige Gericht habe am | |
Freitag entscheiden, für den 4. Dezember eine weitere Anhörung anzusetzen, | |
sagte Puigdemonts Anwalt Paul Bekaert. | |
Die spanische Regierung hat die Autonomieregierung Puigdemonts nach einem | |
Unabhängigkeitsvotum des Regionalparlaments abgesetzt und Neuwahlen für den | |
21. Dezember angesetzt. Mehrere führende Unabhängigkeitsbefürworter wurden | |
festgenommen, Puigdemont und vier seiner Minister reisten nach Belgien, von | |
wo sie nach dem Willen Spaniens ausgeliefert und in Untersuchungshaft | |
genommen werden sollen. | |
Die spanische Justiz wirft den katalanischen Politikern Rebellion, | |
Aufwiegelung und Veruntreuung öffentlicher Gelder vor. Bestraft werden kann | |
dies mit bis zu 30 Jahren Gefängnis. Nach Angaben des belgischen | |
Justizministeriums muss die endgültige Entscheidung über die Haftbefehle | |
binnen 90 Tagen fallen. | |
Die belgische Staatsanwaltschaft habe beantragt, den Auslieferungsaustrag | |
sofort umzusetzen, sagte Puigdemonts Anwalt. Aber es gebe nach wie vor die | |
Möglichkeit zu einer schriftlichen Reaktion der Verteidigung. „Deshalb ist | |
heute nichts entschieden worden.“ | |
## Fragen zum Zustand der Zellen | |
Das Innenministerium in Madrid erklärte, es habe der belgischen | |
Staatsanwaltschaft 14 Fragen zu den dortigen Haftbedingungen für | |
Puigdemonts und seine Gefolgsleute beantwortet. Darin sei es um den Zustand | |
der Zellen, das Essen und die Hygiene im Gefängnis gegangen. Innenminister | |
Juan Ignacio Zoido verwies dabei darauf, dass Spanien seit „vielen Jahren | |
ein Rechtsstaat ist“. „Niemand in Europa wird uns Nachhilfe geben“, fügte | |
er hinzu. | |
Am Rande eines EU-Gipfels in Göteborg sprachen auch der belgische | |
Ministerpräsident Charles Michel und der spanische Ministerpräsident | |
Mariano Rajoy über die Lage. Michel betonte die Unabhängigkeit der Justiz. | |
„Es ist ein juristischer Fall auf der Grundlage der Gewaltenteilung“, sagte | |
er. Die Entscheidung über den spanischen Auslieferungsantrag liege allein | |
bei den Justizbehörden. Rajoy sagte, er werde jede Entscheidung des | |
Brüsseler Gerichts befolgen. „Ich vertraue der Justiz – und vor allem | |
respektiere und befolge ich ihre Entscheidungen.“ | |
Michels Sprecher Barend Leyts sagte, die katalanische Frage habe gar nicht | |
im Mittelpunkt des bilateralen Treffens gestanden. Michel und Rajoy hätten | |
beispielsweise über die Kandidatur Belgiens für den Posten eines hohen | |
EU-Polizeibeamten und den bevorstehenden Umzug von EU-Behörden gesprochen, | |
die bislang in Großbritannien angesiedelt sind. | |
## Es habe „Waffensendungen“ gegeben | |
Nach Aussagen einer führenden Separatistin hat die Zentralregierung in | |
Madrid die katalanische Unabhängigkeitsbewegung vor „Toten auf den Straßen�… | |
gewarnt. „Die spanische Regierung hat uns gedroht, es werde Todesopfer auf | |
den Straßen geben“, sagte die ranghohe linke Politikerin Marta Rovira am | |
Freitag dem Radiosender RAC1. Die Verteidigungsministerin der | |
Zentralregierung, Dolores de Cospedal, wies die Vorwürfe als „absolut | |
falsch“ zurück. | |
„Man hat uns das ganz direkt gesagt: Dass es (im Falle einer | |
Unabhängigkeitserklärung) ein Blutvergießen geben würde. Und dass wir halt | |
machen müssten, da sie (die Polizei) dieses Mal nicht zögern würden und man | |
nicht mehr nur Gummigeschosse einsetzen würde“, sagte Rovira. Man habe | |
zudem von „Waffensendungen“ der spanischen Armee nach Katalonien erfahren. | |
Nähere Informationen nannte sie nicht. | |
Rovira ist Generalsekretärin der Partei ERC, die mit der liberalen PDeCat | |
des abgesetzten Regionalpräsidenten Carles Puigdemont das separatistische | |
Regierungsbündnis Junts pel Si (Gemeinsam fürs Ja) gebildet hatte. Im Zuge | |
des Konflikts avancierte die linke ERC inzwischen laut Umfragen zur | |
stärksten Kraft Kataloniens. | |
17 Nov 2017 | |
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